Kapitel 20

6 4 0
                                    

Juliet Chester
by MusicalGirl200

Was?! Florian ging einfach so? Er ließ mich wirklich mir selbst überlassen? Mit großen Augen hatte ich ihn angesehen und war mit der Situation nur noch mehr überfordert. Alles in mir war so verwirrend. Ich wusste gar nicht, wo ich anfangen sollte Ordnung zu schaffen. Ich war erst wenige Minuten ein Vampir und meine Gefühle waren so intensiv wie nie zuvor. Ich brauchte Zeit das zu verarbeiten.

Doch dann war Florian gegangen und ich starrte ihm einen Moment hinterher. „Florian!", rief ich ihm schließlich hinterher und eilte ebenfalls aus der Wohnung. „Florian!", rief ich erneut. Doch als ich vor dem Gebäude stand, war er bereits weg und ich war alleine.

Ich schlang meine Arme um meinen Körper und eine Welle von Gerüchen, Geräuschen und Gedanken erfasste mich. Es war fast unerträglich und viel zu viel auf einmal. Florian hatte mich wirklich aus heiterem Himmel verwandelt und jetzt ließ er mich feige im Stich. Mein Herz tat furchtbar weh. Also war meine Angst wohl begründet gewesen.

Stille Tränen rannen über mein Gesicht. Scheinbar war es Florian wirklich nur darum gegangen mich auf irgendeine Weise ins Bett zu kriegen und jetzt, da ich nicht angebissen hatte, gab er auf. Ich hatte wirklich gehofft, es wäre anders, aber da hatte ich mich getäuscht. Aber eines war sicher. Ich brauchte Hilfe um zu lernen ein Vampir zu sein.

Ich wollte nach der Tasche mit meinem Handy greifen, aber dann fiel mir ja ein, dass es in meinem Zimmer lag. Ich wollte zurück ins Studentenwohnheim, als mir eine Gruppe Studenten entgegen kam. Das Schlagen ihrer Herzen und ihre Gedanken dröhnten so laut an meine Ohren, dass ich mir dir Ohren zuhalten musste. Und nicht zu vergessen ihr köstlicher Geruch, die Versuchung meine Zähne in ihr Fleisch zu rammen und all ihr Blut zu trinken. Ich wollte es so sehr.

Aber diese Stimmen in meinem Kopf machten mich völlig fertig. Wie schaffte es John nur damit zurecht zu kommen? Oder auch Conner? Und auch Florian? Ich lief davon und wollte einfach nur an einen ruhigen Ort, um mich zu sammeln. Doch plötzlich lief ich schneller als ich wollte. Die Schnelligkeit eines Vampires. Immer wieder drangen Gedanken in meinen Kopf oder Gerüche die mich lockten, an meine Nase. Es war schrecklich.

Ich lief so schnell mich meine Beine tragen konnten. So hatte ich mir das Vampirdasein nicht vorgestellt, völlig auf mich allein gestellt und durch meine überwältigenden Gefühle völlig verängstigt. Ich hasste das. Ich wollte stark sein und keine Angst haben. Als Vampirin sollte ich stärker sein, mich nicht unterkriegen lassen. Das war doch mein Wunsch gewesen und das ich die Ewigkeit vor mir hatte, um noch so vieles zu erleben.

Und jetzt wollte ich am liebsten einfach nur laut aufschreien. Ich blieb endlich stehen und wusste nicht, wie lange ich inzwischen schon unterwegs war. Ich hatte furchtbaren Hunger und fühlte mich ausgelaugt. Das lag wohl daran, dass mir Blut fehlte. Aber ehrlich gesagt, war es mir unwohl von jemanden alleine zu trinken. Was wenn ich es auch mit der Manipulation nicht hinbekam? Und außerdem schreckten mich die Gedanken der Menschen ab, ihnen näher zu kommen.

Ich atmete tief durch und versuchte zu überlegen, was ich jetzt machen sollte. Ich musste Conner und John kontaktieren. Ich brauchte ihre Hilfe. Ich wusste, dass ich mich auf sie verlassen konnte. Aber ohne Handy ging das schlecht. Also musste ich meinen Weg wieder zurück finden. Ganz genau sah ich mich um und suchte nach einem Zeichen, dass mir einen Hinweis gab, wo ich war.

Meine Sicht war geschärft und so erkannte ich trotz der Dunkelheit alle Straßenschilder, die mir leider nichts sagten. Aber zum Glück war es so spät, dass die Straßen leer waren, so war es wenigstens etwas leichter für mich voran zu kommen. Ich setzte mich also wieder in Bewegung, aber diesmal in einem gewöhnlichen Schritttempo. Ich sah mich genau um und versuchte mich zu konzentrieren.

Ich lief gefühlt eine Ewigkeit durch die Straßen von San Francisco und mied die Menschen so gut ich konnte. Ich würde erst lernen müssen mit all ihren Gedanken und dem Verlangen nach ihrem Blut klar zu kommen. John und Conner würden mir hoffentlich dabei helfen. Oh Conner! Mein großer Bruder würde durchdrehen, wenn er erfuhr, dass ich nun wirklich ein Vampir war.

Das würde ein böses Ende nehmen und davor hatte ich etwas bangen, auch wenn er lernen musste meine Entscheidungen zu akzeptieren. Ich war erwachsen, auch wenn Conner mich immer noch wie ein kleines Mädchen behandelte. John hingegen, ich ging davon aus, dass er sich freute. Also das hoffte ich zu mindesten, nachdem was er zuletzt zu mir gesagt hatte.

Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war, als ich bei irgendeiner Brücke ankam und obwohl ich ein Vampir war, wollte ich mich jetzt einfach nur wo hinsetzen und schlafen. Und ich wollte Blut. Auf einmal sah ich, dass die Sonne bereits aufging. Ich war wirklich die ganze Nacht unterwegs gewesen. Das war doch ätzend und das alles nur, weil Florian mich einfach alleine gelassen hatte.

Wieder machte sich Wut in mir breit. Doch dann berührte meine Haut ein Sonnenstrahl und ich schrie vor Schmerzen auf, als mein Arm zu brennen begann. Natürlich! Ein Vampir konnte nicht in die Sonne, zu mindestens nicht ohne Tattoo. Wieso musste mir nur gerade jetzt alles einfallen, was John mir erzählt hatte?

Ich war wohl wirklich mehr als neben der Spur. So schnell ich konnte, lief ich zur Brücke und versteckte mich dort in den Schatten, wo mein Arm wieder zu heilen begann. Ich war am Ende meiner Kräfte und ließ mich nieder. Was sollte ich jetzt nur machen? Ich saß hier fest.

Juliet&Florian - The WishWo Geschichten leben. Entdecke jetzt