Kapitel 31

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Jack

Ich hätte niemals gedacht, dass ich mich jemals so sehr freuen würde wieder zuhause bei meiner Familie zu sein. Ich war nichtmal lange weg und doch fühlt es sich an, als wäre es eine Ewigkeit gewesen, als ich durch die Tür direkt ins Foyer laufe. Dabei war ich schon öfter über wesentlich längere Zeitspannen nicht hier. Doch wenn man unfreiwillig von seinem Zuhause getrennt wird, ist es nochmal eine ganz andere Sache. Das durfte ich nun am eigenen Leib erfahren.

Vollkommen überrumpelt werde ich von meinem ein Jahr jüngeren Bruder Liam, welcher auf mich zugestürmt kommt und mir in die Arme fällt. „Ein Glück bist du wieder da.", seufzt er erleichtert, ehe er sich von mir löst und auf meine Schulter boxt. „Was machst du nur für eine Scheiße? Hast du das Kämpfen verlernt oder wie konnte das alles passieren?"

„Jetzt lass den Armen doch erstmal ankommen, er hatte sicher eine stressige Zeit.", kommt mein älterer Bruder Cole um die Ecke und umarmt mich ebenfalls. „Schön dass du wieder hier bist. Ich hab mir schon fast Sorgen um dich gemacht." Den zweiten Satz spricht er sarkastisch aus, doch trotzdem bin ich mir sicher, er hat sich um mich gesorgt. Er war immer der älteste Bruder und hat es als seine Aufgabe gesehen uns zu beschützen. Und er war immer der vernünftigste von uns dreien, welcher auf uns geachtet hat. Mein verschwinden kann niemals spurlos an ihm vorbeigegangen sein, ohne dass er sich auch nur einen Funken Sorgen macht. „Ich bin auch froh wieder hier zu sein."

„Jetzt erzähl uns was passiert ist.", fordert Liam ganz ungeduldig und schaut mich aus großen Augen abwartend an. „Später. Ich gehe mich erstmal etwas ausruhen, wenn es euch nichts ausmacht." Die Zeit in Spanien, sowie der lange Flug haben mir ziemlich zu schaffen gemacht, wie ich jetzt bemerke. Meine Augenlieder fühlen sich schwer an und ich bin ziemlich erschöpft. Soviel wie wir unterwegs waren ist das jedoch kein Wunder. „Und ich dachte wir kriegen jetzt voll die krasse Geschichte erzählt.", beschwert Liam sich weshalb Cole ihm auf den Hinterkopf schlägt. Darauf antworte ich nicht mehr und gehe stattdessen die Treppe hinauf.

In meinem Zimmer angekommen scanne ich es erstmal komplett ab, doch alles ist unverändert. Es ist nach wie vor komplett aufgeräumt und sauber. Obwohl es mich nicht gewundert hätte, wenn mein kleiner Bruder es grundlos verwüstet hätte. Denn ob man es glauben mag oder nicht, ist dies tatsächlich schon öfter vorgekommen. Früher, als wir noch kleiner waren, hat er das immer getan wenn er sauer auf mich war. Oder wenn ihm langweilig war und er mich ärgern wollte. Er hatte wirklich ziemlichen Spaß daran. Soviel spaß, dass sich das teilweise noch bis heute hinzieht, obwohl er mittlerweile 22 ist und ich 23. Zwar nichtmehr in solch einem Ausmaß, dass das Zimmer aussieht als wäre eine Bombe eingeschlagen, doch ein paar Klamotten und Bücher auf dem Boden bereiten ihm immer noch eine Freude. Er ist manchmal ziemlich bescheuert.

Aber mein Zimmer sieht immer noch so aus, wie ich es das letzte mal verlassen habe. Es wird umrahmt von hellgrauen Wänden, an welchen ein paar Bilder hängen. Gegenüber der Tür steht mein ordentlich gemachtes schwarzes Bett mit grauer Bettwäsche. Rechts und links ist jeweils ein Nachttisch. Links von der Tür steht eine Kommode, worüber meine liebsten Waffen hängen. Auf der Rechten Seite sind ein Schreibtisch und zwei Türen. Hinter der einen Tür ist ein Ankleidezimmer und hinter der anderen ein Badezimmer. Ansonsten findet man in meinem Zimmer noch wahllose Deko. Nicht viel, aber immerhin ein wenig, sodass es gemütlich aussieht.

Auf die Tür welche zum Ankleidezimmer führt steure ich zu und ziehe mir etwas gemütliches an. Bin ich froh meinen Kleiderschrank wieder zu haben. Die Kleidung welche ich die letzten Tage tragen musste war schon fast grausam. Zugegeben war es keine besonders schlechte Qualität, doch an meine teure Kleidung kommt sie nicht ansatzweise heran. Zum Glück hat die Kleidung der letzten Tage ausgereicht, doch wenn wir noch viel länger in Spanien hätten bleiben müssen, wüsste ich nicht wie das hätte funktionieren sollen. Wir hatten zwar eine gute Menge an Kleidung, doch nicht genug für mehrere Wochen.

Zufrieden lege ich mich in mein vertrautes und kuscheliges Bett, wo ich auch direkt einschlafe.

Als ich wieder aufwache ist es dunkel draußen und einzig der Mond scheint durch mein Fenster. Ich versuche wieder einzuschlafen und wälze mich im Bett hin und her, jedoch fühle ich mich komplett ausgeschlafen und wach, weshalb ich aus meinem Bett steige und wieder in mein Ankleidezimmer gehe, um mir Sportkleidung anzuziehen. Entweder habe ich so viele Stunden durchgeschlafen, dass ich jetzt hellwach bin, oder ich bin noch an die Zeit in Spanien gewohnt.

Die Zeit... Als wir in Spanien waren, wussten wir nie die Zeit oder den Tag. Doch jetzt habe ich endlich wieder die nötigen Mittel dazu. Ich habe mich schon so sehr daran gewöhnt kein Mobiles Gerät zu haben, dass mir bis jetzt kein einziges Mal in den Sinn gekommen ist nachzuschauen. Doch wo ist mein Handy? Ich hatte es auf dem Ball dabei, aber aus Versehen im Auto liegen gelassen. Nun kann ich mich glücklich darüber schätzen. Als ich überlege wo es sein könnte, schaue ich mich in meinem Zimmer um und erkenne es auf meinem Schreibtisch liegen. Meine Eltern müssen es dort hingelegt haben.

Mit schnellen Schritten gehe ich darauf zu und nehme das schwarze Gerät in die Hand, doch stelle fest dass der Akku logischerweise leer ist. Schnell schließe ich es ans Ladegerät und warte einige Minuten. Als es sich anschaltet kommen mir direkt verpasste Anrufe sowie Nachrichten entgegen. Diese werde ich später irgendwann durchgucken. Der Bildschirm zeigt mir an, dass es ein Donnerstag ist und wir 00:32 Uhr haben. Diese Information bringt mir im Moment zwar nicht viel, doch es ist ein schönes Gefühl wieder diese Privilegien nutzen zu können.

Jetzt tue ich das was ich vorhatte zu tun, bevor ich mich selber davon abgehalten habe. Nämlich Sport machen. Dazu laufe ich in unseren Trainingsraum, wo ich volle drei Stunden durchgehend Sport mache. Zuerst gehe ich aufs Laufband, danach an verschiedene Geräte und zuletzt trainiere ich mit Hanteln. Mein Training hat in den letzten Tagen ebenfalls gelitten, doch jetzt wendet sich alles wieder dem Alten zu.

Als ich fertig bin gehe ich in die Küche, um ein Glas Wasser zu trinken. Auf dem Weg begegne ich einem unserer Männer. Verwundert darüber was er um diese Uhrzeit hier macht, ziehe ich meine Augenbrauen zusammen. „Was machen sie um diese Uhrzeit hier?" „Ich habe ihrem Vater einige Akten gebracht, Sir." Ich nicke. „Kann ich sonst noch was für sie tun.", fragt er ganz höflich. Eigentlich wollte ich mich erst am Nachmittag darum kümmern, doch umso schneller umso besser. Also nicke ich einmal. Und Antworte.

„Finden sie bitte die Telefonnummer von Leona Welbourne heraus."

Verloren in SpanienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt