Leona
Jack und ich haben jetzt ungefähr zwei Stunden damit verbracht, uns eine Comedyserie anzusehen. Wir haben zusammen gelacht, miteinander über die Charaktere und deren Handlungen diskutiert und einfach nur entspannt.
Dass wir dabei ziemlich dicht beieinander saßen, da die Couch ziemlich klein ist, habe ich so gut es geht ignoriert und ausgeblendet. Die Angst, dass jemand uns hier erwischen könnte, ist dabei ebenfalls in den Hintergrund gerückt.
Als wir Fernsehen geschaut haben, ist mir jedoch aufgefallen, dass wir die ganzen Tage, die wir hier sind, kein einziges Mal auf ein technisches Gerät geschaut haben. Natürlich weil wir nicht die Möglichkeit dazu hatten. Und ich habe es nichtmal wirklich bemerkt oder vermisst.
Ob das jetzt daran liegt, dass ich tatsächlich sehr gut ohne ein Handy und andere Geräte auskomme, oder dass ich es einfach vergessen hatte, weil wir in letzter Zeit definitiv besseres zu tun hatten, sei mal dahingestellt. Aber es war dann doch ganz schön, mal zur Abwechslung Fernsehen zu schauen.
Da ich langsam auch Hunger bekomme, begebe ich mich in die kleine aber schöne Küche, direkt neben dem Wohnzimmer. Ich suche die Schränke nach etwas Gutem zu essen ab. Weil ich nicht unbedingt Süßigkeiten essen möchte, versuche ich mein Glück beim Tiefkühlschrank. Und ich habe tatsächlich Glück. Der Kühlschrank war zwar leer, aber das Tiefkühlfach nicht. Eingefrorenes hält schließlich auch länger.
Oft habe ich noch nicht gekocht, denn dafür haben wir eigentlich Angestellte zuhause. Aber ich bin nicht komplett unfähig. Und mit der Anleitung auf der Rückseite des Fertiggerichtes, sollte ich es hinbekommen.
Auf der Tüte steht, dass es zwei Portionen sind. Also mache ich einfach die komplette Tüte. Jack hat zwar die ganze Zeit Cornflakes gegessen und die Packung müsste mindestens zur Hälfte aufgebraucht sein, aber ich bin mir sicher er möchte auch etwas richtiges Essen. Ich könnte ihn natürlich fragen, ob er auch etwas essen möchte, aber selbst wenn er nein sagt, würde er später sicher etwas wollen.
Also suche ich die Schränke noch nach Gläsern, Tellern, Besteck und einer Pfanne mit Kochlöffel oder so ab. Mit Kochutensilien auskennen, tue ich mich nicht so gut. Die Gläser fülle ich mit Wasser, denn das ist das einzige Trinkbare in diesem Häuschen. Und die Teller häufe ich mit dem Essen, was nach ein paar Minuten fertig ist.
„Ich dachte du möchtest bestimmt auch etwas Essen." Ich stelle den Teller vor Jack auf dem Couchtisch ab und lächle ihm dabei leicht zu. Ein Esszimmer oder einen Esstisch gibt es natürlich nicht, dazu ist es hier zu klein und eng. Jack sieht verblüfft von meiner Nettigkeit aus, aber bedankt sich natürlich.
Der Fernseher läuft immer noch und wir schauen weiter die Comedyserie, während wir essen. Ich weiß wirklich nicht, warum diese Serie Pausenlos im Fernsehen läuft, aber sie ist eigentlich ganz lustig und das einzige englische, was wir gefunden haben.
„Denkst du unsere Eltern haben mittlerweile einen Hinweis auf unseren Aufenthaltsort?" Es würde mich wirklich interessieren, wie weit meine Eltern schon bei der Suche nach mir sind und was sie tun. Ich zweifle nicht daran, dass sie nach mir suchen, denn ich weiß dass sie mich lieben. Dass sie es vielleicht nicht geschafft haben könnten, von dem Ball zu fliehen, ignoriere ich einfach. Ich bin mir sicher, dass sie es geschafft haben. Mindestens einer. Meine Familie ist immerhin nicht so unfähig wie ich.
Ich kann mir nicht erklären, wie ich so dumm sein konnte, den falschen Weg zu gehen. Und ich ärgere mich so unglaublich über mich selber, dass ich nicht mitbekommen habe, wie eine Person zu mir kam, um mich zu betäuben. Ich hätte kämpfen können, doch war zu unkonzentriert.
Meinen Eltern und Schwestern hingegen, würde das nicht passieren. Sie waren schon immer besser als ich. Jeder von ihnen. Aber ich finde das nicht schlimm, denn ich wollte nie so gut sein wie sie. Ich war auch schon immer diejenige, die sich am wenigsten für die Mafia interessiert hat. Zwar habe ich mich beteiligt, aber gegen ein normales Leben hätte ich auch nie etwas einzuwenden gehabt.
Jack wiegt den Kopf hin und her. „Ich weiß es nicht. Ich glaube nicht, dass unsere Familien irgendwelche Anhaltspunkte haben, wo sie überhaupt suchen sollen. Und ich bin mir sicher, dass sie nicht damit rechnen, uns hier in Spanien zu finden. Also werden sie sicherlich nicht damit begonnen haben, hier zu suchen. Außerdem sind wir ständig in Bewegung und bleiben nie an einem Ort.", antwortet Jack auf meine Frage.
Jetzt sieht er sogar bedrückt aus, nachdem diese Worte seinen Mund verlassen haben. Denn anscheinend hat auch er gerade realisiert, wie kompliziert das alles ist. Er hat ja recht mit dem, was er gesagt hat. Es ist viel zu schwer uns zu finden. Wahrscheinlich denken unsere Eltern, wir wären in der Nähe von New York, dabei sind wir so unfassbar weit entfernt.
Und dass wir ständig in Bewegung sind, macht es ihnen nur umso schwerer. Aber was sollen wir denn machen? An einem Ort zu bleiben ist genauso schlecht für uns. Wir wurden trotzdem schon einmal von Antonio gefunden, obwohl wir so viel herumgefahren sind. Dazu kommt das eine mal, wo wir fast erwischt wurden. Und das in nichtmal einer Woche.
„Das ist doch scheiße.", murmle ich deprimiert. „Ich glaube wir müssen wirklich irgendwie genug Geld für Flugtickets sammeln und alleine nachhause kommen.", spricht Jack unsere wahrscheinlich beste Möglichkeit aus.
„Wie wollen wir eigentlich Geld verdienen. Unseres wird immerhin auch immer weniger." Diese Frage ist mir schon vorhin im Kopf herumgeschwirrt.
Jack zuckt einmal mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Aber definitiv nicht wieder mit irgendeiner dämlichen Straßenshow." Bei dieser Antwort kann ich nur die Augen verdrehen.
„Ist ja gut. So schlimm war es nun auch nicht." Jack schaut mich ungläubig an. „Dann lass dir halt was besseres einfallen." Ich bemühe mich wirklich nicht zu zickig zu klingen.
„Lass uns morgen früh darüber nachdenken. Die Sonne ist schon untergegangen." Jack gähnt einmal bevor er fortfährt. „Du kannst das Bett haben. Ich schlafe diese Nacht hier auf der Couch."
Ich nicke. „Danke.", ist das einzige was ich noch sage, bevor ich ins Badezimmer gehe und anschließend in das kleine Schlafzimmer.
DU LIEST GERADE
Verloren in Spanien
RomanceWie jedes Jahr befindet sich Leona auf einem Ball, organisiert für sämtliche Mafias aus allen Ländern. Womit sie nicht gerechnet hätte ist, dass dieser Angegriffen wird und sie auch noch zum Opfer wird. Noch weniger rechnet sie damit, von New York n...