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"Was tut dir leid?" fragte er nun und hielt sie immer noch fest. "Das ich auf dich geschossen habe." War das wirklich alles was ihr leid tat oder kam da noch mehr? "Hey, ich lebe noch. Du bist ein miserabler Schütze" versuchte er es sarkastisch, doch das verbesserte die Situation nicht wirklich. "Ich muss dich jetzt etwas fragen. Es ist mir wichtig. Ich weiß es ist zu früh und ich weiß das wird dir nicht gefallen, aber..." Sie sah ihn wieder an. "Wirst du... wirst du auf mich warten?" Seine Frage irritierte sie. "Warten worauf?" Er strich sanft über ihren Rücken. "Alan sagt, ich werde für eine Weile ins Gefängnis gehen müssen" Das meinte er also. Sie brauchte einen Moment um darüber nachzudenken und die folgenden Worte fielen ihr nicht leicht. "Ich kann dir das zum jetzigen Zeitpunkt ehrlich gesagt nicht beantworten. Ich weiß noch nicht mal was morgen ist oder übermorgen. Ich brauche Zeit um das alles zu verarbeiten und mir über einige Dinge klar zu werden" Jake hatte mit so einer Antwort eigentlich schon gerechnet. Die Worte aber aus ihrem Mund zu hören war schmerzhafter als er es sich vorgestellt hatte. Hatten sie überhaupt noch eine Zukunft? Er ließ seinen Arm sinken und trat einen Schritt zurück. "Es tut mir wirklich leid, Jake" Sie wischte sich die erneut aufkommenden Tränen von ihren Wangen und legte ihre Hand kurz auf seine Wange. Einen Augenblick schloss er seine Augen und genossen ihre Nähe.

Die Zimmertür öffnete sich und schloss sich sogleich wieder. "Oh, stör ich gerade bei irgendwas?" fragte Alan als er den Raum betrat. Leah ließ ihre Hand sinken und Jake atmete ein wenig genervt tief durch. Und wie er gerade störte. Aber das konnte er ihm schlecht an den Kopf werfen nach allem. "Nein, alles gut" sagte er und drehte sich zu Alan um. Dieser lächelte als er Leah sah. Sie hatte also seinen Ratschlag angenommen und das Gespräch gewählt anstatt einfach zu gehen. "Ich habe interessante Neuigkeiten und ich denke, dass ihr sie hören wollt" Jake setzte sich auf den Bettrand und Leah blieb stehen wo sie war. Hier schien noch nicht alles geklärt zu sein. Das wurde offensichtlich. "Dann schieß mal los" meinte Jake und machte sich auf alles gefasst. "Der Bericht der Gerichtsmedizin ist da. Es handelt sich bei der Leiche im ausgebrannten Fahrzeug tatsächlich um Daniel Perkins" Er sah die beiden abwechselnd an, aber die Reaktionen hielten sich in Grenzen. Vielleicht konnte seine zweite Mitteilung da mehr bewirken. "Was dich und deine bevorstehende Verhandlung angeht, Jake, habe ich einen Deal aushandeln können" Jetzt war er durchaus interessiert. "Was für einen Deal? Ich dachte die Sachlage ist klar?" Alan setzte sich auf den Stuhl auf welchem Leah bis vorhin noch gesessen hatte. "Ja, ist sie. Die zuständigen Kollegen fordern gerade sämtliche Unterlagen beim FBI an und sie verhören deinen früheren Chef. Die Beweise auf deinem Laptop sind erdrückend. Perkins Wohnung wird durchsucht. Plus wir haben in der Mutprobenhütte einige Dinge gefunden, ebenso wie den Laptop und das Handy von Perkins im ausgebrannten Wagen. Es war den Kollegen möglich ein paar der Daten zu rekonstruieren. Sie sprechen alle für dich und deine mir abgegebene Aussage" Das klang doch positiv oder nicht? "Wenn doch aber alles läuft, was für einen Deal hast du dann ausgehandelt?" Das war Jake nicht klar und Leah auch nicht.

Alan streckte ihm einen Zettel entgegen und Jake nahm ihn an sich. Gewissenhaft las er sich die Worte auf diesem genau durch und konnte es nicht glauben. "Ist das dein Ernst?" Alan nickte. Leah wusste nicht um was es ging. Sie trat etwas näher. Jake registrierte ihre Annäherung und reichte ihr den Zettel weiter. Nun las sie sich die geschriebenen Zeilen genau durch und konnte es ebenfalls nicht glauben. "Und du bist dir sicher?" fragte sie nach als er lächelte. "Durchaus bin ich das. Oh und ich habe da auch noch etwas für dich" Er reichte ihr ein weiteres Blatt Papier und Leah las sich auch hier Zeile für Zeile durch. Sie wurde blass und sah erneut zu Alan. "Das ist nicht dein Ernst" Er lächelte leicht. "Eigentlich schon. Ich habe gedacht, dass es eigentlich sinnvoll wäre. Ihr beide seid ein gutes Team und ich erkenne Talente wenn sie vor mir stehen. Also, ich geb euch ein wenig Zeit um darüber nachzudenken" Nun stand er auf. "Aber nicht zu viel. Ich sollte eure Entscheidungen schnellstmöglich weitergeben" Nach diesen Worten verließ er das Zimmer und ließ die beiden sprachlos zurück. Natürlich interessierte sich Jake auch für ihren Zettel. "Darf ich...?" fragte er und sie reichte ihm beide Blätter. Er las sich durch was auf ihrem Blatt stand und sah wieder zurück zu ihr. "Was hältst du davon?" Er wollte ihre ehrliche Meinung wissen. "Straffreiheit für dich, alle Anklagepunkte werden fallen gelassen... Das ist ein Sechser im Lotto. Du solltest wirklich erwägen sein Angebot anzunehmen" Jake wusste dieses Angebot würde es so nicht noch einmal geben. "Was ist mit dir?"

Was Alan ihr anbot war durchaus verlockend und der totale Gegensatz zu dem Job mit welchem sie momentan ihre Brötchen verdiente. Aber es hatte einen Haken und der hieß Jake und Duskwood. "Ich weiß es nicht. Ich brauche Zeit um darüber nachzudenken. Das wäre eine enorme Veränderung" Er nickte. Das wäre es wirklich. "Stimmt. Hier" Er reichte ihr ihr Blatt zurück. Leah nahm es an sich. "Du kannst mir nicht zufällig sagen wo mein Handy abgeblieben ist?" Sie wusste, er hatte es benutzt um mit Alan den Kontakt zu halten. "Oh stimmt. Das hätte ich beinahe vergessen" Er griff in die Schublade seines Schrankes und reichte ihr ein kleines Päckchen. "Das ist nicht mein Handy" Jake war das klar. "Ich weiß. Aber beim Aufeinandertreffen mit Perkins wurde deins beschädigt und ich hielt es für das sinnvollste dir ein neues zu besorgen. Alle Dateien und Kontakte sind drauf." Sie öffnete den Karton und hervor kam ein nagelneues Handy. "Danke" Er lächelte leicht. "Das war das mindeste" Es fühlte sich alles so unglaublich seltsam an. Keiner der beiden wusste so richtig wie er mit dem anderen umgehen sollte. Jake wollte nichts falsch machen, sie nicht bedrängen und Leah wusste nicht wo ihr der Kopf stand und wie sie das alles jemals verarbeiten sollte. "Fährst du zurück nach Hause?" fragte er nun und sie dachte kurz nach. "Nun, ein paar Tage Urlaub habe ich noch. Die werde ich zum nachdenken nutzen. Also, um deine Frage zu beantworten: ja, wahrscheinlich" Er senkte den Blick. Das hieß also fürs erste Abschied nehmen. Oder womöglich für immer. Je nachdem wie sie sich entschied. "Dein Wagen wurde beschlagnahmt aber ich denke Alan hat sich schon darum gekümmert" sagte er und stand auf. "Ja, denke ich auch" Er lief langsam auf sie zu und blieb vor ihr stehen. Sanft strich er ihr eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht. "Pass auf dich auf, Leah" flüsterte er und blickte in ihre Augen. Ihr Herz schlug bei dieser Berührung kurz einen Takt schneller. "Und du auf dich, Jake" gab sie leise zurück. Keiner der beiden bewegte sich, sie verloren sich in den Augen des anderen.

Diese Augen... Jake versank förmlich darin. Er wünschte sich so sehr sie würde bleiben. Jake vermisste sie schon jetzt. Sein Herz schlug deutlich schneller. Er liebte sie mehr als sonst irgendeinen Menschen auf diesem Gottverdammten Planeten. Konnte sie das nicht sehen und spüren? Nie würde er ihr weh tun. Alles geschah zu ihrem Schutz und alles was er getan hatte um sie zu retten, hatte er sorgfältig durchdacht. "Ich..." Er konnte nicht anders und legte seine Hand auf ihre Wange. Seine Gesicht näherte sich ihrem und kurz berührten sich ihre Lippen was wie Balsam für seine unruhige Seele war. Einen kurzen Augenblick erlaubte er es sich seine Augen zu schließen und das hier zu genießen so lange es währte. Als sich ihre Lippen berührten schloss auch Leah kurz ihre Augen. Ihr Herz schlug wieder deutlich schneller. Er war ihr nicht egal. Ganz und gar nicht. Das spürte sie nun das erste Mal seit Tagen wieder deutlich. Seine direkte Nähe löste ein angenehmes Gefühl von Wärme und Geborgenheit in ihrem Inneren aus. Gott, wie sie dieses Gefühl vermisst hatte. Sanft löste sie den Kuss und sah in seine Augen. "Ich liebe dich" flüsterte er an ihren Lippen und sah sie an. Leah konnte das im Moment nicht erwidern. Aber sie konnte ihm zeigen, dass es vielleicht nicht ganz so ausweglos war wie es schien indem sie ihn nochmals sanft küsste. "Bis bald" flüsterte sie und löste sich langsam von ihm.

Er wollte sie gehen lassen. Ja, er sollte es dabei belassen und doch bedeutete sie ihm so unglaublich viel. Für diese Frau war er durch die Hölle gegangen, hatte Blut und Wasser geschwitzt und eben diese beiden Dinge auch vergossen. So streckte er seine Hand aus und ergriff ihre. Leah stoppte in ihrer Bewegung und sah zu ihm. Was tat er da? "Die letzten Stunden haben mir mehr wie deutlich gemacht, wie stark mein Leben von dir abhängig ist. Wenn du lächelst, geht für mich die Sonne auf. Und wenn du traurig bist, würde ich am liebsten bei dir sein und dich einfach festhalten. Alan hat recht, wir sind ein gutes Team. Mehr als das. Wir haben uns unter Umständen kennengelernt, die umständlicher nicht hätten sein können und doch haben wir es geschafft Hannah zu retten und nun auch Perkins zu bezwingen." Er redete sich die Seele aus dem Leib und legte sein Herz vor ihr vollkommen offen. "Als ich damals untertauchen musste, habe ich dich vermisst. Als ich in der Miene war und einen Ausweg gesucht habe, waren meine Gedanken bei dir. Als ich mich ein halbes Jahr von dir fernhalten musste, hat es mich beinahe meinen Verstand gekostet. Und jetzt... jetzt kann und will ich das nicht mehr. Leah, ich will nicht von dir getrennt sein. Ich will mein Leben an deiner Seite verbringen. Ich will mit dir zusammen sein." Sie sah ihn an. So kannte sie Jake bisher gar nicht. War er doch sonst ruhig, sachlich und immer bei klarem Verstand. "Bitte, fahr nicht nach Hause. Bleib hier. Ich bin mir sicher Lilly kann dir ein Zimmer im Hotel besorgen. Gib uns beiden die Zeit und die Möglichkeit wieder zusammen zu finden." Sie hatte noch ein paar Tage Urlaub, das wussten sie beide. "Gib mir die Chance dir zu beweisen, dass ich nicht der bin, den du in diesem Brunnenschacht erlebt hast" Seine Worte kamen so überraschend und waren doch so voller Gefühl. Wieder spürte sie dieses Gefühl endlich angekommen zu sein und diese wohltuende innere Wärme. Kurz haderte sie mit sich selbst, doch konnte sie ihn nicht vor den Kopf stoßen. Nicht schon wieder. "Also gut. Ich bleibe noch ein paar Tage"

Duskwood is waiting... (Jake/MC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt