Jahr 351 nach dem Götterkrieg, Frühjahr
Merun, Hauptstadt des Kaiserreiches
Er schritt den langen Gang zurück in die Dunkelheit, das Geschrei der Menge noch immer in seinen Ohren. Taranis kam ihm entgegen. "Wie ist es da oben gelaufen, Bruder?"
Er konnte dem Felin nicht in die Augen sehen, verwehrte sich den Komfort, seine Gefühle zu zeigen. Sie würden nachher darüber sprechen. Jetzt war nicht der Moment. Ihm war nicht danach.
"Was meinst du, wie es gelaufen ist? Ich stehe hier, oder?" Er drückte sich an Taranis vorbei. Wollte von der Dunkelheit hier unten gefressen werden. Einzig die wenigen Fackeln an den Wänden verhinderten es.
Der Felin hielt ihn mit einer Hand auf der Schulter fest. Er drehte sich um.
"Es tut mir leid. Es tut mir so unglaublich leid. Ich hätte für dich da raus gehen sollen."
Er schob die Hand von seiner Schulter. "Dann hätten sie dich danach sofort umgebracht. Sie wollten sehen, wie ich es tue und das haben sie bekommen."
"Trygg... Du weißt, dass es nicht deine Schuld ist, oder? Illiel wäre heute so oder so gestorben. Sie werden einen nach dem anderen von uns umbringen. Hetzen uns gegeneinander, bis niemand mehr übrig ist."
"Du sollst mich nicht mehr so nennen. Und ich will nichts von dieser Scheiße hören. Weißt du, was da draußen passiert ist? Soll ich es dir erzählen? Illiel hat sich geweigert, zu kämpfen. Hat deren Schwert in den Sand geworfen. Ist mit offenen Armen dagestanden und hat geweint. Dey wusste, dass es vorbei war. Nichts. Kein Kampf. Ich hab dey angeschrien. Nimm das Schwert! Kämpfe! Ich will das so nicht.
Taranis, hast du das jemals mitgemacht? Jemand, den du umbringen sollst..." Eine Träne lief über seine Wange.
"Stell dir vor, die Person, die du über alles liebst... Dein Licht in dieser tiefsten der Höllen... Du sollst sie umbringen zur Belustigung der Monster dort auf den Tribünen. Und dann währt dey sich nicht. Geht einen Schritt nach dem anderen auf dich zu... Ich konnte nichts tun."
Taranis nahm den Zwerg in den Arm.
"Wir machen weiter. Sie können uns nicht brechen. Sie können uns nichts schlimmeres mehr antun. Wir sind schon in der Hölle."
Auf dem Weg zu den Quartieren sprach er mit niemandem. Die meisten waren höflich genug, ihn nicht anzusprechen. Bei den wenigen anderen schritt Taranis ein.
Es war so still auf dem Weg zurück. Ocatavianus Gehabe fehlte. Er hatte sich sonst immer darüber ausgelassen, wie einfach sein Kampf gewesen war. Gestern hatten sie ihn geholt und er war nicht zurückgekehrt. Es wäre vermutlich sein Wunsch gewesen, so abzutreten. Anders als der Rest von ihnen, hatte er es sich erarbeitet, in der Arena zu kämpfen und war nicht dazu verurteilt.
Einige der Neuen sahen neugierig zu ihm herüber, als er vorbei ging. Der eine, der etwas sagen wollte, kam nicht weit.
Später am Abend brachte ihm Ágastas die Schüssel mit seinem Essen. "Ich hab es gehört. Es tut mir leid." Mehr sagte er nicht. Ein Deserteur des Heeres, wie auch er selbst. Er nahm es allerdings deutlich besser. "Sie haben mich erwischt. Ich habe damit gerechnet", hatte er einmal gesagt.
In dieser Nacht weinte er um Illiel. Am nächsten Tag stand er vielleicht schon wieder in der Arena, dann war es zu spät.
Am Morgen verkündeten zwei Wachen, wer an diesem Tag gegeneinander antreten würde. Es traf Bríd Mhic Con Coille und Órlaith Nic Uighlilin. Beides ebenfalls Deserteure und aus dem letzten Schwung der Neuankömmlinge, wie er vermutete, da er mit den Namen keine Gesichter verband.
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Weltentod
פנטזיהDie Welt liegt im Sterben. Die Bäume verdorren, der Boden wird unfruchtbar und die Toten weigern sich, tot zu bleiben. Wie eine Krankheit breitet es sich vom Westen her aus. Aus dem Eisenwald heraus und über die zentralen Ebenen und die Flusslande. ...