awake

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Sicht Kai

Langsam öffne ich die Augen, schließe sie aber direkt wieder, als die helle Sonne direkt in mein Gesicht scheint. Mein Kopf dröhnt, als hätte ich den schlimmsten Kater meines Lebens. Mein gesamter Körper tut weh und ich kann mich kaum bewegen. Mein Atem geht schwer, denn bei jeder Bewegung schmerzt meine Lunge so sehr, als hätte sie jemand durchgestochen. Wo bin ich eigentlich? Was ist passiert?

Nach wenigen Minuten versuche ich es noch einmal und schaffe es diesmal sogar, meine Augen offen zu halten. Es ist schwer und erfordert unglaublich viel Kraft und Überwindung, doch ich schaffe es.

„Kai? Oh mein Gott ich bin so froh, dass du lebst." Weint meine Schwester und zieht mich fest in ihre Arme. Ich würde die Umarmung unfassbar gern erwidern, kann aber kein einziges Körperteil bewegen. Ich fühle mich wie gelähmt. So, als hätte ich keine Kontrolle darüber. Es fühlt sich an, als könnte ich nur atmen, denken und sprechen. Aber bewegen kann ich mich nicht.

„W-was ist passiert?" Stottere ich mit kratziger Stimme. Ich kann mich wirklich an nichts mehr erinnern. 

Meine Stimme hört sich so anders an. Ich höre mich an, als wäre ich seit zwanzig Jahren Kettenraucher.

„Du hattest einen Unfall. Du wurdest angefahren und lagst jetzt zwei Wochen im Koma mit einem Schädel-Hirn-Trauma. Die Ärzte haben schon unsere Hoffnungen zerstört. Es ist ein Wunder, dass du wieder aufgewacht bist." Schluchzt sie immer weiter. Das erklärt natürlich, warum ich mich so beschissen fühle. Dennoch kann ich mich an nichts von dem Unfall erinnern.

„So schnell wirst du mich nicht los." Gebe ich leicht lachend von mir, woraufhin auch ein Lächeln auf ihrem Gesicht erscheint. 

„Jule ist draußen im Wartezimmer. Er wartet schon die ganze Zeit, dass du aufwachst." gibt sie nun wieder ernst von sich.

Jule ist hier? Sofort schwirren wieder alle Erinnerungen durch meinen Kopf und mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Die Gedanken an das, was er mir angetan hat, lassen mir Tränen in die Augen steigen. 

Erst küsst er mich und schläft mit mir und dann bricht er mir mein Herz. Er hat mich missbraucht, ausgenutzt und bloßgestellt. Vor dem gesamten Team hat er mich bloßgestellt und mich als Lachnummer vermarktet. Die nehmen mich doch nie wieder ernst. Er hat mit meinen Gefühlen gespielt. Er hat Geld dafür angenommen, mich zu entjungfern und mich danach wieder fallen zu lassen. Ich habe ihm mein erstes Mal und meinen Körper anvertraut und er hat es einfach missbraucht. Ich habe ihm mich und alles was ich habe anvertraut, doch dieses Vertrauen hat er gnadenlos zerstört. Unter keinen Umständen kann ich ihm das jemals verzeihen.

„Ich will ihn nicht sehen. Schick ihn weg, bitte Lea." Bitte ich meine Schwester und kann nicht verhindern, wie ich erneut beginne zu weinen. Fuck, ich wollte doch nicht mehr wegen ihm weinen. Aber die Situation überfordert mich wohl mehr, als sie sollte.

Ich kann ihm nicht gegenübertreten. Zu sehr hat er mein Vertrauen missbraucht.

„Er war jeden Tag hier Kai. Er macht sich wirklich schreckliche Sorgen und Vorwürfe. Jannis sagt, er hat seit dem Unfall kaum geschlafen, nichts gegessen und hat das Haus nur verlassen, um hier herzukommen. Er saß jeden Tag an deinem Bett, hat deine Hand gehalten und gewartet, dass du aufwachst. Glaub mir, er wollte dich nicht überfahren. Ihm tut das ganze so unglaublich leid. Er hat nicht ein einziges Mal gelächelt. Im Gegenteil, er hat nur geweint. Ich habe ihn noch nie so aufgelöst gesehen, wie in den letzten zwei Wochen." Erklärt sie und sieht mich eindringlich an. Hat sie gerade wirklich gesagt, dass er mich angefahren hat? Er hat mir das angetan? Erst bricht er mir das Herz und dann bringt er mich fast um?

„Jule hat mich angefahren?" Frage ich erstaunt, was meine Schwester wohl ziemlich zu verwirren scheint.

„Das wusstest du nicht? Ist das nicht der Grund dafür, dass du ihn nicht sehen willst? Kai, er leidet wirklich darunter, rede doch mit ihm. Er magert sich total ab und wirkt ziemlich neben der Spur." redet sie weiter auf mich ein. Schnell schüttle ich den Kopf, was ich aber schon im nächsten Moment bereue, da ein unbeschreiblicher Schmerz durch meinen ganzen Körper zieht. Schwer atme ich und versuche mich zu beruhigen.

„Es ist mir egal, ob er leidet. Schick ihn einfach weg. Ich will ihn nie wieder sehen." Sage ich ernst, worauf sie nickt und von dem Stuhl neben meinem Bett aufsteht. Bevor sie aus meinem Zimmer verschwindet dreht sie sich jedoch noch einmal zu mir, um doch noch etwas zu sagen.

„Was immer da zwischen euch vorgefallen ist... Er leidet wirklich sehr. Sprecht euch bitte aus. Irgendwann, wenn du wieder gesund bist. Er sieht wirklich ziemlich fertig aus." Mit diesen Worten verlässt sie mein Zimmer und lässt mich verwirrt zurück. 

Jule scheint es wirklich schlecht zu gehen. Aber bin ich wirklich bereit, ihn wiederzusehen? Bin ich bereit, mir seine Sicht anzuhören und ihm zu verzeihen? Nein. Das kann ich einfach nicht und ich bezweifle, dass ich es jemals können werde.

Sicht Jule

Mit gesenktem Kopf kommt Lea auf mich zu und sieht mich hoffnungslos an. Was ist passiert? Haben sich seine Werte wieder verschlechtert? Ist er tot? Tausende Fragen schwirren in meinem Kopf herum und lassen mich die Hoffnung immer weiter verlieren.

„Kai ist wach" sagt sie nun so emotionslos, dass ich es kaum glaube. Sofort springe ich auf und verliere Freudentränen. Er ist wach.

Ich glaube, noch nie solch eine Erleichterung verspürt zu haben. Kai lebt. Er ist nicht tot. Ich habe ihn nicht umgebracht.

„Er ist wach? Ich muss sofort zu ihm." Rufe ich und will schon zu seinem Zimmer sprinten, doch Lea hält mich zurück. Was ist denn jetzt los? 

„Er will dich nicht sehen." Bringt sie leise hervor, doch ich verstehe es ganz genau. 

Ich kann meinem Herz buchstäblich beim brechen zuhören. Natürlich will er mich nicht sehen, wie konnte ich auch nur so blöd sein? Habe ich wirklich geglaubt, er würde mich nach alldem noch ansehen oder mir zuhören?

Meine Freudentränen wandeln sich blitzschnell in Tränen der Trauer und Enttäuschung um und ich sinke zu Boden. Laut schluchzend breche ich zusammen und nehme die Worte, die mir Jannis und Lea zuwerfen gar nicht mehr wahr. Ich spüre, wie mein Bruder mich im Arm hält, doch ich kann mich nicht beruhigen. Ich habe Kai so unfassbar weh getan. Das werde ich nie wieder gutmachen können. Ich will diesen Schmerz nicht mehr spüren. Nie wieder. Ich will, dass das endlich aufhört. Ich will mich nicht mehr so beschissen ekelhaft fühlen.


Heyy, hier ein neues Kapitel für euch :) Gute Nachricht: Kai ist wach🥳 schlechte Nachricht: es sieht nicht gut aus, dass die beiden sich jemals wieder vertragen☹️ ich hoffe, euch hat dieses Kapitel gefallen und ihr seid erleichtert, dass Kai lebt :)

-M <3

FOOL FOR YOU ~ Kai Havertz & Julian BrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt