Völlig aufgeregt stehe ich mit den anderen vor dem Tor von Karanes und warte das sich das schwere Tor endlich hebt. Der Winter war in den letzten Wochen verschwunden und die ersten warmen Frühlingstage waren endlich da. Immer noch kann ich mein breites Grinsen nur schwer verbergen, denn anders als beim letzten Mal treibt mich heute pure Vorfreude. Sicherlich würde es den einen oder anderen Titanen geben, der uns auf unseren Weg angreifen würde. Doch sollte diese Bedrohung kein Vergleich zu all den vergangenen Expeditionen sein. Ein letztes Mal lasse ich meinen Blick prüfend über Levi fliegen. Seine Verletzung war bisher zwar gut geheilt. Doch war er alles andere als vollständig einsetzbar. Wahrscheinlich würde ihm die Reise allein schon ausreichend zusetzten. Über mich wollte ich gar nicht erst nachdenken. Durch meine lange Schonzeit fehlte mir ohne jeden Zweifel die Kondition um so lange im Sattel zu sitzen. Auf direktem Weg hätten wir schon gute 7 Stunden bis zum Hafen gebraucht. Allerdings war nicht nur Trost, sondern auch Shiganshina durch Eren dauerhaft blockiert worden. Allein dieser Umweg über die rechte Flanke bis wir die Stadt verlassen hatten und Richtung Süden reiten konnten, würde unsere Reisezeit signifikant erhöhen. Selbst die Pferde würden diese Distanz nicht ohne weiteres wegstecken. Das bedeutete, dass wir mindestens mehrere ausgiebige Pausen einlegen oder gar ein Zwischenlager errichten würden.
Meine eigene Kondition macht mir bei all dem allerdings die geringsten Kopfschmerzen. Sobald es mir zu viel werden würde, hatte ich jederzeit die Möglichkeit auf die Versorgungskutsche umzusteigen, die mit uns fuhr. Doch bezweifle ich, dass Levi ähnlich handeln wird. "Bereit?" fragt er mich, als er aus dem Augenwinkel meinen Blick wahrnimmt. "Ich kanns kaum erwarten!" entgegne ich voller Energie und tätschle Pegasos Hals. Viel zu lange ist es her, dass ich den Wind in meinen Haaren spüren konnte, wenn ich mit ihm über die offenen Wiesen preschen konnte. Endlich würde es wieder so weit sein! Als sich kurz drauf das Tor öffnet und sich der Aufklärungstrupp in Bewegung setzt, muss ich mich ernsthaft zurückhalten um in der Formation zu bleiben. Zu gross ist der Drang einfach Stoff zu geben.
Tatsächlich brauchen wir ganze 3 Stunden bis wir überhaupt die östliche Köderstadt erreichen. Allein diese Strecke reicht bereits aus, dass ich mich mehr als erschöpft fühle. Darum nehme ich die Zwangspause dankbar an, in der sich der kleine Trupp darum kümmert das alte Tor in der Mauer Maria wenigstens halbwegs in Stand zu setzten. Ich versorge gerade mit Eren die Pferde, als mir seine emotionslose Miene auffällt. Wieder kommt mir der Gedanke in den Sinn, was er alles bei der Zeremonie nach Orvud gesehen haben musste. Wusste er bereits jetzt, welchen Weg er einschlagen würde? In den letzten Wochen hatte ich ihn häufig darauf ansprechen wollen, doch konnte ich es nicht. Man hatte mir verboten mit ihm über die Zukunft, oder gar ohne Aufsicht zu sprechen. Zu gross war ihre Angst, dass ich ihn erst in diese Richtung schieben konnte. Dabei vergaßen sie aber vollkommen, dass Eren diesen Weg von ganz allein gehen würde und egal wie häufig ich versuchte ihnen diese Problematik zu erklären.. Sie hörten einfach nicht zu.
Eren selbst, schien zuweilen ähnliches Interesse zu haben, mit mir zu sprechen. Doch seine Stimmungsschwankungen waren kaum zu übersehen. Bin in wenigen Sekunden wechselte er von einem normalen nahezu freundlichen Ausdruck, zu einem in sich gekehrten und tief depressiven Erscheinungsbild. Daher hatte mich unsere kurze Unterhaltung in der Kantine besonders gefreut. Und auch wenn die anderen zugehört hatten bin ich mir sicher, dass nur Eren und ich die tiefere Bedeutung unseres Wortwechsels verstanden hatten. So gern ich es auch möchte. Jetzt mit ihm zu sprechen, würde nichts bringen. Ich musste diese Reise nutzen und den richtigen Zeitpunkt abwarten. Noch haderte er mit seinem Schicksal und eventuell konnten wir zusammen einen anderen Weg finden.
"Wir sind soweit!" ruft Hanji schliesslich fordernd in unsere Richtung. "Macht euch fertig. Wir brechen auf."Die darauf folgende Etappe verbringe ich grösstenteils auf dem Wagen. Zum einen um mich zu schonen und zum anderen um in Ruhe über mein Vorgehen mit Eren nachzudenken. Wenn ich meine Chance verpasste, war es gut möglich ihn nicht mehr zu Gesicht zu bekommen. Während man mich in Paradies behalten würde, würde er den Hafen sichern um Marleys Schiffe zu kapern. Aber mittlerweile mache ich mir auch Gedanken darüber, was als nächstes folgen wird. In der momentanen Situation ist es undenkbar, dass man mich mit den anderen nach Marley gehen lassen wird. Und was kam dann? Erens *Flucht*, der Kampf in Rebellio.. Marleys Zeppeline über Paradies und das Auslösen der Walze. Wie sollte ich mich in all diesen Situationen nur nützlich machen können!? Ganz zu schweigen davon, dass die Jägerfraktion zumindest momentan Jagd auf mich machte. Musste ich mir also über die entfernte Zukunft keine Gedanken machen?
Aufgrund der unbekannten Situation am Hafen entschied sich Hanji nichts zu überstürzen. Stattdessen rasteten wir jetzt 3 Wegstunden von unserem Ziel entfernt in einem kleinen Wald der, sofern nötig, gute Verteidigungsmöglichkeiten bot. Tatsächlich hatten wir ausserhalb der Stadt nur eine Titanenbegegnung gehabt. Ich erinnerte mich sofort, als ich den kleinen über den Boden kriechenden Titanenkörper sah, dessen Arme und Beine viel zu klein waren um ihn tragen zu können. Statt ihn zu töten, bestand Eren darauf, ihn sich selbst zu überlassen und so ritten wir schliesslich einfach weiter. Trotzdem kommen mir wieder diese zahlreichen Fragen und Widersprüche in den Kopf. War Eren nicht vom blinden Hass derart darauf geeicht, jeden Titanen zu töten? Wieso nannte er ihn dann *einen ihrer Brüder* und entschied sich dann diesen einen am Leben zu lassen, nachdem Hanjis Titanenhammer 100te Titanen über den Winter getötet hatte?
"Was machst du hier? Gerade du solltest dich hier draussen nicht so weit vom Lager entfernen!" Ich hatte Levis Schritte gar nicht gehört, als er auf mich zu kommt und mich ansieht. "Ich bin doch noch innerhalb der abgesicherten Zone." sage ich ruhig und deute auf einen nahen Baum indem die schwachen Umrisse einer Wache zu sehen sind. Mittlerweile ist es stockdunkel und das schwache Licht des kleinen Lagerfeuers reicht nicht mal im Ansatz an meinen Baum heran, an dem ich lehne. Statt mich zum aufstehen zu bewegen, setzt sich Levi etwas umständlich zu mir. Wie vermutet hatte ihm der lange Ritt durchaus zugesetzt, doch war er zu stolz es zuzugeben. Das Licht ist zwar zu schwach um Feinheiten in seinem Gesicht zu erkennen, aber seine schwerere Atmung verrät mir, dass er Schmerzen hat.
"Alles in Ordnung?" fragt er mich kurz darauf und reisst mich aus meinen sorgevollen Gedanken. "Ja.." antworte ich knapp und nicke noch schwach, als Levi leise knurrt. "Na los.. Spucks aus! Du grübelst doch schon den halben Tag über etwas nach." Ich kann nicht anders als schlagartig schmunzeln. "Es sind nur ein paar Dinge, die mir nicht aus dem Kopf gehen.." sage ich grübelnd, während ich einmal tief durchschnaufe. "Erzähls mir.." setzt er ruhig nach und wartet ab.
Ich seufze. "Es geht um Eren." fange ich an. "Ich bekomme es schon seid ein paar Tagen nicht aus dem Kopf und je mehr ich darüber nachdenke, desto irritierter bin ich." Levi schweigt und lässt mir Zeit meine Gedanken zu ordnen. "Eren will die Walze benutzen um Marley, bzw die ganze Welt auszulöschen und auf diese Weise Mikasa und Armin beschützen.. So weit verständlich.. Aber jetzt kommt das eigentliche Problem.. Er unterstützt nicht nur die Festigung einer radikalen Gruppierung auf Paradies. Er weiss auch, dass seine Freunde einen solchen Massenmord niemals gutheissen würden und sie alles riskieren werden um ihn aufzuhalten. Ich mein.. Er wird sogar versuchen einen Keil zwischen sich und den beiden zu treiben um es ihnen einfacher zu machen..." Levis nachdenkliche Stimme unterbricht mich. "Du meinst, er kann nur verlieren.. Entweder sein Leben, oder..." "Nein! Er WILL verlieren! Es geht nicht anders!" antworte ich energisch. "Wenn Mikasa und Armin sterben war alles umsonst. Aber was mir nicht aufgeht ist das danach. Wenn sie sich offen gegen Paradies stellen und ihn aufhalten, können sie nicht mehr zurück! Wie soll dieses sichere Leben also aussehen?" frage ich ihn grübelnd. "Die restliche Welt ist sowieso in Begriff ein Bündnis gegen Paradies zu schließen... Wenn also nur noch eine fanatische Gruppierung auf der Insel zurück bleibt.. Ist dann nicht eine diplomatische Lösung weiter entfernt, als jemals zuvor?"
Eine Weile schweigen wir beide, bis Levi schliesslich spricht. "Vielleicht geht es ihm nicht um eine diplomatische Lösung... Vielleicht weiss er, dass Paradies so oder so zerstört wird und er sie nur retten kann, wenn sie die Seiten wechseln." Aufhorchend drehe ich ihm meinen Kopf zu. "Aber das würde bedeuten, dass er Historia zum sterben zurück lässt.." Levi zuckt mit den Schultern. "Hast du nicht auch gesagt, dass ihm Kollateralschäden egal sind? So egal, dass er auch Saschas Tod in Kauf nimmt?" Da hatte er Recht. Ich streite nicht ab, dass ihm ihr Tod mit Sicherheit sehr Leid tat. Aber für ihn gab es keinen anderen Weg. Würde er also auch Historias Tod in Kauf nehmen? "Das stimmt schon.. Aber dann müsste er gar nicht so weit gehen.. Er könnte einfach zustimmen so weiter zu machen wie bisher.. Historia den Urtianen übergeben und der Welt einen kleinen Vorgeschmack von der Zerstörungskraft der Walze geben. Die Jägerfraktion würden sich der Macht des Urtitanen unterwerfen und unter Historias Kontrolle stehen... So könnte ein ähnlicher *Frieden* wie in den letzten 100 Jahren einkehren... Nur wieso zieht er diese Möglichkeit dann nicht mal in Betracht?"
Erst als sich Levis Hand vor mein Gesicht schiebt stelle ich fest, dass er aufgestanden ist. "Vielleicht traust du ihm zu viel zu." Doch ich schüttle sachte den Kopf. "Nein.. Eren weiss genau was er tut... Ich versteh es nur noch nicht." Dann greife ich nach seiner Hand und lass mich von ihm auf die Beine ziehen. Wieder fällt mir sein angestrengter Atem auf, doch seine Haltung lässt nichts dergleichen erahnen. "Geht es DIR gut?" frage ich ihn besorgt und halte seine Hand fest, mit der er mich auf die Beine gezogen hat. "Lass uns zurück gehen." sagt er stattdessen ausweichend und zieht mich mit sich. Skeptisch beobachte ich ihn, während ich ihm zurück zu den Zelten folge. Als wir dem Lagerfeuer nahe genug sind, kann ich endlich sein Gesicht sehen. Wie vermutet zeigt seine Miene kein Anzeichen von irgendwelchen Schmerzen. Doch ein paar Schritte später fallen mir die leichten Schweissperlen auf seiner Stirn auf. "Komm.." sag ich zu ihm und ziehe ihn in Richtung unseres Zeltes. Vielleicht konnte ich ihn ja dazu bewegen sich etwas auszuruhen.
Ich frage erst gar nicht. Stattdessen lasse ich ihn keine Wahl, als ich ihn Richtung Feldbett schiebe und seinen Mantel löse. Hoffentlich hatte sich seine Wunde nicht verschlechtert, denke ich mir und knie mich vor ihm zwischen seine Beine. Ihm zu bitten sich hinzulegen war vergebene Liebesmüh, also entscheide ich mich es auf diese Weise zu kontrollieren. Ich ziehe gerade sein Hemd aus seiner Hose und löse seinen Gürtel um mir seinen Verband ansehen zu können, da bewegt sich hinter mir die Zeltplane. "Oh Verzeihung! Ich hätte vorher etwas sagen sollen.. Aber ihr zwei seid gerade erst zurück.. Mann.. Ihr lasst echt nichts anbrennen.." Ich werfe Hanji über die Schulter einen schnellen Blick zu. "Hanji! Gut das du da bist! Ich brauch dich hier." Doch zu meiner Verwunderung bewegt sie sich nicht vom Fleck. Stattdessen läuft ihr Gesicht rot an, als sie wild mit ihren Händen wedelt. "Ähh was? Nein nein! Danke.. Ihr bekommt das auch ganz gut ohne mich hin! Bin schon weg!" Völlig irritiert über ihre Reaktion starre ich zum Zelteingang. Was hat sie nur? "Vierauge!" knurrt Levi plötzlich im harschen Ton. "Hör auf dir irgendein Scheiss zusammen zu reimen!"
Immer noch stumm beobachte ich sie, als sie in der Bewegung inne hält und ihr Blick von mir auf Levis Verband wandert. "Achso!" kichert sie plötzlich verlegen. "Du meinst den Verband..." sagt sie immer noch leicht nervös und kratzt sich am Kopf. Dann kommt sie langsam auf uns zu. "Ja klar... Lass mich mal sehen." Meine Augen ruhen immer noch auf ihrem ausweichenden Blick, als ich ihr Platz mache. "Ja sicher.. Was hast du denn..." will ich gerade fragen als der Groschen endlich gefallen ist.. "Hanji!"
DU LIEST GERADE
Levi x Reader Ausflug ins Paradies
Fanfic!Sex, Liebe und Leidenschaft! 18+ DU? In Paradies? Wie ist das denn passiert? Das *Wie* ist erstmal egal, als dir die Möglichkeiten bewusst werden und du Levi persönlich gegenüber stehst. Doch als dir klar wird was vor sich geht weisst du, dass eue...