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Nachdenklich sah ich durch die einseitig getönte Glasscheibe in den Verhörraum. Lea saß total unruhig auf dem Stuhl. Ihr schlechtes Gewissen und ihre Unsicherheit waren nicht zu übersehen. Jedoch bekamen Mikes Agents kein Wort aus ihr heraus. Sie haben Lea mit Milas Aussage konfrontiert, allerdings wollte sie sich nicht mehr dazu äußern. So unglücklich die Situation gerade auch für meine kleine Schwester war, der Fokus lag nicht nur darauf, ihre Unschuld zu beweisen, sondern vielmehr darauf, herauszufinden, was wirklich passiert war. Aktuell laufen mehrere Täter draußen herum, die heute einen möglichen Anschlag auf die Demonstration geplant hatten und womöglich auch in die anderen Morde verwickelt waren. Aber selbst damit lässt Lea sich nicht unter Druck setzen, obwohl ihr oft genug von den Agents gesagt wurde, dass sie sich somit selbst ebenfalls wegen Beihilfe strafbar machte. Es wäre für alle Beteiligten besser, wenn Lea die Wahrheit sagen würde. Ich machte mir langsam auch Sorgen um Mila. Ich kannte meine kleine Prinzessin und wusste, wie sehr sie die aktuelle Situation stresste und wie beängstigend das alles sein musste. Verständlicherweise ist sie sehr aufgewühlt und durcheinander. Ich möchte sie nicht länger als nötig in dem Verhörzimmer sitzen lassen und wollte sie eigentlich schon längst zu mir geholt haben, leider kam immer etwas dazwischen. Es war auch eine sehr unglückliche Situation, in die sie dort hineingeraten war, allerdings konnte ich ihr nicht wirklich Vorwürfe deswegen machen.
Gerade als ich das Zimmer, das an den Verhörraum angrenzte, wieder verlassen wollte, um zu Mila zu gehen, kam Mike zu mir in den Raum. „Milas Handy ist unauffällig. Ich habe ihre Chats und alles andere durchsucht, aber es gibt absolut keine Hinweise darauf, dass sie etwas davon wusste oder mit drin steckt. Ich hab ein paar Agents damit beauftragt neutral in allem zu ermitteln, aber auch sie haben nichts gefunden, das darauf hindeutet, dass Mila beteiligt war. Dafür haben sie herausgefunden, dass Lea einen jüngeren Stiefbruder hat, mit dem sie sich wohl sehr gut versteht. Allerdings trägt er einen anderen Namen, weshalb wir das nicht gleich bemerkt haben. Er ist aufgrund unerlaubten Waffenbesitzes schon mehrfach aufgefallen. Mein Team hat ihn überprüft und mehrere Posts in einem verschlüsselten Online-Forum gefunden. Anscheinend hatte er eine schwarze Freundin, die einen bewaffneten Raubüberfall auf eine Tankstelle ausgeübt hat. Als sie fliehen wollte, kam die Polizei dazu und sie schoss auf die Polizisten. Daraufhin gab es einen kurzen Schusswechsel, bei dem sie erschossen wurde. Allerdings hat er das alles so dargestellt, dass die Polizisten seine Freundin ohne jeglichen Grund und nur aufgrund ihrer Hautfarbe erschossen haben. Entweder ihm fehlen Informationen und er weiß wirklich nicht, dass die Polizisten zurecht geschossen haben oder er dreht es sich so hin, wie es ihm gefällt. Er lebt seinen Hass auf die Polizei im Internet offen aus und hat bereits mehrmals damit gedroht, sich an der Polizei zu rächen. Dazu kommt, dass er seit circa einer Woche verschwunden ist. Er war nicht mehr arbeiten, sein Handy ist aus und laut seinen Nachbarn wurde er schon seit Tagen nicht mehr gesehen. Wir gehen davon aus, dass er der eigentliche Täter ist und es ein Anschlag auf die Polizisten vor Ort werden sollte und nicht auf die Demonstranten. Es passt alles zusammen. Auch seine Verbindung zu Lea. Wahrscheinlich war er es, der mit einem ihrer Laptops ins Darknet gegangen ist, um die Waffen zu kaufen. Nur ob er auch an den Morden beteiligt war, können wir noch nicht sagen. Ich habe eine Fahndung nach ihm herausgegeben, wenn wir ihn finden, klärt sich das alles bestimmt schnell auf, auch wer die anderen Schützen sind", informierte mich Mike. „Gute Arbeit", sagte ich anerkennend, als erneut die Türe aufging und Jonas, aus Mikes Team, mit einem Tablet in der Hand zu uns kam. „Wir haben uns die Überwachungskameras der näheren Umgebung angesehen und sowohl das Gespräch zwischen Lea und ihrer Schwester als auch Leas Gespräch mit ihrem Bruder Charlie gefunden. Charlie ist für all das verantwortlich. Er und zwei Freunde, die er allerdings nicht namentlich erwähnt, wollten an drei verschiedenen Orten gleichzeitig auf die Polizisten schießen. Lea muss wohl etwas geahnt haben, es ist auf mehreren Kameraaufnahmen zu sehen, wie sie hektisch durch die Straßen rennt und versucht ihren Bruder zu finden. Als sie ihn schließlich gefunden hat, hat sie ihn zur Rede gestellt und er hat vor ihr alles zugegeben. Es gab einen Streit, zwischen den zwei, jedoch konnte Lea Charlie dazu überreden wegzulaufen, bevor jemand etwas davon erfährt. Sie wollte sich um die Waffen kümmern und diese verschwinden lassen. Charlie hat ihr gesagt, wo die Waffen versteckt sind und Lea hat sich sofort auf den Weg gemacht. Die nächste Kameraaufnahme, die wir haben, zeigt wie Lea circa zwei Minuten später eine Straße entlang läuft, versucht den Polizisten vor Ort aus dem Weg zu gehen und dabei auf ihre Schwester Mila trifft. Dort ist alles so abgelaufen, wie ihre Schwester es berichtet hat. Mit den Beweisen, die wir bereits gegen Charlie gefunden haben und seinem Geständnis auf Kamera sollte das zweifellos seine Mitschuld an dem Ganzen beweisen und gleichzeitig belegt es die Unschuld Ihrer Schwester. Wir sind aktuell noch dran herauszufinden, wer die anderen zwei sind, bisher haben wir aber noch nichts gefunden", informierte Jonas Mike und mich. „Konfrontiert Lea mit dem , was wir wissen, falls sie weiß, wo Charlie sich versteckt, muss sie uns das mitteilen", antwortete Mike, was Jonas mit einem Nicken bestätigte, bevor er zu den anderen zwei Agents in den Verhörraum lief. „Charlies Apartment wird bereits durchsucht?", fragte ich an Mike gerichtet, „Ja, sie haben aber noch nichts gefunden". „Okay. Ich kümmere mich um einen Haftbefehl gegen die zwei Unbekannten und Charlie und bringe die Staatsanwaltschaft auf den neuen Stand. Halte mich auf dem Laufenden, wir müssen Leas Bruder und die anderen zwei schnellstmöglich finden", sagte ich zu Mike. „Mach ich. Was willst du mit Mila machen?", fragend sah mein Bruder mich an. „Ich hol sie aus dem Verhörzimmer, sobald ich alles mit den Richtern und der Staatsanwaltschaft bezüglich Charlie geklärt habe", antwortete ich. „Alex ist vor ein paar Minuten zu Mila gegangen, um nach ihr zu sehen. Er hat mir geschrieben, dass sie wohl ziemlich aufgewühlt ist. Sie hat wohl Angst, für all das verurteilt zu werden. Alex hat schon versucht ihr klarzumachen, dass das nicht passieren wird, allerdings solltest du auch nochmal mit ihr darüber reden. Ihr geht es wohl wirklich nicht gut", informierte Mike mich. „Ich weiß, ich wollte vorhin schon mit ihr reden, allerdings kam Judge Larson dazwischen". Ich konnte mir gut vorstellen, dass Mila ziemlich durcheinander war, nach all dem, was in den letzten Stunden passiert war. Sie hatte keine Ahnung, was vor sich geht und wollte eigentlich nur helfen und plötzlich steht sie im Fokus des FBIs. Ich hätte mich schon längst um sie kümmern sollen, allerdings war es nicht leicht die Balance zwischen Bruder und FBI-Direktor zu finden und da Mila aktuell in Sicherheit war, musste ich mich auf die Ermittlungen konzentrieren. Mit einem aktiven Schützen in der Innenstadt sind viele Menschen in Gefahr, sodass dies in diesem Moment einfach Priorität hatte ...

Big Brothers 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt