Jahr 351 nach dem Götterkrieg, Spätsommer
Bay'Asin, Sandmeer
Giræsea gab den anderen beiden zu verstehen, zu warten. Sie trat an die Wache vor dem Tor heran. Mit einer Hand auf ihrer Brust verneigte sie sich. "Em a fár." Die Wache erwiderte den Gruß. "Gruß der Asinám ayma'Eren Athera und ihrer Mutter. ayma'Iymer Giræsea und zwei ihrer Vertrauten erbitten Einlass in ihr Haus und ein Gespräch."
Beschissene Formalität. Am liebsten wäre sie einfach durch die Tür marschiert - hätte sie vielleicht aufgetreten - wäre zu Athera gegangen und hätte ihr gesagt, was Sache ist. Vielleicht hätte es in einer kleinen Schlägerei geendet, aber sie hätte ihr zuhören müssen. Oh, sie hätte ihr gern einen Schlag verpasst. Und sie war sich sicher, das basierte auf Gegenseitigkeit. Aber das Haus der Asinám war kein Schankhaus und es gab ein Spiel zu spielen.
Und dann warteten sie. Unter einer Sonne, die selbst zu dieser Jahreszeit und so weit im Osten des Sandmeeres unerbittlich auf sie herunter brannte. Man brachte ihnen Wasser und teilte ihnen mit, dass die Asinám mit ihnen sprechen würde, sie sich aber noch gedulden müssten. Giræsea bedankte sich für die Großzügigkeit, wie es von ihr erwartet wurde, auch wenn sie schon eine unhöfliche Zeit auf diese Antwort gewartet hatte. Doch sie hatte in dieser Lage keine Macht. Sie konnte nur hoffen, dass Athera sie anhören würde.
Iora und Thorgest hielten spontan eine Lehrstunde in Medizin, während Giræsea vor ihnen auf und ab ging. Natürlich würde Athera ihre Macht ausnutzen. Würde es sie spüren lassen. Schlange. Die Traditionen des Hofes waren ein Spiel, doch was sie mit ihr machte, ging darüber hinaus. Sie wollte sie reizen. Demütigen. Doch das würde nicht passieren. Sie war ayma. Sie würde sich so verhalten.
Als die Sonne begann, hinter dem Ithkerem zu verschwinden, kam erneut jemand, um ihnen mitzuteilen, dass die Asinám um Entschuldigung bat, jedoch an diesem Tag leider keine Zeit mehr für sie hatte und sie es am nächsten noch einmal versuchen sollten. Giræsea war stinksauer, doch was sollte sie tun? Sie dankte, verneigte sich und ging dann die Stufen hinab. Iora und Thorgest verstanden und folgten ihr.
"Also wird es heute nichts mehr", stellte Thorgest fest.
"Es wird heute nichts mehr. Und wenn sie ein Arschloch ist, wird es auch morgen nichts, aber sie wird erwarten, dass ich da bin", erwiderte Giræsea bitter.
"Dann versuchen wir es morgen nochmal. Und bis dahin erzählst du mir, was passiert ist", meinte Iora. "Es muss ja mehr als ein kleiner Streit gewesen sein."
Giræsea stöhnte. "Etwas zu essen. Etwas zu trinken. Dann können wir reden."
Sie fanden beides. Ein älterer Herr, der nur schlecht Ureikesh sprach, lud sie zu sich nach Hause ein. Giræsea hatte ihn nur nach dem Weg gefragt und er hatte sofort darauf bestanden, dass sie mit zu ihm kommen sollten. Er würde für sie kochen. Er war überaus stolz auf seine Kochkünste. Giræsea wurde praktisch von ihm überrannt und konnte nicht anders, als ihm zu folgen. Sie bedankte sich tausendfach.
Sie hatten ihn in der Oberstadt getroffen und er hatte ihr versichert, dass es nicht weit war. Es war weit. Er führte sie den Weg zurück in die Unterstadt und weiter in einen der zerstörten Teile.
Auf dem Weg erzählte er viel. Hauptsächlich von seiner Familie. Hauptsächlich von seiner Tochter. Sie war ein... Pferd? Sie hatte sich wohl einem nomadischen Stamm angeschlossen und war eine angesehene Jägerin. Hatte dieser Mann je einen Nomadenstamm gesehen? Wahrscheinlich nicht. Giræsea widersprach ihm nicht. Er war stolz auf seine Tochter.
Dieser Mann textete Giræsea, Iora und Thorgest und gebrochenem Ureikesh zu und versprühte dabei so viel Lebensfreude - trotz der Trümmer um sie - dass Giræsea merkte, wie ein Teil ihrer schlechten Laune verschwand. Er grüßte die Leute, die sie auf der Straße trafen, ging noch einigen Einkäufen nach, bezahlte nie - vermutlich gab es Abmachungen, aber Giræsea verstand kein Amaar - und drückte die Körbe einfach Thorgest order Giræsea in die Hände, um sie für ihn zu tragen. Er tat es mit einer Selbstverständlichkeit und sprach dabei einfach weiter.
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Weltentod
FantasyDie Welt liegt im Sterben. Die Bäume verdorren, der Boden wird unfruchtbar und die Toten weigern sich, tot zu bleiben. Wie eine Krankheit breitet es sich vom Westen her aus. Aus dem Eisenwald heraus und über die zentralen Ebenen und die Flusslande. ...