Vorab: Wenn ihr wollt, hört euch während dem Kapitel das Lied Two of us von Louis Tomlinson an. Ich wünsche euch ganz viel Spaß bei diesem Kapitel :)
Sicht Kai
Mit zittrigen Händen knöpfe ich mein schwarzes Hemd zu und versuche irgendwie, meine Krawatte zu binden. So eine scheiße, wieso will das denn nicht funktionieren? Diese blöde Krawatte ist bestimmt kaputt.
„Kann ich dir helfen?" Fragt Julian zögerlich und tritt auf mich zu.
„Die Krawatte ist kaputt, das kann gar nicht funktionieren." Schnaube ich und werfe die Krawatte achtlos auf den Boden.
„Komm her." Sagt Jule, hebt die Krawatte auf und bindet sie mir in Sekundenschnelle um. Toll, noch etwas wofür ich anscheinend zu blöd bin.
„Danke" flüstere ich und sehe beschämt zu Boden.
„Kai hör auf. Das muss dir nicht peinlich sein. Ich verstehe das. Du machst gerade eine schwere Zeit durch und da fallen einem die einfachsten Dinge nicht immer leicht. Aber ich bin unheimlich stolz auf dich. Ich bin so so stolz darauf, dass du dich nicht komplett aufgibst. Ich weiß, wie ungern du dort hingehen möchtest. Aber allein, dass du heute überhaupt aus dem Bett aufgestanden bist zeigt einfach, wie unglaublich stark du bist. Du bist so unfassbar stark und ich könnte nicht stolzer auf dich sein." Redet er auf mich ein, was mir Tränen in die Augen steigen lässt. Ich klammere mich einfach an ihn, da ich gerade einfach diesen Halt brauche.
„Ich vermisse sie. So unglaublich sehr. Ich war so ein schlechter Sohn in den letzten Monaten. Ich habe mich kaum gemeldet und habe sie viel zu selten besucht. Kein Wunder, dass sie einen Herzinfarkt bekommt. Das ist alles meine Schuld. Ich bin schuld, dass sie jetzt tot ist. Ich habe sie umgebracht." Schluchze ich. Hätte ich mich nur öfter gemeldet. Hätte ich sie nur öfter besucht. Wäre ich nur in Aachen geblieben und nicht nach Leverkusen gezogen. Wäre ich nur kein Fußballer geworden. Dann wäre sie jetzt bestimmt noch am Leben.
„Kai, das glaubst du doch nicht wirklich, oder?" Fragt Jule entsetzt, legt seine Hände an meine Wangen und zwingt mich damit, ihn anzusehen.
„Das ist nicht deine Schuld. Rede dir das bitte nicht ein. Kai, das kann immer passieren. Das hat nichts, hörst du, absolut gar nichts mit dir zu tun. Dich trifft keine Schuld. Sie war so stolz darauf, was du in deinem Alter schon alles erreicht hast, glaub mir. Das hat sie mir selbst gesagt. Sie war immer stolz auf dich. Mach dir bitte keine Vorwürfe." Versucht mein bester Freund mich zu beruhigen.
„Ich hätte bei ihr sein müssen. Sie ist komplett allein gewesen, als sie gestorben ist. Ich hätte bis zum Schluss ihre Hand halten sollen. Ich hab sie im Stich gelassen." Weine ich weiter, doch Jule streicht sofort meine Tränen weg.
„Kai. Bitte, hör auf damit. Du konntest es nicht wissen. Das ist nicht deine Schuld. Du bist ein toller Mensch und kannst nichts dafür. Das Leben ist hart und unfair. Aber das ist nicht deine Schuld. Wirklich nicht." Redet er immer weiter auf mich ein. Ich habe schon gar keine Kraft mehr, mit ihm zu diskutieren, also lasse ich mich nur gegen ihn fallen und kralle mich in seinem Hemd fest. Ich bin ihm so dankbar, dass er all das hier für mich tut. Er ist extra losgefahren, um uns Anzüge zu besorgen, hat mich noch länger vom Training freigestellt, hat die Beerdigung mit meiner Schwester, meinem Bruder und meinem Vater geplant, da ich für nichts zu gebrauchen war. Ich weiß wirklich nicht, wie ich mich jemals dafür bedanken soll. In diesem Moment bin ich einfach nur unheimlich froh, ihn an meiner Seite zu haben.
„Wir müssen jetzt los Havy." Sagt er zögerlich und ich löse mich von ihm.
Den ganzen Weg zum Friedhof reden wir kein Wort. Ich brauche meine Ruhe und Jule weiß das, weshalb er auch nicht versucht mich unnötig abzulenken. Er ist einfach hier und das allein ist das Beste, was er für mich tun kann.
Am Friedhof angelangt stoße ich zu all meinen Verwandten und Freunden meiner Mutter. Jeder von ihnen schüttelt meine Hand und bemitleidet mich. Ich will nicht bemitleidet werden. Vor allem nicht von Leuten, welche ich einmal im Jahr auf Geburtstagen sehe. Die interessieren sich doch sonst auch nie dafür, wie es mir geht.
Genervt stelle ich mich neben Jule, welcher sich gerade mit meinem Vater, meinem Bruder und meiner Schwester unterhält. Dann geht es auch schon los. Gemeinsam laufen wir alle, hinter dem Bestatter, zum Grab meiner Mutter. Dort ist schon alles aufgebaut. Die Urne steht auf einem kleinen Tisch, auf welchem auch ein Familienbild von uns steht. Als dieses Bild entstand war ich gerade einmal 5 Jahre alt. Es entstand bei unserem ersten Familienurlaub an der Nordsee.
Bevor ich Fußballer wurde, hatten wir nicht viel Geld, weshalb wir uns Flüge und Hotels nicht leisten konnten. Aber um trotzdem dieses Urlaubsgefühl zu haben, fuhren unsere Eltern mit uns nach meinem fünften Lebensjahr, jedes Jahr an die Nordsee an einen Campingplatz. Jedes Jahr hatte es geregnet, worüber ich mich immer beschwert hatte. Heute wünschte ich mir nichts sehnlicher, als noch einmal so einen Urlaub erleben zu können.
Meine Gedanken wurden unterbrochen, als Julian seine Hand um meine Hüfte legt und ich mich instinktiv näher an ihn lehne.
„Alles okay?" Fragt er ernst und sieht mir in die Augen, woraufhin ich nur nicke und mich noch enger in seine Umarmung schmiege.
Der Bestatter beginnt zu reden. Er erzählt von der Kindheit, welche meine Mutter durchlebte. Wie sie meinen Vater kennenlernte, drei Kinder bekam und vielem mehr. An das meiste kann ich mich gar nicht erinnern, da ich den Worten nicht wirklich folgen kann. Erst als die Urne in das Grab gesetzt wird, realisiere ich langsam wieder, wo ich mich befinde. Und dann trifft mich die Erkenntnis auf einen Schlag. Die letzten Tage konnte ich es noch nicht realisieren, aber jetzt brannte es sich in mein Gehirn. Ich werde sie nie wieder sehen oder umarmen können. Nie wieder werde ich mit ihr reden können.
Dieser Gedanke trifft mich so intensiv, dass ich plötzlich bitterlich anfange zu weinen. Ich konnte es bis jetzt verdrängen, aber jetzt wird alles zu viel. Meine Tränen strömen aus meinen Augen und ich bekomme kaum noch Luft. Meine Sicht verschwimmt komplett und auch Geräusche nehme ich nur noch bedingt wahr. Ich spüre nur. Ich spüre, wie mich alle Geschehnisse und Emotionen der letzten Tage überhäufen. Ich spüre die salzigen Tränen, welche in Sekundenschnelle über meine Wangen laufen. Ich spüre, wie Jule mich fest umarmt und ich mich in der Umarmung verliere. Ich spüre, wie seine Halsbeuge nass wird durch meine Tränen und ich spüre ebenfalls, wie seine Schultern beben. Auch Jule weint, während er versucht mich zu beruhigen.
Die Umarmung hält nicht lang an, da wir jetzt noch einmal die Chance haben, Blütenblätter in das Grab zu streuen. Meine Hand zittert so sehr, dass ich die Blätter nicht einmal greifen kann. Wieder ist Jule an meiner Seite. Er nimmt sich eine Hand voll Blütenblätter, nimmt meine Hand in seine und streut gemeinsam mit mir die Blätter in das noch geöffnete Grab. Dann schlingt er wieder seinen Arm um meine Hüften und führt mich einige Meter vom Grab weg.
Als alle Blütenblätter im Grab liegen, wird dieses geschlossen. Ein letztes mal spricht der Bestatter noch einige Worte, dann ist die Beerdigung auch schon beendet.
Sowie das Grab geschlossen wurde, begann es plötzlich stark zu schneien. Man könnte meinen, es sei ein Zufall, da es immerhin schon Dezember war und Schnee deshalb nicht verwunderlich ist. Aber wieso genau jetzt? In dieser Sekunde? Mir egal, ob ich für verrückt erklärt werde, aber ich denke es war ein Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass meine Mutter gerade hier ist und es ihr gut geht. Das hoffe ich zumindest.
„Komm Havy, lass uns nach Hause gehen" spricht Jule sanft nach einigen Minuten, welche wir noch Arm in Arm vor dem Grab stehen. Alle anderen haben sich schon verabschiedet, nur wir sind noch hier.
„Okay. Lass uns gehen" bestätige ich und verlasse mit Jule gemeinsam den Friedhof. Ich weiß, dass die nächste Zeit nicht einfach für mich werden wird. Aber mit Jule an meiner Seite werde ich es überstehen, da bin ich mir sicher.
Heyy Leute, ich hoffe euch hat dieses Kapitel gefallen. Ich verspreche, es wird nicht immer so traurig bleiben und es wird auch wieder schöne Momente geben. Schreibt mir gern wie immer eure Meinung zu dem Kapitel in die Kommentare, das würde mir viel bedeuten :)
-M <3
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FOOL FOR YOU ~ Kai Havertz & Julian Brandt
FanfictionLeverkusen 2018 Verliebt sein ist doch etwas tolles. Verliebt sein gibt dir das Gefühl, du würdest schweben. Du fühlst dich auf Wolke 7 und schwebst immer weiter. Jeder will doch nur die Liebe seines Lebens finden. Die Person, mit welcher man durch...