Kapitel 22

6 4 0
                                    

Florianus 'Florian' Ludwig
By LuanaWhite

Meine Gedanken waren dunkel und depressiv. Alles was ich anfasste endete in einem Chaos und all meine Lebenserfahrung nutzte mir gar nichts. Immer wieder versuchte ich alles ins Lot zu bringen doch es endete stets in einer Katastrophe. Ich war vielleicht einfach nicht dazu bestimmt, eine Familie zu haben. Ich hatte immerhin als Vater versagt, als Erschaffer versagt und jetzt hatte ich auch die Frau im Stich gelassen, in die ich mich verliebt hatte und der Gedanke dass ihr etwas zugestoßen war, war unerträglich.

Ich konnte aber nichts tun. Sobald ich wusste dass Juliet in Sicherheit war, würde ich mein Vorhaben in die Tat umsetzen und San Francisco wieder verlassen. Ich würde weit weg gehen und mich vielleicht irgendwo zur ewigen Ruhe begeben. Es war der einzige Weg. Doch während meine Gedanken, so dunkel wie sie waren, mich völlig einnahmen, roch ich etwas.

Ich wusste wer es war und ich hatte sie schon fast vergessen. Rosie. Sie kam näher und näher und ich vermutete dass sie einfach an meinen Zimmer vorbei gehen würde, doch dann hielt sie an und klopfte an meiner Tür. Ich rieb mir mit der Hand durchs Gesicht und wusste zuerst nicht, ob ich ihr öffnen sollte. Ich war wahrlich keine gute Gesellschaft aber sie roch mich bestimmt ebenso. Also gab ich mir einen Ruck, stand auf und öffnete dem Mädchen meine Tür. Was sie wohl von mir wollte?

Ich wusste ich hatte zugesagt ihr zu helfen, aber auch über ihr Schicksal war ich schuld. Sie hatte mit allem nichts zu tun gehabt und wäre ich nicht aufgetaucht, dann hätte Conner sich vielleicht im Griff gehabt und hätte sie nicht verwandeln müssen. Sie war außerdem nur bei ihm gewesen, weil Jonathan mich geküsst hatte, was ich natürlich abgebrochen hatte. Dennoch war ich der ausschlaggebende Grund gewesen und mein schlechtes Gewissen überrollte mich.

"Ich ähm, ist alles in Ordnung bei dir?" fragte Rosie mich schließlich als erstes. Ich sah sie einen Moment nachdenklich an und schüttelte dann meinen Kopf, ehe ich mich von ihr abwandte um mich aufs Bett zu setzen. Rosie trat ein und schloss hinter ihr die Tür.

"Nein, zur Zeit ist wohl rein gar nichts in Ordnung und vermutlich wird es das auch niemals sein." antwortete ich ihr schließlich und kämpfte damit meine Tränen der Verzweiflung zurück zu halten.

Ganz langsam kam Rosie auf mich zu und setzte sich vorsichtig neben mich. "Aber man kann es wieder in Ordnung bringen. Willst du darüber reden? Wenn nicht, ist es auch ok. Aber du sollst wissen, dass ich hier bin und dir zuhöre, so wie du mir nach meiner Verwandlung auch zugehört hast." erklärte sie mir ganz ruhig und legte behutsam ihre Hand auf meine Schulter, um mir Trost zu spenden.

Das war wirklich nett von Rosie und ein kleines, dankbares Lächeln kam über meine Lippen, doch so schnell es gekommen war, so schnell war es auch wieder verschwunden denn so wie sie dachte war es nicht. Immerhin konnte man auch nicht in Ordnung bringen dass sie jetzt ein Vampir war, sie musste lernen damit zu leben, so wie ich nun lernen musste alleine zu sein, aufhören mir Hoffnung zu machen dass alles gut gehen würde.

"Ich habe schreckliche Dinge getan. Ich tue den Personen die ich liebe weh und dabei will ich das gar nicht." erklärte ich der jungen Vampirin aber dann fiel mir was ein. Sie war mit Conner befreundet, also müsste sie auch Juliet kennen. "Ich habe Juliet in einen Vampir verwandelt und sie danach allein gelassen. Weil... Weil mein Herz so wahnsinnig schmerzte." gab ich dann zu und vergrub mein Gesicht in meinen Händen.

"Wieso hast du sie verwandelt? Und meinst du mit Herz schmerzt, dass du Gefühle für sie entwickelt hast?" fragte Rosie mich sanft und drückte sachte meinen Arm.

Ich nickte und raufte mir meine Haare. Es war das erste Mal dass ich es vor jemand anderen zugab. "Ich weiß auch nicht wie das passieren konnte. Jedesmal wenn wir uns sehen streiten wir. Ich hätte sie einfach manipulieren können, aber das wollte ich nicht. Und je öfter wir uns stritten, umso mehr mochte ich sie. Ich weiß auch wie verrückt das klingt. Aber da gab es Momente, magische Momente." erzählte ich Rosie und begann ihr zu erzählen.

Ich erzählte ihr auch dass ich Juliet in ihren Träumen besucht hatte, wie schön es gewesen war und dass ich zugesagt hatte ihr nicht näher zu kommen, bis ich ihr ihren Wunsch erfüllt hätte, ein Vampir zu sein. Doch als ich sie mit diesen anderen Mann gesehen hatte, war eine Sicherung in mir durchgebrannt. Doch für Juliet hatte sich nichts verändert. Egal was ich getan oder gesagt hatte, um ihr zu beweisen dass ich es ernst meinte, sie dachte immer nur dass ich sie ausnutzen würde. Es tat gut endlich jemanden mein Herz auszuschütten.

Rosie hörte mir aufmerksam zu und musste das alles wohl einen Moment verarbeiten. "Die Liebe ist ein Mysterium, deshalb weiß man nie wie und wann man sich verliebt. Ich glaube, dass dir von Anfang an Juliet's Feuer auch gefallen hat. Ich weiß ja wie impulsiv sie sein kann. Und du warst eifersüchtig, als du sie mit einem anderen gesehen hast, eine ganz normale Reaktion wenn man verliebt ist." begann sie mir zu erklären und da hatte sie vermutlich Recht.

"Ich würde nicht aufgeben. Wenn es diese magischen Momente zwischen euch gab, muss sie auch von ihrer Seite etwas für dich empfinden. Und ja, es war vielleicht nicht gerade gut zu ihr das mit dem harmlosen Fick zu sagen, aber du kriegst das schon hin. Du bist ein guter Mann Florian, das kann ich sehen.

Du warst zu mir sofort freundlich und hilfsbereit nach meiner Verwandlung. Gib all dem mit Juliet Zeit und zeige ihr wer du wirklich bist. Entschuldige dich nochmal ehrlich. Und sei einfach ganz du selbst. Das wirkt mehr als du denkst."

Langsam wurde mir klar, warum Rosie so wichtig für Conner war, warum sie so gute Freunde waren. Diese junge Frau hatte ein reines Herz, eine gute Seele. Sie war viel zu gut für diese Welt. Ich hoffte dass sie diese herzensgute Art in ihrem langen Leben als Vampir nicht verlieren würde, das wäre eine wirkliche Tragödie.

"Ich glaube nicht dass mit einer Entschuldigung alles wieder gut wäre. Es würde ihr die Angst verletzt zu werden nicht nehmen, Rosie. Aber ich danke dir für deinen guten Rat. Ich weiß deine Hilfe sehr zu schätzen, dass du für mich da sein möchtest, aber ich glaube es ist besser wenn ich gehe. Im Weg laufen bin ich ja schon Experte und es scheint dass es das Einzige ist was ich gut kann." entgegente ich Rosie traurig.

"Als ich hier her gekommen bin, wollte ich nur meinen Sohn zurück, ich wollte eine Familie. Aber ich habe nur Ärger zwischen Jonathan und Conner verursacht. Ohne mich hätte er dich nicht angegriffen und dich nicht verwandeln müssen und jetzt habe ich Juliet auch im Stich gelassen. Ich glaube ich bin an einem Punkt angekommen, wo ich aufgeben sollte. Ich werde nie die Familie bekommen die ich mir gewünscht hatte."

Völlig schockiert und traurig sah Rosie mich an. "Ich glaube, dass das der falsche Weg ist. Ich würde dich schrecklich vermissen, wenn du gehst. Du warst mir neben Conner ein Freund. Und wegzulaufen ist keine Lösung. Und du kannst dich nicht für alles verantwortlich machen. Jeder macht Fehler, egal ob Vampir oder Mensch. Ich bin mir sicher, dass ich nicht die Einzige wäre, die dich vermisst. Du solltest bleiben, aber es ist deine Entscheidung." entgegnete sie mir und nahm vorsichtig meine Hände, um sie fest zu drücken.

Jetzt war ich doch ein wenig überrascht. Rosie würde mich vermissen? Aber wir kannten uns doch kaum und meine Fehler waren nicht einfach nur Fehler. Sie waren unverzeihbar. Nach fast einem Jahrtausend war man irgendwann müde, vor allem wenn einem scheinbar alles entglitt. Aber ich war dennoch gerührt von ihren Worten.

"Conner wird mich so oder so umbringen wollen. Er wird mich bestimmt nicht vermissen und Jonathan... Er hat es verdient glücklich zu sein und Conner macht ihn glücklich. Und du wirst lernen mit dem Vampirismus umzugehen und wirst dein Leben leben. Juliet wird mich hassen. Ich weiß nicht wo da mein Platz sein soll, Rosie, selbst wenn ich gerne bleiben würde." meinte ich zu ihr und drückte ihre Hand etwas.

Ich wusste nicht was Richtig oder Falsch war. Ich wusste nur dass ich so nicht weiter machen konnte. Es musste sich etwas ändern, aber was? Und wo war Juliet? Ich hoffte inständig dass Conner und mein Sohn sie inzwischen gefunden hatten. Aber was wenn nicht? Wie sollte ich dann nur damit leben? Dann hätte ich das Leben der Frau auf dem Gewissen, die ich liebte.

Juliet&Florian - The WishWo Geschichten leben. Entdecke jetzt