LXXXV - Unerwartete Freunde

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Jahr 351 nach dem Götterkrieg, Spätsommer

Bay'Asin, Sandmeer


Der Tag verlief recht ereignislos. Sie erledigten die Einkäufe und brachten alles zurück zu Femerán. Er hatte für sie gekocht und ihnen etwas Tratsch aus Bay'Asin erzählt. Danach hatten sie beratschlagt, wie sie weiter vorgehen wollten. Thorgests erste Idee war, noch weiter nach Westen zu ziehen, diese wurde allerdings schnell verworfen, als Giræsea ihm erzählte, was sie geträumt hatte. Sie waren sich einig, dass sie die Stadt nicht alleine stehen lassen konnten. Die erste Entscheidung war also, dass sie hier bleiben würden und überstehen, was auch immer da kam.

Da Athera mit ihnen wenig zu tun haben wollte, ließ ihnen das allerdings wenig Handlungsspielraum. Das beste, was Giræsea einfiel, war zu prüfen, wie es um die Stadt stand. Die Lage an den Mauern, wie die Wachen postiert waren, sofern es welche gab und wie es um deren Bewaffnung stand. Giræsea sollte Auge und Hand der Nachtmutter sein, also würde sie beobachten und in Erfahrung bringen, was sie konnte.

Femerán hielt sich aus der Unterhaltung heraus, hörte ihnen allerdings zu. Sie machten sich keine Mühe, etwas vor ihm zu verbergen. Falls er Gemein verstand, konnte er ruhig mithören. Es betraf ihn, wie jeden von ihnen.

Sie entschieden sich, diesen Nachmittag die Tore zu besehen und abzuschätzen, wie es um Reparaturen stand. Giræsea fragte ihren Gastgeber direkt, welche sie priorisieren sollten, da er die Lage vermutlich schon recht gut kannte. Er empfahl ihnen das östliche Tor, durch das sie auch bereits angereist waren. Es war beim letzten Ansturm am härtesten getroffen worden und hatte nachgegeben. Die anderen waren vielleicht nicht im besten Zustand, so meinte er, doch zumindest standen sie noch.

Der Weg hin zum Osttor stimmte Giræsea weit weniger hoffnungsvoll als der Weg von dort in die Stadt hinein. Sie wusste, dass es die gleichen Trümmer und Ruinen waren. Die gleichen gegen die Sonne gespannten Planen, wo kein Dach mehr war. Die gleichen Zelte. Doch war ihre Perspektive eine andere. Auf dem Weg in die Stadt hatte sie im Hintergrund stets die hohe Mauer der Oberstadt gesehen. Häuser, die noch standen, weil der Feind nicht so weit vorgedrungen war. Je weiter sie kamen, umso mehr hatte die Verwüstung abgenommen. War sie entsetzt gewesen vom ersten Anblick, so hatte sie das Gefühl, dass es nicht so schlimm gewesen war.

Jetzt gab es hinter der Verwüstung nichts. Keine schützende Mauer. Kein Tor, das dem Fein standhielt. Keine Häuser, die davon zeugten, dass Bay'Asin triumphiert hatte. Hinter den Trümmern waren nur mehr Trümmer. Hinter den Ruinen nur mehr Ruinen. Und dahinter ein Tor ohne Flügel; Palisaden, in die klaffende Lücken gerissen wurden. Und dahinter? Nichts als der mitleidlose Sand ihrer Heimat.

Und dennoch haben sie triumphiert.

Iirinye hatte recht und Giræsea wusste es. Orks hatten viele Jahrtausende dem Sandmeer getrotzt. Sie kannten ihre Heimat. Kein Feind würde sie von hier vertreiben. Es war ein netter Gedanke. Für Bay'Asin mochte er sogar stimmen. Und dennoch machte sie sich Sorgen, wie es anderen dort draußen ergangen war. Wurden sie bei Nacht überrascht? In ihren Zelten gefressen? Haben sie sich wieder erhoben? Oder konnten sich die kleinen Familien dort draußen verteidigen oder dem Feind entfliehen? Auf wessen Seite stand das Sandmeer? Hatte es seine Kinder verteidigt und die Wiedergänger geschwächt? Diese hirnlosen Bestien zerrieben und verbrannt? Wenn Varnith ihre Kinder liebte, wäre es so.

Giræsea verneigte sich zum Gruß und der Mann vor ihr tat es ihr gleich. "Tæán?" Der Mann nickte. "Femerán meinte, Ihr könntet uns weiterhelfen."

"Das hängt ganz davon ab, womit ihr Hilfe braucht." Er winkte ihnen, ihm in den Schatten zu folgen.

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