Kapitel 10

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Leona

Es hat sich herausgestellt, dass in dem Wald ein Campingplatz ist. Zum Glück. Denn ich war kurz davor Jack anzuschreien und ihm die Schuld dafür zu geben, dass wir hier sind.

Er ist auch schuld daran, dass wir hier sind. Aber dadurch dass hier ein Campingplatz ist, ist es nicht so schlimm.

Im Gegenteil, es ist sogar ziemlich gut. Man kann nämlich Zelte, zu einem sehr günstigen Preis buchen. Dazu sind hier Bäder, duschen, ein See und ein kleiner Laden. Und es ist weitaus günstiger als ein Hotel.

Das einzige Problem ist, ist dass das Geld immer weniger wird und wir langsam mal wieder welches verdienen müssen. Für diese eine Nacht reicht es aufjedenfall und auch für ein paar mehr würde es reichen.

An sich also perfekt für uns und besser als ein Hotel. Wir müssen morgen allerdings weiterziehen und ich weiß nicht, ob wir danach nochmal hierher können, oder wieder wo anders landen.

Ich muss sagen, dass ich noch nie so viel, innerhalb so kurzer Zeit herumgereist bin. Wir befinden uns ständig an einem anderen Ort. Es ist anstrengend, aber auch spannend.

Wir hatten ziemlich Glück, so spontan hier einen Platz zu bekommen. Normalerweise muss man vorher buchen. Aber anscheinend stand das Glück auf unserer Seite.

In den Zelten liegen auch Matratzen, nur Decken und Kissen haben wir nicht. Ich hoffe es wird nicht zu kalt in der Nacht, aber in der Scheune haben wir es auch ausgehalten. Und das hier ist besser als nichts. Trotzdem verspüre ich eine Sehnsucht nach meinem Bett zuhause.

Zuhause... ob meine Eltern und Schwestern wohl oft an mich denken? Suchen sie mich? Wenn ja, haben sie schon Hinweise auf meinen Aufenthaltsort? Vermissen sie mich? Wie geht es ihnen? Ich habe so viele Fragen, kann sie mir aber nicht beantworten. Schnell schüttle ich diese Gedanken von mir ab. Ich will nicht wieder weinen müssen.

Als Jack und ich bei unseren Zelt für diese Nacht ankommen, stellen wir zuallererst unsere Rucksäcke ab. Diese tragen wir schließlich die ganze Zeit mit uns herum und langsam wird das ziemlich anstrengend. Ich glaube Jack macht das eher weniger aus, aber ich bin froh als das Gewicht von meinem Rücken gleitet.

Als ich das erledigt habe, suche ich die Toiletten auf. Zu unserem Glück gibt es hier sogar wenige Waschmaschinen, weshalb wir unserer Wäsche waschen können. Was wir dann auch machen.

„Was glaubst du, wie weit wir von dem Ort, an welchem Antonio uns gefangen gehalten hat weg sind?", frage ich, während ich das Waschpulver in die Waschmaschine tue. Das ist wohlgemerkt das erste mal, dass ich selber Wäsche wasche.

„Keine Ahnung, aber ich finde wir haben schon einen weiten Weg hinter uns. Und ich denke hier kann er uns nicht so schnell finden. Vielleicht hat er es sogar längst aufgegeben.", antwortet Jack. Das wäre natürlich gut, aber ist eher unwahrscheinlich.

Ich stelle nur noch die Waschmaschine an und schon läuft sie. Zufrieden lächele ich.

Danach gehen wir uns in dem kleinen Laden etwas zu essen kaufen.

Als es abends wird und die Sonne untergeht, gehen Jack und ich zusammen an den See. Wir haben uns entschieden immer zusammen zu bleiben, nur für den Notfall. Antonio und seine Männer könnten schließlich zu jeder Zeit bei uns auftauchen.

Zusammen setzen wir uns in den Sand. Wir sind die einzigen hier am Strand. Es ist immer noch relativ warm.

„Lass uns ein Spiel spielen.", schlage ich vor. „Nein." Das war ja klar, aber davon lasse ich mich natürlich nicht beirren. „Wir lassen Steine über das Wasser hüpfen und der, dessen Stein weiter kommt, darf eine Frage stellen.", erkläre ich das Spiel.

Ich möchte Jack besser kennenlernen, weshalb ich das vorgeschlagen habe. „Das ist kindisch.", meint Jack. „Nein ist es nicht.", sage ich leicht genervt. Ich drücke Jack einen Stein in die Hand. „Los.", meine ich auffordern.

Mein Stein hüpft drei mal über das Wasser und hinterlässt Aufschlagspuren. Zufrieden lächele ich. Dann schaue ich Jack dabei zu, wie er den Stein einfach nur ins Wasser wirft und er direkt versinkt.

Auch wenn er das mit Absicht gemacht hat, hält mich das nicht davon ab, dieses Spiel fortzuführen. Dann darf ich wohl als erstes eine Frage stellen.

„Alsooo...", ziehe ich das Wort in die Länge, während ich überlege, was ich ihn Fragen könnte. „Wo möchtest du gerne mal hinreisen?"

„Das ist aber wirklich eine langweilige Frage." „Beantworte sie doch einfach." Er soll aufhören so abweisend zu sein.

Schließlich antwortet er doch. „Ich war noch nie auf Hawaii, ich denke dort würde ich mal gerne hin." „Ich war schonmal auf Hawaii, ist echt schön dort. Wo warst du denn schon überall?", frage ich Interessiert.

„Du hast deine Frage schon gestellt, du darfst nicht noch eine stellen.", meint Jack. Stimmt ja. Ich drücke Jack noch einen Stein in die Hand und wir werfen. Diesmal gibt er sich sogar Mühe und ist besser als ich.

„Hmm.." Er überlegt. „Was ist deine Lieblingsfarbe?" Mit hochgezogenen Augenbrauen schaue ich ihn an. „Und du meintest meine Frage wäre langweilig." Ich muss nicht lange nachdenken.

„Meine Lieblingsfarben waren schon immer blau und grün." Seit ich denken kann, sind dies meine Lieblingsfarben. Hauptsächlich weil ich finde, dass diese Farben besonders gut zu meiner roten Haarfarbe passen. Meine Augen sind sogar grün.

Nachdenklich schaut Jack mich an, ehe er etwas sagt. „Ich hätte gelb geraten."  Das hat noch nie jemand zu mir gesagt, aber mich interessiert wirklich, warum er das denkt. „Warum?"

„Ich finde die Farbe passt irgendwie zu dir. Wenn ich am gelb denke, denke ich am Fröhlichkeit. Du strahlst so etwas aus." Zum Ende hin, wird er immer leiser.

Jack sieht ein wenig geschockt darüber aus, was er gesagt hat. Ich bin auch sehr überrascht, denn damit hätte ich niemals gerechnet. Aber ich finde es schön. Ich freue mich wenn ich Fröhlichkeit ausstrahle, das ist für mich ein großes Kompliment.

Diesmal nimmt Jack von selbst einen Stein in die Hand. Ich tue es ihm nach. Gleichzeitig werfen wir sie und gleichzeitig gehen sie unter. Wir werfen nochmal, wobei ich diesmal wieder gewinne.

Ich denke kurz nach. Dann frage ich: „Was bereust du am meisten in deinem Leben?" Und mit dieser Frage versteinert Jack sich.

Verloren in SpanienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt