Kapitel 7

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Jack

Leona und ich sitzen uns in diesem Restaurant gegenüber. Obwohl wir schon fertig mit dem Essen sind, sind wir sitzen geblieben. Wir wissen schließlich nicht, wo wir hin sollten.

Manchmal werfe ich einen Blick zu ihr, doch sie bekommt es nicht mit. Sie sieht nachdenklich aus. Die ganze Zeit über sieht sie auf den Fluss, welcher neben dem Restaurant fließt.

Ab und zu, wenn der Wind weht, fliegen ihre langen kupferfarbenen Haare in ihr Gesicht, doch sie bemerkt es nicht. Ihre Augenbrauen sind leicht zusammengezogen und ich würde nur zu gerne wissen, wo sie die ganze Zeit mit ihren Gedanken ist.

„An was denkst du?", frage ich also gerade heraus. Leicht erschrocken schaut sie mich an, sie wahr anscheinend sehr vertieft in ihren Gedanken. Sie blinzelt zweimal, ehe sie mit antwortet.

„Vermisst du deine Familie nicht? Machst du dir keine Gedanken, ob sie es sicher aus dem Gebäude geschafft haben?" Ich weiß zuerst nicht, was ich sagen soll. Wie kommt sie denn jetzt darauf? Ist es das, worüber sie die ganze Zeit nachgedacht hat?

Natürlich habe ich in den letzten Tagen an meine Familie gedacht. Und natürlich auch daran was mit ihnen passiert ist. Und es macht mich beinahe wahnsinnig es nicht zu wissen. Doch genau aus diesem Grund, habe ich es versucht so gut es geht zu verdrängen.

Anders als Leona, habe ich allerdings keine Gefühle gezeigt. Ich habe schon mitbekommen, wie sie andauernd über ihre Familie nachdenkt und, dass es sie mitnimmt. Was auch selbstverständlich ist.

Auch wenn es für sie vielleicht nicht so rüber kommt, nimmt die ganze Situation auch mich mit. Aber ich kann es gut verstecken. Zudem versuche ich so optimistisch zu sein, wie es mir möglich ist. Ich habe die Hoffnung, dass wir wieder nachhause kommen, noch längst nicht aufgegeben.

„Natürlich hoffe ich, dass es ihnen gut geht. Aber es würde mir nichts bringen, mich in diese Sorge reinzusteigern. Und vermissen, finde ich ist ein zu starkes Wort. Wir sind gerade mal seit wenigen Tagen von zuhause weg.", antworte ich auf ihre Frage.

Ich bin recht überzeugt, dass es ihnen gut geht. Es muss ihnen einfach gelungen sein zu fliehen. Sie sind schon seit so vielen Jahren in der Mafia und das war nicht der erste Angriff, welchen sie miterlebt haben. Gut, ich habe es nicht geschafft zu fliehen, aber ich denke Leona und ich sind auch ein Ausnahmefall.

Andernfalls wären wir bestimmt mit mehr Leuten bei Antonio aufgewacht. Vielleicht waren wir sogar seine einzigen geplanten Opfer, schließlich wollte er Informationen über unsere Eltern. Doch warum hat er dann einen ganzen Ball angegriffen, oder angreifen lassen? Und warum entführt er uns direkt nach Spanien?

Es gibt einige Sachen, welche ich mir nicht erklären kann und die ich wahrscheinlich nur durch Antonio Grusso erfahren würde. Doch lieber bleibe ich unwissend, als von ihm gefunden zu werden. Manchmal ist es besser, nicht alles zu hinterfragen und im Dunkeln zu tappen.

Wichtig ist nur, dass wir von hier wegkommen. Doch auch da, habe ich keine Ahnung, wie wir das schaffen sollen. Ich bin mir bewusst, dass es Wege gibt, doch es erwiest sich als ziemlich schwierig.

Das größte Problem bei dieser Sache ist es Geld zu verdienen. Hätten wir genug, könnten wir uns sofort Flugtickets nach Amerika kaufen. Aber wie sollen wir so viel Geld zusammenbekommen, wenn wir uns nebenbei versorgen müssen und nicht auf der Straße schlafen wollen?

Das übernachten in der Scheune, letzte Nacht, war der größte Reinfall. Bei Leonas tollen Idee, etwas auf der Straße zu singen, haben wir uns nicht nur zu Vollidioten gemacht, sondern auch so gut wie nichts verdient. Unsere Kleidung zu verkaufen, hat uns auch weniger eingebracht als ich dachte, und mit Glücksspielen riskieren wir zu viel.

Die beste Möglichkeit wäre natürlich zu arbeiten. Doch es würde wahrscheinlich dauern erstmal einen Job zu finden. Dazu haben wir keine Ausweise oder sonstiges und ich denke, das würde die Auswahl an Jobangeboten um einiges beschränken. Ich glaube nicht, dass wir einfach so überall arbeiten können.

Zudem stellt sich natürlich auch die Frage, wie schlau es wäre, zu arbeiten. Die Wahrscheinlichkeit dabei von Antonio gefunden zu werden, ist nicht unbedingt gering. Wir sollten uns nicht zu lange an einem Ort aufhalten, was bedeutet wir könnten nur Tagweise arbeiten. Da würde uns doch wahrscheinlich sowieso niemand nehmen.

Irgendeinen Weg werden wir schon finden, denn das müssen wir. Ich hoffe nur, wir müssen keine Ewigkeit mehr hierbleiben.

Verloren in SpanienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt