Kapitel 2

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BORS HÖR AUF!", schrie Steven voller Entsetzen und versuchte seinen Vater von Anna wegzuziehen, was ihm schlussendlich auch gelang. Er zog Bors ans andere Ende der Werkstatt, im Augenwinkel sah er wie Rick zu Anna ging und sie vom Hacken nahm, doch er konzentrierte sich auf Bors. Endlich hörte Bors auf sich gegen ihn zu wehren, verletzt und wütend schmiss dieser den Elektrostab zu Boden und fuhr sich durch seine Haare.
„Es war alles eine Lüge!", knurrte Bors wütend.
„Ich weiss, ich habe es auch gehört.", versuchte Steven ihn zu beruhigen. „Anna Schmerzen zuzufügen wird dir aber nicht helfen, also versu..."
„Steven!", rief Rick laut verzweifelt. „Sie atmet nicht mehr! Anna atmet nicht mehr!"
Steven drehte sich zu Rick um und er dachte sein Herz bliebe stehen, als er Anna bewegungslos am Boden sah. Schnell rannte er zu Anna, kniete neben ihr und prüfte ihren Puls. Jegliches Blut wich aus seinen Adern, als er kein Puls wahrnahm. Nein, dachte Steven, nein, das darf nicht wahr sein. Sofort begann er mit der Reanimierung, nach einer Weile prüfte er ihren Atem und Puls, aber da war nichts.
„Komm zurück Anna!", murmelte Steven laut, während er die Reanimierung fortsetzte. „Atme! Atme!"
Wieder kontrollierte er ihr Puls und Atem, doch immer noch nichts.
„Komm schon Anna! Atme endlich!", rief Steven verzweifelt, setzte die Reanimierung wieder fort.
„Steven, es ist vorbei!", meinte Rick leise nach einer Weile und versuchte ihn sanft von Anna wegzuziehen. „Steven hör auf! Sie ist tot!"
„Nein!", schrie Steven verzweifelt und riss sich von Rick los. „Sie darf nicht tot sein!"
Er setzte die Reanimierung fort, aber nur weil er es nicht wahrhaben wollte. Anna konnte nicht tot sein, nicht allem was passiert ist.
„Steven!", sagte Rick sanft, aber nachdrücklich. Rick legte sanft seine Hand auf seine Schulter und Steven hörte auf. Er stand auf, blickte völlig am Boden zerstört auf Annas leblosen Körper und eine überwältigende Trauer überflutete ihn, dann eine Wut, die er noch nie gespürt hatte. Eine endlose Wut auf den Menschen, der es zu verantworten hatte und er drehte sich zu seinem Vater um.
„Du!", schrie Steven Bors an und ging wutentbrannt auf ihn zu. „Du hast sie umgebracht!"
Er schlug Bors mit aller Kraft, die er hatte, zu Boden, doch bevor er nochmals zuschlagen konnte, kam ihm Jack in die Quere. Steven war blind vor Wut und schlug auch Jack zu Boden. Bors war in der Zwischenzeit wieder aufgestanden und Steven ging erneut auf ihn los, doch plötzlich wurde er zurückgehalten. Ma- Long und Rej hielten ihn an den Armen zurück, während Fabio urplötzlich vor ihm stand und ihn zurückdrängte.
„Hör auf Steven! Du bist völlig ausser dich!", versuchte Fabio ihn zu beruhigen, doch Steven konnte und wollte nicht aufhören. Seine Trauer und Wut war alles, was er spürte.
„Es tut mir leid Steven! Das wollte ich nicht!", entschuldigte sich Bors verzweifelt. „Das habe ich nie gewollt!"
„Du hast Anna umgebracht!", schrie Steven rasend vor Wut. „Das werde ich dir niemals verzeihen!"
Er versuchte sich von Fabio, Ma- Long und Rej zu befreien, als plötzlich Rick in seinem Blickfeld auftauchte. Freude spiegelte sich auf sein Gesicht.
„Steven, keine Ahnung wie, aber sie atmet wieder!", rief Rick freudig aus.
„Was?", fragte Steven fassungslos und hörte auf sich befreien zu wollen.
„Anna atmet wieder! Sie lebt!"
Sofort liessen die drei Männer ihn los und Steven hastete zu Anna am Boden. Er kontrollierte ihr Atem und Puls und tatsächlich, beides war vorhanden, schwach, aber vorhanden. Steven konnte es nicht glauben, Anna lebte wieder. Eine überwältigende Freude und Erleichterung durchströmten seinen Körper und er glaubte nie so glücklich gewesen zu sein, dass ihm beinahe die Tränen hochkamen.
„Steven?", rief Bors leise mit gequälter Stimme. „Lebt sie? Lebt Anna wieder?"
„Ja.", liess Steven ihn wissen und ein Teil seiner Wut kehrte zurück. „Aber nicht deinetwegen!"
Er stand auf, drehte sich um und blickte wütend seinen Vater an. Er hatte ihm ein blaues Auge verpasst, doch er spürte kein Bedauern, Bors geschlagen zu haben.
„Es tut mir leid.", entschuldigte sich Bors aufrichtig und ging auf ihn zu. „Es tut mir leid was ich getan habe. Ich werde sie ins Haus tragen."
Bors wollte an Steven vorbei zu Anna, doch Steven versperrte ihm sofort den Weg.
„Nein, das wirst du nicht!", sagte er laut und mit einer Stimme, die keinen Wiederspruch duldete. „Ab hier ist es genug! Du wirst nie wieder mit ihr allein sein und sie nie wieder anfassen!"
„Wie bitte?", sagte Bors verwirrt. „Steven, sie ist meine Frau und ich werde mich um sie kümmern!"
„Nein! Ich sagte, es ist genug!", rief Steven wütend undBors sah ihn mit entsetzten Gesichtsausdruck an. „Ich habe genug! Ich habe dich immer unterstützt, habe das getan was du wolltest, habe dir unfassbare Dinge verziehen, doch ab heute ist es genug! Du wirst dich ihr nie mehr wieder nähern oder du kriegst es mit mir zu tun!"
Wütend drehte sich Steven wieder um, bückte sich und hob Anna vom Boden hoch. In der Werkstatt war es still, denn die Männer wussten, dass sie sich nun entscheiden mussten, zu wem sie Treue hielten. Steven ging, mit Anna in den Armen, zur Tür und Rick öffnete ihm diese, danach folgte Rick ihm ins Haus. Rick öffnete ihm alle Schiebetüren und Steven brachte Anna in das Zimmer neben seines. Er legte Anna behutsam auf das niedrige Bett und kontrollierte ihre Atmung und Puls, dabei sah er auf seinen Arm Blut. Sofort untersuchte er Anna auf offene Wunden, wobei sein Verdacht auf ihre Stichwunde an ihrer Schulter fiel und tatsächlich war die Naht aufgegangen. Er stiess ein wütendes Schnauben aus, stand auf und hastete in sein Zimmer, um seine Ärztetaschen zu holen, dann ging er zurück ins Nebenzimmer.
„Sag mir wie ich dir helfen kann.", forderte Rick ihn auf. Steven blickte ihn nicht an, sondern kramte die Dinge aus der Tasche, die er brauchte.
„Bist du dir sicher, dich für mich entschieden zu haben?", fragte er und stellte somit seine Loyalität in Frage, aber er musste sicher sein. „Es wird keine Möglichkeit mehr geben zu Bors zurückzukehren."
„Ich werde mich nicht für Bors entscheiden und ich habe mich auch nicht für dich entschieden!", erwiderte Rick ruhig. „Ich habe mich für sie entschieden!"
Überrascht hob Steven den Kopf und blickte den fast vierzigjährigen Bodyguard an. Er wusste nicht was er davon halten sollte, doch er musste sich jetzt um Anna kümmern und dabei konnte er Ricks Hilfe gut gebrauchen.
„Okay, hilf mir sie auf die Seite zu legen, damit ich ihre Schulter erneut vernähen kann.", ordnete er Rick an und dieser nickte. Steven säuberte und vernähte die Wunde, dann deckte er diese ab und machte noch einen Verband darum. Danach legten sie Anna sorgsam wieder auf den Rücken und Steven kontrollierte erneut ihre Atmung und Puls. Beides war besser geworden, doch es war immer noch schwach. Er deckte Anna zu und blickte zu Rick, der sich an den Schrank, auf der anderen Seite anlehnte.
„Was meinst du mit du hast dich für Anna entschieden?", fragte Steven nun.
„Ich arbeite nur für Leute, die meinen Respekt verdienen, Menschen, die ich achte und bewundere. Menschen für die ich gern mein Leben geben würde. Lange war Bors so ein Mensch, er hatte meinen Respekt und meine Loyalität. Heute Nacht hat er sie endgültig verloren. Anna hat meinen Respekt schon lange, ich bewundere sie für ihre Stärke und Mut.", erklärte Rick leise, aber bestimmend. „Ich hätte schon früher reagieren sollen, sie hat so viel Leid ertragen müssen und ich hätte es verhindern können. Dafür schäme ich mich."
Rick blickte kurz zu Anna und dann beschämend zu Boden. Steven verstand ihn, er wusste genau wie sich Rick fühlte. Schuldig, einfach nur schuldig. Doch nun wusste er, dass er Rick vertrauen konnte.
„Nein, ich hätte viel früher reagieren sollen.", erwiderte er schuldbewusst.
„Bors ist dein Vater, was hättest du tun sollen?", meinte Rick leise.
„Früher sagen, dass es genug ist.", entgegnete Steven und seufzte tief. „Aber was geschehen ist, ist geschehen. Bist du jetzt bereit Anna vor Bors zu schützen?"
„Mit meinem Leben!", antwortete Rick loyal und Steven nickte dankbar. Allein gegen Bors zu kämpfen wäre schwer geworden.
„Und was tun wir jetzt?", wollte Rick wissen. „Ich meine, wie geht es weiter?"
„Ich habe keine Ahnung.", gab Steven ehrlich zu. „Zuerst muss Anna wieder gesund werden und wir müssen Bors auf Abstand halten. Anna darf nie allein im Zimmer sein."
Rick nickte und Steven überlegte was er tun sollte. Erneut überlegte er sich, ob er Kenshin anrufen sollte, was er schon den ganzen Abend überlegte. Konnte er seinen Vater nun endgültig verraten? Es wäre das Richtige. Er zog sein Handy aus der Hosentasche und suchte Kenshins Nummer aus.
„Wenn willst du anrufen?", fragte Rick besorgt.
„Kenshin.", antwortete Steven, zögerte aber den Anrufknopf zu drücken. Er blickte starr auf Kenshins Nummer, es wäre das Richtige, das wusste er. Wieso also konnte er nicht diesen Knopf drücken? Fluchend steckte er das Handy wieder in die Hosentasche, raufte sich die Haare und begann im Zimmer hin und her zu laufen.
„Ich kann es immer noch nicht!", sagte Steven verzweifelt. „Nach allem was er getan hat, kann ich ihn immer noch nicht verraten."
„Es ist okay Steven, Bors ist schliesslich dein Vater und du verdankst ihm sehr viel.", meinte Rick mitfühlend. „Verschieben wir es auf morgen, heute ist viel passiert. Schlussendlich sind wir erst seit ein paar Stunden auf der Flucht. Wir haben bestimmt noch Zeit."
Steven nickte und versuchte sich zu beruhigen, eine Zigarette könnte er auch gebrauchen. Er gab Rick Bescheid und verliess das Zimmer. Draussen vor dem Haus zündete er sich eine Zigarette an und überlegte wieder was er tun sollte. Er blickte auf seine Uhr, welche zwei Uhr morgens anzeigte. Vielleicht brauchte er einfach noch einen Tag mehr, um Kenshin anzurufen und plötzlich wusste er, was er tun würde. Ein Geräusch hinter ihm, liess ihn nach hinten blicken und Bors stand auf der Veranda des japanischen Anwesens.
„Steven können wir reden?", wollte Bors wissen und blickte ihn traurig und erschöpft an. Steven blickte seinen Vater an und er spürte, wie der Zorn erneut von ihm Besitz ergriff. Ein Blick auf Bors blaues Auge, gab ihm aber ein klein wenig das Gefühl der Genugtuung.
„Worüber denn? Es gibt nicht mehr viel zwischen uns zu sagen!", erwiderte Steven und versuchte seinen Zorn zu beherrschen.
„Zuerst will ich mich entschuldigen, für alles. Es tut mir alles so schrecklich leid und ich wollte nie, dass es so weit kommt. Ich hoffe du und Anna können mir verzeihen.", entschuldigte sich Bors kleinlaut und aufrichtig.
„Du glaubst mit einer Entschuldigung wäre alles erledigt?"
„Nein, natürlich nicht, aber vielleicht mit der Zeit werdet ihr mir vergeben können.", entgegnete Bors leise und kam näher. „Ich weiss was ich getan habe, ich war einfach nicht mehr bei Sinne, dass sehe ich jetzt ein. Trotzdem liebe ich sie immer noch, auch nachdem sie mich verraten hat. Was sie gesagt hat, ich glaube ihr nicht. Niemand kann so gut schauspielern."
Steven dachte er höre schlecht, trotz allem was heute passiert ist, Bors würde immer so weiter machen.
„Ich dachte, ich sterbe tausend Tode, als sie leblos da lag.", flüsterte Bors bedrückt.
„Du dachtest, du würdest tausend Tode sterben?", entgegnete Steven zornig. „Ich bin tausende Tode gestorben! Anna ist für mich wie eine Schwester, weisst du wie es ist, seine kleine Schwester sterben zu sehen und zu wissen, dass sein eigener Vater dafür verantwortlich ist? Nein, du hast keine Ahnung!"
„Ich liebe Anna genauso wie du! Sie ist schliesslich meine Frau und du kannst sie mir nicht vorenthalten!", sagte Bors aufgebracht.
„Doch, das kann ich und werde ich!", stiess Steven wütend hervor. „Ich werde nicht nur das tun, ich werde sie zur Polizei bringen und werde alles erzählen!"
„Du verrätst mich?", fragte Bors fassungslos. „Deinen eigenen Vater?"
„Ja, weil es das einzige Richtige ist!"
„Du wirst selbst ins Gefängnis landen."
„Das werde ich wohl im Kauf nehmen müssen, denn im Gegensatz zu dir, stehe ich zu meinen Taten!"
Steven liess die Zigarette zu Boden fallen, zerdrückte es mit seinem Schuh und blickte wütend in Bors fassungsloses Gesicht.
„Ist deine Entscheidung endgültig?", wollte Bors bedrückt wissen.
„Ja, ist es!", gab Steven zornig zur Antwort. „Endgültig! Also pack deine Sachen, nimm deine Männer und verschwinde."
„Was ist, wenn Anna mit mir gehen will?"
Steven konnte nicht anders als höhnisch aufzulachen.
„Wenn dem so ist, kann sie dir natürlich folgen, sobald sie wieder gesund ist.", erwiderte Steven bissig, fügte aber noch hinzu. „Aber ich denke das ist eher unwahrscheinlich."
Steven ging grimmig an ihm vorbei, um ins Haus zurückzukehren.
„Du tust es wirklich, du enthaltest sie mir wirklich vor. Bedeute ich dir gar nichts mehr?", fragte Bors mit schmerzlicher Stimme und Steven hielt inne. Er drehte sich um und blickte Bors schwermütig an.
„Du wirst mir immer etwas bedeuten. Ich werde dich immer lieben Vater, aber es ist an der Zeit, dass Richtige zu tun und deswegen wirst du, sobald die Sonne aufgeht, von hier verschwinden, damit ich die Polizei anrufen kann."
Nach diesen Worten drehte sich Steven schweren Herzens um, trat ins Haus und liess Bors draussen stehen.



Hallo meine Lieben :))
Endlich hat sich Steven sich von seinem Vater abgewandt, etwas worauf ihr bestimmt schon die ganze Zeit darauf gewartet habt. Oder was dachtet ihr, wie lange Steven noch alles tolerieren würde?
Votes und Kommentare willkommen. :)))

Eure D.F. Saillants

Gefangen im Schatten der Angst - Wieso er?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt