Jahr 351 nach dem Götterkrieg, Sommer
Merun
"Wie hast du den Meryaner nochmal entdeckt?", wollte Giræsea wissen.
Iora ließ sich mit ihrer Antwort Zeit. "Ich bin auf einem meiner Ausflüge daran vorbei gekommen. Und ich hatte Hunger." Sie drückte es sehr vorsichtig, aus, klang aber doch ein wenig trotzig.
"Das machst du als, während ich unterwegs bin und versuche herauszufinden, wo unser Prophet ist? Ich bin auf der Straße überfallen worden. Man hat versucht, mich zu vergiften." Giræsea spielte die Empörte.
"Vielleicht sollte ich das nächste Mal mit dir mitkommen."
"Oh, ich wüsste etwas, das ich dir zeigen könnte. Auf dem Weg zu unserem Propheten durfte ich ein bisschen den Untergrund von Merun und seine Ruinen erkunden. Ich glaube, die würden dir gefallen. Und jetzt, wo ich einmal durch bin, kenne ich sogar den angenehmen Weg."
"In die Unterstadt und auf ein paar vage Hinweise hin dem Tunnel in die Unterwelt zu folgen, ist nicht der angenehme Weg?"
"Wir waren uns alle einig, dass es unsere einzige Spur ist und ich es tun sollte."
"... Ja. Ja, waren wir." Und in ihrer Stimme erkannte Giræsea, dass Iora noch immer mit ihrer Entscheidung zu kämpfen hatte und es schmerzte sie. "Und was hast du dort unten in den Ruinen gefunden?"
"Nunja... Die Ruinen. Ich wusste nicht, dass es unter Merun noch mehr gibt. Viel mehr. Eine Stadt, vermutlich so groß, wie die Oberstadt. Und scheinbar von Riesen erbaut."
"Alt genug wäre die Stadt dafür. Wäre ja auch komisch, wenn die Menschen die ersten wären, die sich hier niedergelassen haben."
"Das lässt dich so kalt? Riesen? Unter Merun? Dem Juwel des Kaiserreichs?"
"Oh, glaub mir, ich will sie sehen. Es ist nur..." Sie beendete den Satz nicht. Ganz verstand Giræsea nicht, wie Iora so gelassen auf diese Information reagieren konnte. War sie noch immer sauer? Wahrscheinlich. Sie entschied sich, das Thema Ruinen erstmal ruhen zu lassen. Sie würde ihr die Zeichnungen später zeigen.
"Also, der Meryaner. Was würdest du mir nochmal empfehlen?", versuchte die Ork ein anderes Thema. Thorgest war wohl einmal in Merya gewesen. Über die lokale Küche hatte er ihr allerdings nicht berichtet.
"Keine Ahnung, wie es heißt. Und sein Gemein ist wirklich furchtbar, aber es sind Garnelen, gekochtes Getreide und Gemüse. Hatte ich bisher beide Male und ich wurde nicht enttäuscht. Ähm, es ist scharf." Der letzte Punkt war ihr wohl zu spät eingefallen.
Giræsea verzog das Gesicht. "Nichts für mich."
"Er hat bestimmt etwas für dich. Die Menschen hier scheinen ihn ja auch zu mögen."
Der Stand - mehr eine kleine Hütte - befand sich in einer kleinen Durchgangsstraße, die zwei der Hauptwege auf dieser Ebene von Merun verband. Anders als all die Wohnungen und Läden, die wohl von Anfang an eingeplant waren, war diese nicht in den Stein eingelassen, sondern davor gebaut worden. Sie bestand aus Brettern, die nicht zusammenpassten, Vorhängen, die als Wände dienten und hier und da eine Metallplatte, die der Besitzer wohl tiefer aus der Unterstadt hatte, wo Holz seltener war. Ähnlich vielen anderen Gebäuden dieser Art hatte der Besitzer es wohl selbst errichtet.
Sie ragte recht weit in die Straße hinein und zusammen mit den Stehtischen wäre es wohl möglich, sie komplett zu blockieren, wenn es zu viele Gäste gab. Dies war momentan aber nicht der Fall; nur zwei Menschen standen davor und unterhielten sich, sowie ein Avius, der sich nicht sicher war, ob er wirklich essen wollte, was er bestellt hatte.
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Weltentod
FantasyDie Welt liegt im Sterben. Die Bäume verdorren, der Boden wird unfruchtbar und die Toten weigern sich, tot zu bleiben. Wie eine Krankheit breitet es sich vom Westen her aus. Aus dem Eisenwald heraus und über die zentralen Ebenen und die Flusslande. ...