XXXVI - Konfrontation

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Jahr 351 nach dem Götterkrieg, Sommer

Merun


"Du hast WAS getan?" Iora fiel ihr ins Wort. Entsetzen und Wut in ihrer Stimme.

Thorgest stellte sich vor die Elfe, die aussah, als wollte sie zu einem Schlag ausholen. "Iora, bitte. Lass sie ausreden."

"Ich hoffe, es kommt noch eine Erklärung!"

Keiner von beiden war glücklich. Sie hatten auch keinen Grund dazu. Giræsea wusste selbst, was sie getan hatte. Sie hatte genug Zeit gehabt, darüber nachzudenken, auf ihrem Weg zurück in die Unterstadt. Bisher waren die Reaktionen noch hinter ihren schlimmsten Erwartungen zurückgeblieben, aber sie hatte es auch kaum geschafft, sich erschöpft auf einen Stuhl fallen zu lassen. Das Wasser tropfte noch immer aus ihrer Kleidung auf den Boden und bildete kleine Pfützen unter ihr. Ihr war kalt. Oh, so kalt. Trotz der Hitze der letzten Tage fror sie. Damit wollte sie sich jetzt nicht befassen. Nicht, während die beiden sie so anstarrten.

Sie hatte ihnen erzählt, wen sie so tief unter der Stadt gefunden hatte. Den Weg dorthin hatte sie ausgelassen. Ihr war nicht danach, von Wundern zu berichten. Sie wollte es einfach hinter sich bringen.

Sie hatte ihnen erzählt, was in der Schatulle gewesen und was damit geschehen war. Auf dem Weg zurück hatte sie oft mit dem Gedanken gespielt, einfach zu lügen. Sie würden nie erfahren, was sie tatsächlich gefunden und getan hatte. Doch damit fühlte sie sich noch schlechter. Besser die Wahrheit. Sie beide hatten viel durchgemacht, um an diesen Punkt zu kommen. Sie schuldete ihnen zumindest das.

"Es liegt irgendwo in der Stadt. Im Dreck. Wo es hoffentlich verrostet."

Dachte sie das wirklich? Vielleicht. Darüber wollte sie nicht nachdenken. Iirinye war fort und das Feuer der Überzeugung, dass es das richtige war, gab ihr halt. Nein, das war falsch. Es war nicht das richtige. Nicht die beste Entscheidung. Nicht der einzige Ausweg. Nicht gut. Es war nicht Überzeugung. Es war Wut. Und trotz all des Schmerzes, den sie empfand, wenn sie Iora und Thorgest ansah, war es doch Wut, die in ihr brannte. Auf Iirinye und auch auf sie selbst. Auf die Welt. Auf den Tag, an dem sie ihre Mandara überlebt hatte. Der Tod wäre leichter als die Situation, in die sie sich gebracht hatte. Sollen sich die glücklich schätzen, denen nie ein Gott sein Interesse geschenkt hatte.

Iora schrie und trat gegen einen Stuhl. "Ich hatte gehofft, ich habe mich verhört. Aber beim zweiten Mal klingt es noch schlimmer!"

Ihr war so kalt...

"Iora... Es ist besser so. Ich...", begann Giræsea, doch die Elfe kam ihr wieder dazwischen.

"Es ist besser? Das soll besser sein? Zwei Jahre... zwei Jahre lang kämpfst du darum, diese beschissene Box auf zu bekommen. Zwei Jahre lang reisen wir über den gesamten, verschissenen Kontinen. Die ganze Zeit getrieben von deinen Visionen und deiner Überzeugung und jetzt... Ja... Was jetzt?"

Sie musste sich eingestehen, dass sie das auch nicht wusste. Was war ihre Aufgabe in alledem? War das überhaupt noch von Bedeutung? Sie hatte sich recht deutlich widersetzt. Doch was jetzt? Vielleicht doch endlich nach Osten? Noch ein paar Monate ein gutes Leben genießen, bevor alles vorbei war? Das hatte sie sich doch gewünscht.

"Ich weiß es nicht. Iora, Thorgest, es tut mir leid. Es..." Konnte sie es laut aussprechen? Den beiden offen sagen, dass das alles zu viel war? Dass sie das alles nie gewollt hatte. Sie brachte es nicht übers Herz. Iora hatte Recht. Sie waren ihren Visionen gefolgt. Ihrer Deutung. Und sie hatte alles weggeworfen.

Als die Elfe erkannte, dass sie von Giræsea keine weitere Erklärung erwarten konnte, schnaubte sie, nahm sich ihren Mantel und verschwand durch die Tür.

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