I can't forgive him

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Sicht Kai

Es sind bereits fünf Minuten vergangen und noch immer habe ich Simon nicht geantwortet. Ich weiß nicht, was ich darauf sagen soll. Ich kann Jule nicht so einfach verzeihen, selbst wenn alles wahr sein sollte, was Simon gesagt hat. Ich kann es nicht. Julian hat mich so unfassbar verletzt, das würde ich niemals vergessen. Jedes Mal, wenn Julian mir ins Gesicht sehen würde, würde ich glauben, er lügt mich an. Ich habe ihm wirklich geglaubt, dass er mich will. Aber er wollte nur das Geld und Anerkennung. Das war ihm wichtiger als ich.

„Ich kann das nicht. Ich kann dir nicht versprechen, Jule zu verzeihen. Noch nie hat mich jemand so hintergangen wie er. Ausgerechnet er musste mir so etwas antun. Ausgerechnet die Person, welcher ich am meisten vertraut habe. Sowas vergisst man nicht Simon." Gebe ich nun doch von mir, um Simon klar zu machen, was ich wirklich denke. Egal wie sehr ich mir wünschte, Jule und ich würden uns wieder vertragen, ich kann es nicht. Und ich weiß nicht ob ich jemals bereit dazu sein werde ihm zu verzeihen.

„Glaubst du denn, dass alles gelogen war? Seine Gefühle, seine Worte, eure Freundschaft? Glaubst du wirklich, dass er dir die ganze Zeit nur etwas vorgemacht hat? Ich hab gesehen, wie er dich ansieht hat. Ich habe euren Kuss gesehen und konnte erkennen, wie glücklich er in dem Moment war. Kai ich glaube, Jule wollte dich nicht verletzen. Er hat nicht nachgedacht und etwas dummes getan. Etwas, das unverzeihlich ist. Aber denk doch mal an alles, was er schon für dich getan hat. Wie er für dich da war. Denk an die Gefühle, die du gespürt hast, wenn du in seiner Nähe warst. Glaub mir, das kann nicht alles gespielt gewesen sein." Redet er immer weiter auf mich ein. Meine Tränen habe ich schon lange nicht mehr im Griff. Ich lasse ihnen freien Lauf und vergrabe mein Gesicht an Simons Brust, welcher mir beruhigend über meinen Rücken streicht.

„Er hat mir so sehr weh getan Simon. I-ich würd ihm gern vergeben, das würde ich wirklich unglaublich gern. Am liebsten würde ich sofort zu ihm gehen, ihn in meine Arme schließen und ihm alles verzeihen. Ich will meinen besten Freund zurück. Aber das geht nicht so einfach. Ich würde mich selbst belügen und ihn auch. Ich würde versuchen, alles zu vergessen und irgendwann, wenn ich nur den geringsten Zweifel an irgendetwas habe, würde es aus mir herausbrechen. Ich würde ihm die gesamte Situation nochmal an den Kopf werfen. Ich würde mich selbst noch mehr hassen, dass ich mich schon wieder auf ihn eingelassen habe. Ich würde mich selbst nicht mehr im Spiegel ansehen können. Ich kann ihm das einfach nicht verzeihen. Ich hätte alles für diesen Jungen gemacht. Wirklich alles. Ich wäre vor einen Bus gelaufen oder von einer Brücke gesprungen, wenn er das gesagt hätte. Ich hätte mich unter Millionen Menschen immer für ihn entschieden. Er war immer die erste Person, der ich irgendetwas anvertraut habe. Bis auf meine Gefühle. Das war das Einzige, was er nicht als Erster wusste. Und weißt du was? Manchmal wünschte ich, ich hätte es ihm gesagt. Wer weiß, was dann passiert wäre. Vielleicht hätte er sich von mir abgewandt, vielleicht wäre ich zu einem anderen Verein gewechselt, vielleicht wären wir nicht zusammen gezogen. Aber was ich mit Sicherheit weiß, er hätte mich nie ausgenutzt, hätte er es vorher gewusst. Und ich hasse mich selbst jeden Tag dafür, dass ich es ihm nicht einfach erzählt habe, weil ich dann nicht so verletzt wäre, wie ich es jetzt bin."

All diese Gedanken verfolgen mich schon, seit ich wieder aus dem Koma erwacht bin. Sie haben mich beinahe erdrückt, mir die Luft zum Atmen geraubt und mir das Gefühl gegeben, zu ertrinken. Diese Gedanken waren so schwer, dass sie mich immer weiter runtergezogen haben. In dieses Loch, aus welchem ich sowieso schon nicht mehr herauskomme. Doch ich sank immer tiefer und tiefer.

Aber endlich habe ich sie ausgesprochen. Ich habe es endlich geschafft, alles auszusprechen, was wirklich in mir vorgeht. Und es ist so unfassbar befreiend, dass ich das Gefühl habe, dass dieses Loch vielleicht wieder kleiner wird. Stück für Stück, ganz langsam und mit viel Zeit verbunden. Doch es wird kleiner und vielleicht verschwindet es irgendwann komplett.

„I-ich weiß nicht was ich sagen soll. Es tut mir unglaublich leid, was passiert ist. Das hast du nicht verdient. Du hast nur das Beste verdient und genau deshalb habe ich dich darum gebeten, mit Jule zu sprechen. Du sollst glücklich werden. Aber ich glaube auch, dass du niemals jemanden so lieben kannst, wie du ihn liebst. Er muss nur den Raum betreten und schon dreht sich deine gesamte Welt um ihn. Alles andere ist egal und du siehst nur ihn. Das Kai, das ist Liebe. Und ich weiß nicht, ob ich damit falsch liege, aber ich glaube daran, dass man so eine Liebe nur einmal im Leben findet. In vielleicht sechzig Jahren, wenn du erfährst, dass er nicht mehr lebt, wirst du dir unendlich viele Vorwürfe machen. Dich werden Gedanken begleiten, wieso du ihm nie die Chance gegeben hast, sich zu erklären. Du wirst dich fragen, was aus euch hätte werden können, wenn du euch die Chance dazu gegeben hättest. Versteh mich nicht falsch, das ist nicht deine Schuld. Du kannst am wenigsten etwas dafür, wie diese Situation gerade ist. Aber ich weiß, dass du es bereuen wirst, wenn du deine große Liebe für immer gehen lässt und krampfhaft versuchst, glücklich zu werden. Und ich will nicht, dass du dir nur einredest, dass du glücklich bist. Ich will, dass du es bist. Du sollst glücklich sein. Du sollst strahlen, weil du das Gefühl hast, mit ihm würde dir die ganze Welt gehören. Du sollst lieben und geliebt werden und dich nicht nur der Illusion von Liebe und Glück hingeben. Du sollst es ehrlich spüren. Du sollst ehrlich glücklich sein." Ich denke lange über seine Worte nach. Könnte ich mit Jule jemals glücklich sein?

„Danke, für deine Worte. Und danke, dass du für mich da bist. Aber ich glaube, ich werde nicht glücklich sein können, wenn ich immer wieder im Hinterkopf habe, was er mir angetan hat. Liebe reicht manchmal nicht, um glücklich zu werden. Wie soll ich glücklich sein, wenn ich nicht vertrauen kann? Außerdem liebt er mich nicht. Jule und ich werden keine Zukunft haben."

Meine Tränen haben endlich gestoppt. Ich glaube, jetzt wo ich mir alles von der Seele geredet habe, kann ich endlich versuchen abzuschließen. Ich muss Jule vergessen. Er liebt mich nicht und ich werde wohl nie nur mit ihm befreundet sein können.

Ich brauche Ablenkung. Brauche irgendwas, was meine Gedanken weg von Jule lenkt. Ich will mich endlich wieder gut fühlen.

„Danke für alles Simon" flüstere ich und komme seinem Gesicht instinktiv immer näher.

Vielleicht brauche ich das ja jetzt. Ich will endlich wieder etwas anderes als Schmerz spüren. Ich weiß nicht wieso, aber ich habe das Gefühl, genau das jetzt zu brauchen. Ich komme ihm immer näher, bis ich seinen stockenden Atem auf meiner Haut spüren kann. Seine Augen sehen mich nervös an und ich sehe die Unsicherheit in seinem Blick.

„Kai" haucht er an meine Lippen, doch ich lege meine Hand an seine Wange und ziehe in so nah an mich, dass sich unsere Lippen treffen.

Sanft beginne ich, meine Lippen an seinen zu bewegen und den Kuss zu vertiefen, doch Simon schiebt mich von sich.

Mit glasigen Augen sieht er mich an und schüttelt den Kopf.

„Du willst das doch gar nicht. Bitte tu nichts, was du danach bereust." Stottert er und weicht meinem Blick aus.

Erst jetzt realisiere ich, was ich da gerade getan habe. Ich bin nicht besser als Jule. Ich habe Simon ausgenutzt. Ausgenutzt, weil ich es gerade brauchte. Weil ich mich besser fühlen wollte. Ich bin so ein Idiot.

„Fuck. Fuck, fuck, fuck. Scheisse, es tut mir so leid. Ich weiß nicht was da in mich gefahren ist. Es tut mir leid. Es tut mir so unendlich leid Simon" sofort fließen die salzigen Tränen erneut über meine Wangen. Ich habe wirklich Angst, ihn durch eine so dumme Aktion zu verlieren. Das kann ich einfach nicht. Ich habe schon Jule verloren. Ich kann nicht noch die letzte Bezugsperson in meinem Leben verlieren.

„Es ist in Ordnung Kai. Mach dir keine Gedanken" sagt er mit leiser Stimme und zieht mich in eine feste Umarmung, in welche ich mich einfach fallen lasse. Er ist ein so unglaublich toller Mensch.

„Nein wirklich, ich wollte das nicht. Es tut mir so leid" entschuldige ich mich erneut. Doch Simon verfestigt die Umarmung nur noch einmal. Er streicht von meinen Haaren, über meinen Rücken und wieder zurück. Immer wieder beruhigt er mich.

„Hör auf. Es ist alles in Ordnung. Mach dir keine Gedanken. Wir vergessen das einfach."


Sooo, noch ein drittes Kapitel für heute. Ich hoffe, dass auch dieses Kapitel euch gefallen hat. Tbh, Simon tut mir echt ein wenig leid, Kai und Jule aber auch. Schreibt wie immer gern eure Meinung dazu in die Kommentare. Ich freue mich immer sehr, eure Gedanke zu dem Kapitel zu lesen :) 

-M <3

FOOL FOR YOU ~ Kai Havertz & Julian BrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt