Kapitel 4

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Leona

Ich werde durch die durchs Fenster scheinenden Sonnenstrahlen wach. Gerade als ich die Augen öffne, kommt Jack fertig angezogen aus dem Badezimmer. Seine blonden und leicht welligen Haare sind noch nass, was zeigt, dass er duschen war. „Guten Morgen.", sage ich, was er bloß mit einem Nicken beantwortet.  Vielleicht ist er ja kein Morgenmensch.

Ich stehe auf, wobei Jacks Blick einmal über meinen Körper fährt. Ich schäme mich nicht, es ist schließlich nicht das erste mal, dass ein Mann mich in Unterwäsche sieht. Ich gehe ins Badezimmer, wo ich mir erstmal die Zähne putze und danach duschen gehe.

Wir müssen dringend Geld verdienen. Ich halte es keinen Tag länger in meiner Kleidung aus und Jack sicher auch nicht. Wir tragen sie nicht nur schon eine Weile, sondern sind auch komplett overdressed und unpraktisch gekleidet.

Wenn ich daran denke, dass ich nur mein Kleid und meine High Heels habe, möchte ich sie am liebsten garnicht erst anziehen. Doch ich habe ja leider keine andere Wahl.

Mit meinen Händen fahre ich mir durch meine kupferfarbenen Haare, bis sie einigermaßen ordentlich und gekämmt aussehen. Währenddessen kommt mir auch schon eine Idee. Bekleidet verlasse ich das Bad.

„Lass uns raus auf die Straße gehen und etwas vorführen." Jack schaut mich zuerst verwirrt an. „Wir brauchen Geld, also versuchen wir es einfach mit Straßenmusik zu verdienen.", führe ich meine Idee weiter aus. Jack schaut mich nicht gerade begeistert an. Ich muss zugeben, dass ich auch nicht sonderlich begeistert bin. Doch das ist nunmal das erste was mir eingefallen ist und was könnten wir schon besseres machen.

Vielleicht wieder abwaschen, aber das bringt uns nur eine weitere Nacht in diesem Zimmer. Obwohl wir das vielleicht wirklich in Erwägung ziehen und nochmal nachfragen sollten. Auf der Straße möchte ich schließlich auch nicht schlafen. „Hast du keine bessere Idee?" Spöttisch und mit hochgezogenen Augenbrauen schaue ich Jack an. „Du etwa?"

So ist es dazu gekommen, dass wir nun in eine kleine Stadt gelaufen sind. Diese war tatsächlich garnicht soweit vom Dorf entfernt, wo wir bis vorhin waren. Es war nur eine Stunde Fußweg und das Wetter ist auch angenehm. Nicht zu warm aber auch nicht kalt und um Welten besser als gestern. Zumindest für welche wie uns, die nicht hier sind um Urlaub zu machen.

Jetzt stehen wir hier und singen ein Lied nach dem anderen. Es hat zwar etwas gedauert Jack dazu zu bringen, doch er hat irgendwann eingewilligt. Und ich muss sagen, dass wir garnicht so schlecht sind. Das Geld sammeln wir in einem Leeren Eisbecher, welchen wir von einer Eisdiele geschenkt bekommen haben.

Mittlerweile sind wir schon bei 7 Euro und 50 Cent. Bei weitem noch nicht genug, aber ein Anfang. Es muss verwirrend für die Menschen sein, dass wir die teuersten Designer Klamotten tragen und um Geld betteln.

Und damit komme ich auf eine grandiose Idee, wo ich mich frage, wie wir da nicht früher drauf kommen konnten. „Warum verkaufen oder tauschen wir unsere Kleidung nicht einfach ein? Die sind schließlich so einiges Wert." Alleine meine Designer Schuhe sollten uns einiges einbringen. „Du hast recht, lass uns einen Laden suchen gehen.", sagt Jack begeistert.

Der Laden war die reinste Abzocke und verarsche. Zuerst hat uns die Verkäuferin kaum verstanden, weil sie nur Spanisch konnte und kaum Englisch. Am Ende durften wir ein paar neue Kleidungsstücke gegen unsere alten eintauschen und dazu haben wir 150 Euro bekommen.

Ich dachte erst sie würde Witze machen, denn das ist ja wohl der reinste Witz. Ich habe ihr versucht zu erklären, dass meine Schuhe 700 Dollar gekostet haben. Doch sie hat kein Wort verstanden und von Marken schien sie wohl auch keine große Ahnung zu haben.

Dafür habe ich jetzt neue Sneaker, während Jack seine Schuhe behalten hat. Es ist zwar schade um meine schönen High Heels, aber die Sneaker sind um Welten bequemer.

Wir durften uns jeweils mehrere Kleidungsstücke aussuchen, sowie einen Rucksack, um alles darin zu verstauen. Das können wir aufjedenfall sehr gut gebrauchen. Nun tragen Jack und ich beide eine einfache Jeans und ein einfaches T-Shirt.

Insgesamt liegt unser Budget nun bei 157,50 Euro. Natürlich gehen wir uns davon erstmal etwas zu essen besorgen und setzten uns in ein kleines Restaurant. Wir beide bestellen uns jeweils ein Wasser und eine Pizza.

Ich habe eine Frage, die mich wirklich interessiert. „Wie haben sie dich eigentlich gefangen?" Jack schaut überrascht zu mir, da er mit dieser Frage nicht gerechnet hat, während ich ihn interessiert anschaue. „Ich erinnere mich nur noch daran, dass ich beim Ausgang von zwei Personen gefangen und festgehalten wurde. Ich glaube sie haben mir etwas gespritzt, danach war mein Bewusstsein weg. Und wie konnten sie dich fangen?" Auch ich erzähle ihm meine Geschichte. Verstehend nickt er, als auch unser Essen gebracht wird.

Und plötzlich kommt mir ein Gedanke, den wir die ganze Zeit ausgeblendet haben. „Denkst du Antonio sucht uns?" Wie können wir so leichtsinnig sein und durch die Straßen Spaniens spazieren, wenn wir wahrscheinlich von ihm gesucht werden. Das ist viel zu gefährlich, sowas dürfen wir nicht vergessen. „Ich denke schon, aber vom Verstecken kommen wir auch nicht wieder nachhause." „Da hast du auch recht, aber wir müssen vorsichtiger sein." „Ja das sollten wir. ich denke wir sollten auch nicht zurück in das kleine Dorf, wo wir die letzte Nacht verbracht haben. Es war schließlich der am nächsten liegende Ort am Wald." Da er recht hat nicke ich. Dann müssen wir uns wohl eine neue Unterkunft suchen.

„Und wo wollen wir dann die Nacht verbringen?" „Vielleicht finden wir eine günstige Unterkunft. Einbisschen Geld haben wir ja, nur nicht viel. Wir müssen uns irgendwie mehr dazu verdienen, aber vielleicht nicht unbedingt mit singen. Das reicht ohnehin nicht aus."

Mir kommt eine sehr riskante Idee. „Wie wäre es wenn wir es mit Glücksspielen versuchen?" Jack schaut mich nur skeptisch an. „Ich weiß nicht so recht. Das ist ziemlich riskant. Nicht dass wir am Ende wieder komplett Geldlos dastehen."

Er hat recht, es ist sehr riskant. Aber was bleibt uns für eine andere Wahl? Mit Straßenmusik verdient man wirklich nicht annähernd genug, wir beide sind schließlich nicht sehr talentiert. Wir können aber auch nicht einfach irgendwo anfangen zu arbeiten, wir haben nichtmal unsere Ausweise.

Dass wir gestern aushelfen und in der Pension schlafen konnten, war auch nur reines Glück. Doch so können wir nicht ewig weitermachen. „Wir müssen ja nicht alles an Geld setzen, was wir haben." „Dann lass es uns probieren.", stimmt Jack meinem Vorschlag zu.

Verloren in SpanienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt