„Es nervt aber, dass ich euch immer sagen muss, wo ich hingehe. Es ist ja nicht so, dass hier ständig Menschen umgebracht werden. Ihr sagt doch selber immer, dass ich eigentlich keine Angst haben muss, wenn ich rausgehe", erwiderte ich genervt. „Setz dich bitte wieder hin, Prinzessin", sagte Cole nachdem ich aufgestanden war und ich wusste, dass unser Gespräch wahrscheinlich etwas länger dauern wird. Auch die Jungs schienen es zu bemerken, denn sie wollten gerade alle wieder ins Haus laufen, als Cole sagte: "Ihr könnt auch gleich hier bleiben, das betrifft euch genauso wie Mila". "Wir wollten eigentlich nur Bescheid geben, dass wir uns mit ein paar aus dem Team zum Laufen treffen und nicht Ärger bekommen, nur weil Mila sich nicht an ihre Regeln halten kann", erwiderte Dylan augenverdrehend. "Das, was ich Mila sagen möchte, betrifft euch aber genauso, also herkommen und hinsetzten". Etwas genervt nahmen meine Brüder neben mir Platz.
„Wir leben in Amerika und nicht in Europa. Wusstest ihr, dass Los Angeles zu den 9 Prozent der gefährlichsten Städte der USA gehört? Natürlich liegt das auch an South Los Central, aber das bedeutet nicht, dass es überall anders sicher ist. Wir haben eine Kriminalitätsrate von 29.4 hier in LA, Toronto in Kanada zum Vergleich haben eine Rate von 1.8, das ist schon ein deutlicher Unterschied. Ihr geht immer gleich von Mord aus, wenn es um die Sicherheit geht, aber da gibt es noch so viel mehr. Die meisten Morde passieren in South LA, aber auch hier werden Menschen umgebracht. Viele sagen, dass die ganze Gewalt in Compton, Watts und so weiter passiert, das stimmt aber nicht. Dort passieren mehr Morde und Schießereien, die Rate von sexuellen Übergriffen, Gewalt und Überfällen ist hier allerdings höher als in den ganzen Ganggebieten. Von 1.000 Frauen haben letztes Jahr 50 einen sexuellen Übergriff gemeldet, mal von der Dunkelziffer ganz abgesehen. Wir leben hier in Amerika, ihr müsst das immer im Hinterkopf haben. Ihr könnt euch hier nicht so frei und unbeschwert bewegen, wie anderswo auf der Welt. Es gibt aber sichere Orte, zu denen ihr hingehen könnt, ohne Angst haben zu müssen, dass gleich etwas passiert, aber genauso gut gibt es andere Orte. Ich beschäftige mich mit sowas die ganze Zeit. Jeden Tag bekomme ich eine Statistik aller Verbrechen, die an dem vorherigen Tag passiert sind. Ich weiß genau, was, wo und wann passiert ist. Von jedem Tag, von jeder Woche und jedem Monat. Deswegen weiß ich ganz genau, wann ich euch wo hinlassen kann und wann nicht. Wenn ich euch sage, dass ihr euch samstagabends von Venice fernhalten sollt, dann mache ich das nicht, um euch zu ärgern, sondern weil ich weiß, wie viele Polizeieinsätze es an einem durchschnittlichen Samstagabend gibt und warum. Und in den Polizeieinsätzen geht es nicht um Kleinigkeiten. Es geht um Drogen, Waffen, Schlägereien, sexuelle Übergriffe und so weiter. Genau das ist der Grund, warum ihr dort nicht hin sollt. Es ist nicht gesagt, dass etwas passiert, wenn ihr dort seid, aber die Chance, dass etwas passiert ist mir zu hoch, als dass ich euch guten Gewissens dort hingehen lassen kann. Wir versuchen immer einen guten Weg zu finden, dass ihr glücklich und in Sicherheit seid. Ich kann verstehen, dass euch das oft nervt und ihr es nicht verstehen könnt, aber ihr wisst auch nicht, was dort draußen vor sich geht und könnt das alles nicht einschätzen. Und das ist auch gut so. Es ist unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass es euch gut geht und dass ihr in Sicherheit seid. Ihr sollt euch nicht damit beschäftigen müssen, wo ihr hingehen könnt und wo nicht. Wir wollen auch überhaupt nicht, dass ihr das tut. Das einzige, was wir möchten, ist, dass ihr uns fragt, bevor ihr weggeht oder uns Bescheid gebt, wo ihr hingeht und euch dann auch daran haltet. Vor allem du und Mason, ihr seid 15 und 16 Jahre alt und wir tragen die Verantwortung für euch. Wenn ihr uns sagt, wo ihr hingeht, müssen wir uns auch darauf verlassen können, dass ihr dort seid. Mal angenommen, euch passiert etwas und ihr sagt uns, dass ihr in Malibu seid, dabei wart ihr die ganze Zeit in Santa Monica. Wie sollen wir euch helfen, wenn ihr uns anlügt? Wir müssen uns auf euch verlassen können, sonst funktioniert das alles nicht", erklärte mir Cole sehr ruhig. „Aber ihr sagt doch immer, dass wir raus können, ohne Angst haben zu müssen und jetzt sagt ihr wieder etwas anders", antwortete ich leise. „Ja, an die Orte, an die wir euch hinlassen, könnt ihr gehen, ohne dass ihr Angst haben müsst. Es kann immer überall etwas passieren, aber wie bereits gesagt, es gibt Orte, an denen es sicherer ist und Orte, die nicht sehr sicher sind. Deswegen sollt ihr uns Bescheid geben, wo ihr hinwollt, dann können wir euch sagen, ja, geht hin, das ist kein Problem, oder wir sagen, dass ihr hin könnt, aber aufpassen sollt, oder dass ihr eben nicht hindürft. Wir würden euch nicht an Orte lassen, die gefährlich sind. Deswegen brauchst du keine Angst zu haben, wenn du draußen bist und wir wissen, wo du bist. Wäre es gefährlich, würden wir dich nicht hinlassen. Wir haben eigentlich gehofft, dass ihr euch daran haltet, ohne dass wir weiter darüber reden müssen. Es ist schwer euch das alles zu erklären ohne die ganzen Hintergrundinformationen, die es dazu gibt. Für euch ist es oft schwarz oder weiß. Entweder ist es sicher oder nicht, aber es gibt noch ganz viel dazwischen. Und eigentlich wollen wir euch auch nicht aufzählen, was wo wie oft passiert, dann würdet ihr überall Angst haben. Ihr müsst uns vertrauen, was das angeht, wir wissen, was wir machen. Und uns ist durchaus bewusst, dass es für euch nicht leicht ist, vor allem im Moment, wo die Gewaltverbrechen so stark ansteigen und wir euch noch mehr in eurer Freiheit einschränken, aber wir wollen nicht, dass euch etwas passiert. Wir müssen uns darauf verlassen können, dass ihr dort seid, wo ihr uns sagt, dass ihr seid. Und zwar genau dort und nicht 5 Blocks weiter. Ihr wisst, was für einen großen Unterschied 2 Blocks ausmachen können. Und auch wenn wir dir Mila sagen, dass du nachts nicht alleine draußen sein solltest, beziehungsweise im Moment eigentlich überhaupt nicht alleine unterwegs sein solltest, dann machen wir das nicht, um dich zu ärgern, sondern weil wir besorgt sind. Wir geben uns wirklich Mühe, dass ihr trotzdem alles machen könnt, was ihr wollt und dass wir zusammen eine Lösung finden, aber das geht einfach nicht immer und das müsst ihr alle akzeptieren", erklärte uns Cole. Ich konnte meine Brüder ja verstehen. Wir können das alle wahrscheinlich nicht so gut einschätzen und sie wollten ja eigentlich wirklich nur das Beste für uns. „Generell wird das alles ab jetzt anders laufen. Ihr alle habt euch in letzter Zeit nicht so sehr an die Regeln gehalten, wie ihr solltet. Wenn einer von uns etwas zu euch sagt, dann habt ihr das einzuhalten. Wenn wir sagen, ihr geht nachts nicht raus, dann haltet ihr euch daran, genauso, wie wenn wir sagen, dass ihr nach der Schule direkt heimkommt. Ihr müsst es nicht verstehen, aber ihr müsst euch daran halten und damit meine ich euch alle. Ihr seid keine kleinen Kinder mehr und wir erwarten, dass ihr euch an unsere Regeln haltet, egal was es angeht. Das hat bei euch allen in letzter Zeit nicht so gut funktioniert. Wenn wir sagen, dass ihr keinen Alkohol trinkt, keine Drogen nehmt und nicht raucht, dann unterlasst ihr das. Wir wissen, dass ihr gerne euren Spaß habt, aber es kann nicht sein, dass ihr jedes Wochenende trinkt und Party macht, nicht in eurem Alter. Und Rauchen und Drogen sind generell tabu, auch keinen Joint, sowas will ich bei euch nicht sehen. Außerdem haben wir auch keine Lust mehr, von euch belogen zu werden. Wir erwarten nichts Übermenschliches oder viel von euch, aber das einzuhalten, was wir erwarten, sollte kein Problem für euch sein. Falls ihr doch das Gefühl habt, dass wir euch ungerecht behandeln, dann kommt zu uns und wir reden darüber. Aber jetzt ist wirklich erstmal Schluss. Ihr konzentriert euch auf die restlichen Wochen in der Schule und benehmt euch. Ihr habt noch genug Zeit, um Spaß zu haben", ermahnte Cole uns alle. Ich glaube, uns war allen bewusst, dass wir in letzter Zeit die Geduld von unseren Brüdern etwas überstrapaziert hatten. Die Zwillinge waren oft weg zum saufen und kamen bekifft wieder heim. Mason war auch kein Kind von Traurigkeit, was Weggehen angeht, seitdem es ihm wieder gut geht und auch ich habe meine Brüder in letzter Zeit öfter mal belogen. Aber damit war jetzt dann wohl Schluss...
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Big Brothers 6
ActionDas Original und nicht eines der vielen Kopien. Lest am besten zuerst die ersten 5 Teile, bevor ihr hier beginnt. In diesem Buch geht es um Mila und wie sie versucht mit all dem, was sie in den letzten Monaten erlebt hat, klar zu kommen. Dabei bek...