Der Fremde (Bradley "Rooster" Bradshaw)

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Wörter: 2200

Ich beobachtete meinen Dad durch den Raum von Pennys Bar hinweg. Man hatte ihn das letzte mal schon rausgeworfen und im Moment sorgte ich dafür, dass das nicht wieder passieren würde. Er hatte seine ziemlich hohe Rechnung nicht zahlen können und war deswegen geradewegs in den Sand vor der Tür geflogen. Heute musste er zwar keine Saalrunden schmeißen, doch er war gerade im Moment dabei, sich vom allerfeinsten volllaufen zu lassen. Mav wusste nicht, dass ich hier war und es war auch besser so. Immerhin wurde nicht jeder gerne von seiner neunzehnjährigen Tochter überwacht und vor allem mein Vater nicht. Doch er starrte nur auf den Boden seines Glases, welches mit Scotch gefüllt war und beachtete mich gar nicht. Ich hatte mich aber auch mit Absicht so gesetzt, dass er mich nicht direkt sehen würde, wenn er doch irgendwann durch den Raum blicken würde. Die Bar war wirklich voll und laut zugleich, was noch mal ein Vorteil meiner Seitz war. Ich hatte die Augen nur bei meinem Dad.

"Hallo schöne Frau, kann ich Ihnen einen Drink spendieren?" fragte eine Stimme neben mir plötzlich. Mir stieg ein starkes Geruch eines Parfüms in die Nase und ruckartig sah ich hoch. Ich runzelte die Stirn, doch im gleichen Moment sah ich wie mein Dad aufstand und Richtung Tür wankte. Er war wirklich ziemlich betrunken, verdammt. Ich sollte zu ihm!

"Tut mir leid, ein anderes Mal vielleicht" murmelte ich nur geistesabwesend und quetschte mich an dem Fremden vorbei, durch die Menge in Richtung Tür hinter Maverick hinterher. Ich hatte den Mann von eben einfach stehen gelassen, geschweige denn, dass ich ihn überhaupt angesehen hatte, kam es mir in den Sinn auf dem Weg zur Tür. Es hätte der Präsident sein können und ich hätte es nicht gecheckt.

"Dad!" rief ich draußen angekommen hinter Maverick hinterher und beschleunigte meine Schritte rasch. "Anni, was machst du denn hier?" murmelte er leicht benebelt und sah mich an als müsste er erst einmal genau schauen, dass ich es auch war. Doch sobald er es wirklich zu realisieren schien, stütze er sich schon an meiner Schulter ab, sodass ich Probleme hatte sein Gewicht zu halten. Und so wankten wir ganz langsam immer weiter den langen weiten Strand entlang, bis wir irgendwann bei uns Zuhause angekommen waren. Normalerweise bräuchte man für den Weg nur fünf Minuten zu Fuß, heute brauchten wir beide jedoch mindestens eine viertel Stunde.

Ich schloss auf und Dad ließ sich, sobald wir im Wohnzimmer angekommen waren, auf das alte Ledersofa fallen. Ich setzte mich neben ihn und fuhr mir mit einer Hand übers Gesicht. Seit wann trank er so viel? Und warum?

"Es tut mir leid" brummte er leise und war gerade dabei sich die Schuhe und Jacke gleichzeitig auszuziehen. Ich stützte ihn leicht an der Schulter, sodass er nicht mit dem Kopf voran vorne von der Couch kippen würde und er schaffte es letztlich seine Jacke und Schuhe auszuziehen.

"Es ist alles meine Schuld. Er konnte wegen mir nicht direkt auf die Flugschule, wegen mir ist sein Vater tot und jetzt bringe ich auch ihn in Gefahr" murmelte er vor sich hin. Es kam mir vor als würde er mehr mit sich selbst reden als mit mir, doch trotzdem blieb ich sitzen und hörte ihm aufmerksam zu. Aber von wem sprach er?

"Rooster wollte nur fliegen und ich habe ihn davon abgehalten und jetzt hasst er mich" brummte er weiter und ließ sich wie ein Sack Kartoffeln nach hinten auf den Rück plumpsen. "Von wem redest du?" fragte ich verwirrt. Um ehrlich zu sein zweifelte ich jedoch daran, ob er mich überhaupt antworten würde, er war so in seiner Melancholie gefangen.

"Goose Sohn" murmelte er leise, doch so laut, dass ich es hören konnte, "ich habe verhindert, dass er auf die Flugschule gehen kann, ich musste es seiner Mutter versprechen. Er denkt immer noch, dass ich Schuld bin am Tod seines Vaters." Dad war schlagartig wieder klarer, wie auch immer. Zumindest lallte er nicht mehr. "Und jetzt ist er in meiner neuen Top Gun Einheit, die ich trainiere, für einen Einsatz, der ihn töten könnte" seufzte er.

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