Zuhause angekommen, warf ich meine Tasche im Flur auf den Boden und ging in die Küche, um mir ein Glas Wein einzuschenken. Lance Tucker. Ich hatte wirklich geglaubt, diesen Mann nie wieder sehen zu müssen. Außerdem hatte ich schon ewig nicht mehr an ihn gedacht. Doch jetzt kreisten meine Gedanken um die Vergangenheit und um die Zeit die ich, teilweise gezwungenermaßen, mit ihm verbracht hatte.
Rückblick: 12 Jahre früher
"Kommt Lance heute wieder zur Nachhilfe. Emilia?" rief meine Mum aus der Küche in den Garten.
"Ja, warum?" Ich ging über die Wiese hin zum Fenster, hinter dem sie stand. Sie lächelte, während sie ein Glas abtrocknete: "Frag ihn doch, ob er zum Abendessen bleiben möchte. Dein Vater will grillen und die Nachbarn kommen auch. Wenn Lance bleibt, bist du nicht so alleine."
Ich sah sie irritiert an: "Seit wann stört es mich denn, alleine zu sein?"
"Ach Emilia. Du bist immer allein und Lance ist ein netter gutaussehender Junge. Ihr wärt ein süßes Paar," erklärte mir meine Mutter zum gefühlt zwanzigsten Mal.Ich seufzte: "Mum, selbst wenn ich deiner Meinung wäre... Lance hat gefühlt jede Woche eine andere Freundin. Also verabschiede dich lieber von solchen Gedanken."
Sie lachte: "Dein Vater war früher auch ein Draufgänger. Glaub mir, wenn die richtige dabei ist, wird er zahm."
"Das bin aber ganz sicher nicht ich, Mum." Ich verdrehte ein wenig genervt die Augen, doch sie sah mich nur amüsiert an: "Frag ihn bitte, Emilia."
"Ja, ist gut, ich frage ihn..." murmelte ich und ging wieder zu der Decke, auf der mein Buch lag.Lance gesellte sich eine Stunde später zu mir in den Garten. Tatsächlich hatte er den Text über E.T.A. Hoffmanns "Der goldene Topf", das Buch das wir gerade lesen mussten, dabei und las ihn mir vor.
"Anselmus und dem Erzähler gelingt es, sich aus der Welt des Mittelstands zu befreien und das Königreich der Wunder zu betreten. Konrektor Paulmann und Registrator Heerbrand gehören zur spießbürgerlichen Welt. Die explizite Erwähnung des Berufs deutet auf den bürgerlichen Hintergrund der Charaktere hin, doch werden sie nicht als feindselig dargestellt."
Er sah mich nach diesem Abschnitt seiner Analyse an und wartete auf eine Reaktion.
"Hast du das aus dem Internet?" grinste ich und er lachte: "Nein, das ist meinem gutaussehenden Köpfchen entsprungen." Er sah mich stolz an und ich nickte: "Ich glaube dir das mal."Mein Vater kam in den Garten und baute den Grill auf. "Hey Lance, hat Emilia dich schon gefragt?"
"Hi Mr. Winters. Was meinen sie?" Lance winkte meinem Vater und sah mich verwirrt an.
Ach ja. Da war ja etwas. "Mum meinte, ich soll dich fragen, ob du zum Abendessen bleibst. Dad grillt und ein paar Nachbarn kommen rüber. Aber du hast bestimmt besseres zu tun." Mir war völlig klar, dass er den Abend lieber mit seinen Freunden vom Sportverein verbringen würde.
Doch Lance sah mich lächelnd an: "Ich würde gern bleiben."
Vor Erstaunen starrte ich ihn nur mit offenem Mund an, so dass er nach einigen Sekunden hinzufügte: "Es sei denn, du hast etwas dagegen."
Ich fasste mich wieder: "Nein, ich... hätte nur gedacht, du verbringst den Abend lieber mit deinen Jungs."
"Du denkst zu viel," lachte er. "So und jetzt lese ich dir meinen Aufsatz zuende vor, damit wir das hinter uns haben."Tatsächlich hatte ich an seinem Text wenig auszusetzen. Er hatte sich wirklich darauf eingelassen, sich für die Literatur zu öffnen, seit ich ihm Nachhilfe gab. Es freute mich natürlich, jemanden für Bücher und Poesie begeistern zu können und ich war ein bisschen stolz auf mich.
Nach und nach trudelten unsere Nachbarn ein. Zwar hatten einige von ihnen Kinder, aber die waren alle um einiges jünger als wir. Somit blieb Lance der einzige Anwesende in meinem Alter.
Wir spielten mit den jüngeren Kindern Fangen im Garten bis es Essen gab. Lance tobte ausgelassen mit ihnen herum und sie waren begeistert von ihm - ebenso wie meine Mum.
"Er ist doch wirklich nett," sagte sie, als sie sich neben mich stellte und ich seufzte genervt: "Hör auf, Mum."
Doch sie dachte gar nicht daran. Sie rief die Kinder - und uns - zum Essen und als Lance zu uns kam, legte sie ihre Hand auf seine Schulter: "Du kommst doch bestimmt nächsten Samstag Nachmittag zu Emilias Geburtstag, oder?"
"MUM!?!" Am liebsten wäre ich in diesem Moment im Erdboden versunken. Ich blickte ihn entschuldigend an, doch er nickte und sah fragend zurück: "Wenn ich darf."
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Everytime we touch
Hayran KurguLance Tucker ist nicht nur sein Leben lang im Sport erfolgreich gewesen - auch bei Frauen war er immer gern gesehen. Natürlich nutzt er das bis heute. Er ist selbstverliebt und versteht nicht, was er teilweise anrichtet. Emilia Winters war ihr Leben...