Kapitel 23 Teil 1

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Anna blickte aus dem fahrenden Wagen, hinaus auf die vorbeiziehende Hauptstadt und versuchte nicht auf das bevorstehende zu denken. Als ob dies möglich wäre! Im Wagen war es still, als wären Steven, Rick und Kenshin nicht mit ihr im Auto. Anna hasste diese Stille. Diese Stille vor dem Sturm. Man könnte meinen, dass jeder die Luft anhielt. Plötzlich spürte sie eine sanfte Berührung an ihrer Hand und sie sah zu Kenshin hinüber. Kenshin lächelte sie warm und zuversichtlich an und Anna erwiderte das Lächeln schüchtern. Ihre Hand liess sie in seine, mehr noch, sie hielt seine Hand fest, als ob es ihr zusätzliche Kraft gab. Dass Steven und Rick dies sahen, war unwichtig. Genauso, dass sie mit Adrian zusammen war. Alles was nun zählte, war das sie Aussagen konnte ohne zusammenzubrechen und wenn man dafür sah, dass sie für Kenshin Gefühle hegte. Dann soll es so sein. Sie brauchte jeden stützenden Anker dafür und Kenshin war ihr grösster Anker. Weshalb sie gestern Abend auch zugestimmt hatte, dass er bei ihr blieb, als Kenshin fragte.
„Damit du besser schlafen kannst.", hatte Kenshin gemeint, nachdem sie mit den Staatsanwälten alles Nötige abgesprochen hatten für die morgige Aussage. Mr. Jenkins hatte zuerst darauf bestanden, dass sie es so durchgingen, als wäre es bereits ihre Aussage vor Gericht, doch dagegen hatte Anna vehement widersprochen. Die Kraft es zweimal zu erzählen hatte sie nicht und sie war froh, dass der Staatsanwalt sich auf ihre Seite stellte, statt seines Partners.
Je näher sie dem Gerichtsgebäude kamen desto nervöser wurde Anna und umso mehr konnte sie Stevens besorgten Blick spüren. Kenshin versuchte indes sie zu beruhigen, in dem er mit seinem Daumen sanft über Annas Handrücken strich.
„Es ist noch gar nicht klar, ob du aussagen kannst.", meinte Rick auf einmal und Anna blickte zu ihm, während er ihr zuversichtlich lächelte. Anna nickte, wohlwissend dass Rick dies nur sagte, um sie zu beruhigen. Doch es stimmte, die Staatsanwaltschaft musste zuerst beim Richter die Erlaubnis einholen, dass noch ein weiterer Zeuge aufgerufen wurde. Etwas was der Anwalt von Bors sicher zu verhindern versucht, da ihre Aussage Bors hinter Gitter brachte. So behauptete es jedenfalls Mr. Sakamoto.
Sie erreichten das Gerichtsgebäude und sie stiegen gemeinsam aus der Limousine. Unter Blitzgewitter der Presse und unter strengster Bewachung von Kenshins Leibwächter betraten sie das Gebäude. Anna versuchte mit all ihr Selbstvertrauen zu gehen, als wäre sie ungebrochen und stahlhart. Welch eine Lüge! Rick ging an ihrer Seite, den Arm beschützend um ihre Schulter, während Kenshin und Steven vorangingen. Vor dem Saal angekommen warteten sie bis ihnen Einlass gewährt wurde. Sie warteten noch nicht lange, als Mr. Sakamoto und Mr. Jenkins zu ihnen kamen.
„Ihr dürft eure Aussage tätigen Miss Turner.", gab Mr. Jenkins, nach der Begrüssung freudig bekannt. Anna sah ihn nur kurz an, bevor sie zur Kenntnisnahme resigniert nickte. Es wurde noch einige Dinge besprochen, währenddessen kamen auch ihre Freunde und Eltern an. Anna sah sofort, dass alle am liebsten mit ihr sprechen wollte. Unbewusst glitt ihr Blick zu Kenshin, ein verzweifelter Blick, doch es war Steven, welcher reagierte und sich dazwischen stellte.
„Bitte lasst Anna ihren Freiraum.", hörte Anna Steven mit gedämpfter Stimme reden. „Bitte Adrian! Sie muss ihre Kraft für ihre Aussage sparen!"
Was Adrian sagte hörte Anna nicht mehr, denn der Staatsanwalt nahm ihre Aufmerksamkeit auf sich.
„Eine gute Kleiderwahl Miss Turner. Genau wie besprochen.", lobte Mr. Sakamoto und lächelte sie kurz an. Anna brachte kein Lächeln zustande, sondern blickte kurz an sich runter. Ihre Kleiderwahl war gestern ein Thema gewesen, wie wichtig es sei, sich richtig zu kleiden oder besser gesagt, wie man sich präsentierte.
„Zieht ein Kleid an, es darf nicht zu kurz und nicht zu lang sein und weder farbig noch schwarz. So wirkt ihr noch weiblicher und verletzlicher, die Farbe sagt aus, wie wichtig ihr dies nehmt. Die Haaren sollten Sie nicht offen tragen, aber auch nicht zusammengebunden.", hatte Mr. Jenkins erklärt. „Bei offenen Haaren kann man nicht Ihr ganzes Gesicht sehen, dann könnte man meinen Sie verheimlichen etwas und zusammengebundene Haare wirken zu streng."
Obwohl es Anna als völlig überbewertet empfand, was sie trug, hatte sie sich der Anordnung gebeugt. Und so trug sie heute ein blaues Etuikleid, welches ihr bis zu den Knien ging, einen runden Ausschnitt und dreiviertel Ärmel hatte. Es war ein Wunder, dass sie ein Kleid eingepackt hatte, welche alle Punkte erfüllte. Die Haare hatte sie offengelassen und nur die vorderen Strähnen mit einer kleinen Haarspange hinten zusammengenommen, obwohl ihr lieber gewesen wäre diese offen zu lassen, damit es ein Teil ihrer Verletzungen verbarg.
Die Türen des Gerichtssaal wurde geöffnet und die Zuschauer gingen hinein, auch ihre Eltern und Freunden, nicht aber ohne ihr einen aufmunternden Blick zuzuwerfen. Adrian sah sie besorgt an, doch lächelte ihr ebenfalls zu. Auch die Staatsanwaltschaft gingen hinein und vor dem Saal blieben nur noch Rick, Steven, Kenshin und sie.
Anna wusste, bald war es soweit und alles in ihr zog sich zusammen. Ihre Hände und ihre Knien fingen vor Nervosität leicht zu zittern an. Anna sah zu Kenshin, seine warmen schokoladenbraunen Augen erfassten die ihren und wie immer erkannte er ihre Verfassung. Er nahm ihre Hand und zog sie zu einer der Bänke, wo er sich mit ihr setzte. Er sagte nichts, sondern streichelte mit seiner Hand beruhigend über ihre, während sein Blick auf sie ruhte. Das spürte sie, obwohl, sie auf ihre Hände schaute und sie seine Handbewegungen betrachtete.
„Ich habe Angst Kenshin.", gab sie flüsternd zu und sah ihn an. Kenshin lächelte sie, auf ihr Geständnis warm an.
„Ich weiss."
„Ich weiss nicht, ob ich es schaffe.", gestand sie wispernd und blickte wieder auf ihre Hände. Kenshin legte seine andere Hand unter ihr Kinn und hob diesen sanft hoch. Anna sah ihn an, während seine Stirn leicht gerunzelt war.
„Anna du musst das nicht tun.", liess Kenshin sie wissen und gab ihr eine Möglichkeit zu kneifen. „Niemand zwingt dich dazu!"
„Aber ich will es!", entgegnete Anna heftiger als gewollt und Kenshin lächelte.
„Und genau deswegen, wirst du es auch schaffen!"
Kenshin sagte dies mit voller Überzeugung, dass es sogar Anna glaubte. Sein zuversichtliches Lächeln, seine selbstsichere Haltung und sein ehrlicher Blick trug dazu bei. Ihre Angst verschwand zwar nicht, aber er gab ihr den Mut an sich selbst zu glauben.
„Ich weiss, du hast Angst, aber nur durch Angst, kann wahrer Mut entstehen!", sprach Kenshin weiter und Anna nickte, wobei sie dann leicht lächeln musste. Wie kam es, dass er für sein junges Alter solche Weisheiten besass.
„Wie kommt es, dass du für jede Situation, die passende Weisheit besitzt?", fragte sie ihn leise lächelnd und sah ihn an.
„Ich habe einen Kalender, Weisheiten fürs ganze Jahr, auf meinem Schreibtisch und die besten schreibe ich mir auf.", erwiderte Kenshin ernst, dann grinste er wie ein Schuljunge. Anna lachte leise und vergass für einen Moment, dass sie aussagen musste. Genau diese Unbeschwertheit hatte sie vermisst und für kurze Zeit grinsten sich gegenseitig an, bis Steven sie unterbrach.
„Wir sollten in den Saal gehen, Kenshin. Es fängt in Kürze an."
Kenshin nickte, wandte sich dennoch wieder Anna zu.
„Du hast mal gesagt, dass mit mir zu reden, ist wie Atmen. Leicht.", begann Kenshin leise zu reden, damit Steven ihn nicht verstand und Anna nickte zögerlich. Lange war es her, dass sie dies gesagt hatte, aber es stimmte immer noch. Dennoch überraschte es sie, dass er dies noch wusste.
„Wenn du aussagst, vergiss dass du im Gerichtssaal bist. Vergiss, dass es deine Aussage ist. Sie mich an und erzähl es mir, als wären wir alleine. Okay?"
„Okay...", antwortete sie flüsternd. Kenshin stand auf und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Du schaffst das! Ich glaub an dich!", flüsterte er ihr noch zu, bevor er von ihr wegtrat. Anna sah ihn an und er lächelte ihr zuversichtlich zu, sowie Steven.
„Viel Glück Kleines.", murmelte Steven, als er ihr ebenfalls einen Kuss auf die Stirn gab. „Ich weiss, dass du es schaffst!"
Anna nickte und sah zu wie Kenshin und Steven den Gerichtssaal betraten, gefolgt von Kenshins Sicherheitsmänner. Die Türen des Saals wurden geschlossen, während sich Rick neben ihr auf die Bank setzte. Er würde hier mit ihr warten, bis sie abgeholt wurde und den Gerichtssaal betreten durfte. Im Foyer waren nur noch sie beide und ein Mann, welcher ebenfalls auf eine Bank, weiter weg, Platz genommen hatte. Auf den zweiten Blick erkannte Anna den Psychiater Dr. Johnson wieder und sie erinnerte sich, dass der Psychiater ebenfalls heute eine Aussage machte. Dr. Johnson nickte ihr zu und Anna nickte freundlicherweise zurück. Anna fragte sich, ob Dr. Johnson sie die ganze Zeit beobachtete und die Szene mit ihr und Kenshin mitbekommen hatte.
„Dr. Johnson sitzt hier schon eine Weile und obwohl Kenshins Leibwächter euch so gut wie möglich abgeschirmt haben, wird er etwas gesehen haben.", meinte Rick leise zu ihr und sie sah ihn kurz stirnrunzelnd an.
„Bin ich so durchschaubar?", wollte Anna wissen und Rick lachte leise.
„Ja und nein.", gab er lächelnd an. „Manchmal bis du wie ein offenes Buch, manchmal verschlossen wie ein Tresor. Während Bors Gefangenschaft hätte ich kein einziges Mal etwas aus dir lesen können, aber ich bin jetzt auch dein Freund und ich kenne dich auch bereits länger."
Anna nahm es zur Kenntnis und blickte dann zur verschlossenen Tür des Saals. Wie lange würde es noch dauern, bis sie aussagen musste? Die Nervosität kam zurück und sie sah auf ihre Hände, dabei begann sie unwissentlich auf ihre Lippen zu kauen. Je mehr Sekunden verflossen, desto unruhiger wurde sie. Rick legte einen Arm um sie und gab ihr so den nötigen Halt. Die Türen des Saals gingen auf und ein Gerichtsdiener trat heraus, den Blick auf sie gerichtet.
„Miss Turner, es ist Zeit für Ihre Aussage.", gab dieser an und Anna nickte beklommen. Dennoch stand sie nicht auf. Rick musste aufstehen und zog sie somit hoch. Nun stand sie, schaffte es aber nicht den ersten Schritt zu tun. Sie blickte ängstlich zu Rick hoch, welcher ihr zuversichtlich zulächelte.
„Du kannst immer noch einen Rückzieher machen.", meinte Rick mit leiser Stimme und sah ihr tief in die Augen, bevor er weitersprach. „Ich erinnere mich an ein Mädchen, dass vier Strafen bewältigt hat. Trotz, dass sie unglaubliches Leid ertragen musste, hatte sie bei der letzten Strafe weiterhin die Kraft sich ihrem Peiniger nicht zu unterwerfen und sich weiter gegen ihn zu behaupten."
Anna sah ihn mit grossen Augen an, als er sie an diesen Moment erinnerte. Diese Stärke konnte er damals nicht in ihr gesehen haben und schon gar nicht, dass sie niemals vor hatte, sich Bors zu unterwerfen. Ganz egal was er ihr antat. Heute sah es anders aus.
„Woher...?", flüsterte Anna gebrochen. „Woher willst du das wissen?"
„Ich sah es in ihren Augen.", antwortete Rick und lächelte dann wieder. „Und ich sehe es jetzt immer noch."
Annas Augen wurden noch grösser und obwohl sie der Meinung war, dass sie die Stärke von damals nicht mehr besass, konnte sie wenigstens so tun, als ob. Für Kenshin.
„Miss Turner?", rief der Gerichtsdiener ungeduldig und Anna drehte sich zu ihm um. Sie straffte ihre Schulter, schluckte einmal leer, bevor sie mit selbstsicherer Haltung zum Gerichtssaal schritt. Sie spürte wie ihre Beine zitterten und hoffte nicht zu stolpern, dass Rick hinter ihr war, gab ihr die nötige Kraft nicht umzudrehen und in die entgegengesetzte Richtung zu rennen. Unter aller Augen betrat sie den Gerichtssaal, ihr Blick war stur auf den Zeugenstuhl gerichtet, während sie mit zittrigen Beinen den Mittelgang entlangging. Mit jedem Schritt wurde ihr übler, sodass sie befürchtete sich übergeben zu müssen. Aber sie erreichte den kleinen Podest für die Zeugen ohne Zwischenfall und sie setzte sich auf den heissen Stuhl. Sogleich suchte ihr Blick Kenshin, welchen sie hinter der Staatsanwaltschaft fand. Er lächelte ihr Mut zu und Anna zwang sich auf den Richter zu konzentrieren.
„Ihr Name ist Anna Verena Turner?", fragte Richter Goldsteen, während sie zu ihm aufblickte.
„Ja, die bin ich.", antwortete Anna mit leicht zittriger Stimme. Richter Goldsteen hob kurz seine Augenbrauen über ihre zittrige Stimme, fuhr jedoch weiter.
„Sind Sie mit dem Angeklagten verschwägert, verwandt oder verheiratet?"
„Nein!", antwortete Anna darauf, bereits mit festerer Stimme, da ihr nur der Gedanke darauf anwiderte.
„Ihnen sind die Gesetze unseres Landes bekannt und wissen, dass Sie als Zeuge nichts als die Wahrheit sagen müssen?"
„Ja, mir sind die Gesetze bekannt und ich bin hier als Zeugin, um die Wahrheit vor Gericht auszusagen.", gab Anna den Text an, welchen sie vom Staatsanwalt auswendig gelernt hatte.
„Gut! Da Sie die Zeugin der Staatsanwaltschaft seid, beginnt diese mit der Befragung.", gab der Richter bekannt. „Mr. Sakamoto, Ihre Zeugin."
„Vielen Dank euer Ehren.", bedankte sich Mr. Sakamoto und erhob sich von seinem Stuhl, seinen Blick auf Anna gerichtet. Nervös kaute Anna auf ihren Lippen, während der Staatsanwalt mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht und langsamen Schritten näherkam.
„Miss Turner, ich möchte Ihnen danken, dass Sie heute hier aussagen. Ich weiss, dass es für Sie nicht einfach ist, hier zu sein und Ihre Geschichte zu erzählen. Besonders nach dem Vorfall vor einigen Tagen.", fing Mr. Sakamoto an. „Deshalb schätze ich Ihren Mut sehr."
Anna nickte einfach und blickte kurz auf ihre Hände, bevor sie den Blick wieder hob, als Sakamoto fortfuhr.
„Miss Turner, ich will ohne gross auf Dukes Aussage einzugehen, Sie bitten, uns von Anfang an zu erzählen, was Ihnen widerfahren ist."
Anna musste leer schlucken, sie hatte nicht gross darüber nachgedacht, was sie sagen sollte und sie blickte zu Kenshin, welcher ihr aufmunternd zunickte.
„Es war ein ganz normaler Schultag, so hatte es jedenfalls begonnen. Ich erinnere mich gut daran, dass ich mich gefreut, weil Adrian und ich uns in der Pause nähergekommen waren.", begann Anna zu erzählen und musste unwillkürlich lächeln, als sie sich daran erinnerte.
„Sie meinen Adrian Müller?", fragte Mr. Sakamoto und zeigte auf Adrian, welcher in den Zuschauerbänken sass.
„Ja."
„Sie waren also bereits vor Ihrer Entführung in Mr. Müller verliebt?"
„Ja, das war ich.", antwortete Anna und sah bewusst nicht zu Kenshin.
„Fahren Sie fort Miss Turner.", bat Mr. Sakamoto und Anna erzählte, nachdem sie leer geschluckt hatte, weiter.
„Wir waren mitten im Unterricht, als an der Tür klopfte und maskierte Männer eintraten und uns mit Waffen bedrohten. Wir waren gezwungen, uns in die Aula zu versammeln, wo sie uns fesselten. Ich hatte nicht gezählt, aber es waren ein Dutzend Männer von der Partie. Ich war der Meinung, dass diese Männer bestimmt jemanden aufgefallen war und dass die Polizei unterwegs war, also weigerte ich mich ihre Befehle auszuführen, um Zeit zu schinden. Einer der Männer schlug mich, um mich zur Kooperation zu zwingen, doch ich nahm all meinen Mut zusammen und blieb standhaft. Im Nachhinein, war es vielleicht keine kluge Entscheidung..."
„Sie haben Zivilcourage bewiesen Miss Turner. Sie haben gehandelt, während andere nur zusahen.", beschwichtigte Mr. Sakamoto sie und ermutigte sie, weiterzuerzählen.
„Der Mann schlug mich, obwohl er mich einfach hätte erschiessen können. Ich verstand nicht, was diese Männer von uns wollten. Verstand nicht, was sie hier wollten. Dann betrat ein neuer Mann den Raum, seine Präsenz erfüllte den Raum und ich wusste sofort, dass er der Anführer war. Er kam auf mich zu und sprach mit mir, als wären wir alte Freunde, nannte mich sogar beim Namen, obwohl ich sicher war, ihn nicht zu kennen."
„Verzeiht, aber wie konnten Sie sich so sicher sein, dass Sie ihn nicht kannten?", unterbrach der Staatsanwalt sie erneut.
„Ich kannte zu dieser Zeit keine Männer, welche über mein Alter waren.", antwortete Anna mit sicherer Stimme. „Auch seine Stimme, war mir nicht vertraut."
Mr. Sakamoto nickte und gab ihr ein Zeichen fortzufahren. Anna fuhr fort, erzählte alles was ihr geschehen war. Natürlich änderte sie die Geschichte so, dass weder Steven, noch Rick involviert waren. Sie gab an, Steven erst nach ihren vier Strafen kennengelernt zu haben und immer darauf bedacht war, dass er von nichts erfuhr, aus Angst Bors könnte ihren Freundinnen schaden. Zu Rick meinte sie, dass er ihr lange Zeit nicht aufgefallen war. Alles, was Steven getan hatte, ersetzte sie durch Fabio, wenn es nicht anders möglich war, und dies nur, weil sie glaubte, in Fabio eine gute Seele zu erkennen. Er hatte ihren Freundinnen ein Stück weit geholfen, daher war es nicht abwegig anzunehmen, dass er ihr ebenfalls geholfen haben könnte. Niemand würde sie korrigieren, nicht einmal Bors.
Wenn Anna von Bors eins wusste, war dass er seinen Sohn schützen würde, egal um welchen Preis, da war sie sich sicher. Während ihrer Aussage brach ihre Stimme oft ab und es kostete sie mehrere Anläufe, um fortzufahren, ohne in Tränen auszubrechen. Der Staatsanwalt unterstützte sie nach Kräften, er gab ihr Zeit, wo sie es benötigte oder untermauerte ihre Aussage mit einem Bild, welches meist eine ihrer Narben oder Verletzungen zeigte. Jedoch unterbrach er sie immer wieder, wenn etwas unklar schien oder er bewusst nachhackte, damit sie genauer schilderte.
Besonders schwer zu erzählen, war, als Bors sie zum ersten Mal vergewaltigt hatte. Zunächst versuchte sie nur vage zu beschreiben, was sich in Bors Schlafzimmer abgespielt hatte, doch Sakamoto unterbrach sie und bohrte genauer nach, wie es genau geschehen war. Obwohl Anna meinte, in seinem Gesicht ablesen zu können, dass er lieber nicht weiter nachfragen wollte, konnte sie doch das Entsetzen in den Gesichtszügen des Staatsanwalts erkennen, auch wenn er versuchte, es zu verbergen. Selbst sein Partner, Mr. Jenkins, der im Blickfeld von Anna sass, konnte seine Bestürzung nicht verbergen, je mehr Anna erzählte. Anna konnte sich nur zu gut vorstellen, wie die Gesichter ihrer Eltern oder Freunde momentan aussahen, denn auch sie, hörten die Einzelheiten was ihr Geschehen war, zum ersten Mal.
Die meiste Zeit, sah Anna Sakamoto oder Kenshin an, welcher sie immer wieder aufmunternd zulächelte. Etwas was ihr unheimlich viel Kraft gab. Sie wusste nicht, was sie ohne ihn getan hätte. Gegen den Schluss ihrer Aussage liess sie immer wieder einiges aus, gab einfach nur an, dass sie alles tat, damit sie Bors Vertrauen erhielt und wie ihr Fluchtplan aussah. Sie würde nicht erzählen, wie oft sie mit Bors geschlafen hatte, dass sie ihn geradezu aufgefordert hatte mit ihr zu schlafen. Auch die Geschichte mit Kenshin und mit der Baroness liess sie aus. Als sie endlich zu Ende erzählt hatte, konnte sie es selbst kaum glauben, dass sie es geschafft hatte. Beinahe hätte sie erleichtert aufgeatmet, doch dann vernahm sie die Stimme des Richters.
„Mr. Frey, Ihre Zeugin.", gab Richter Goldsteen an und Anna wurde klar, dass es noch lange nicht vorbei war. Ihre Hände begannen wieder zu zittern, die ganze Zeit hatte sie bewusst nie zu Bors hinübergesehen, hatte ihn ignoriert, als ob er gar nicht anwesend war. Sie wusste genau, dass wenn sie zu Bors sah, sie jeglichen Mut verlor. Dass sie dann wie ein verängstigtes Reh im Scheinwerferlicht wurde. Nicht in der Lage sich zu bewegen, geschweige denn zu sprechen.
„Miss Turner, wenn ihre Version wahr ist, weshalb haben Sie noch kein einziges Mal zum Duke geschaut?", fragte Mr. Frey und blieb absichtlich so stehen, dass Anna ihren Kopf drehen müsste, um ihm zu antworten, doch dann würde sie auch Bors ansehen müssen.
Dieser elender Bastard, dachte sich Anna und presste wütend die Zähne zusammen. Sie nahm all ihren Mut zusammen und sah den Anwalt an, versuchte Bors im Hintergrund auszublenden, konnte dennoch seinen wütenden Blick nicht ganz entgehen.
„Verzeiht, aber mein Gesprächspartner war Mr. Sakamoto und dieser befand sich vor mir.", antwortete Anna mit leicht zittriger Stimme, da ihr Bors Blick unter die Haut ging. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals, während sich in ihrem Körper die Angst und Panik breit machte.
„Oder Sie haben ein derartiges schlechtes Gewissen gegenüber meinem Mandanten, dass Sie ihn nicht ansehen können.", erwiderte Mr. Frey süffisant. „Weil er die Wahrheit sagt und Sie nicht!"
Anna konnte nicht anders als den Anwalt empört anzusehen, doch bevor sie etwas sagen konnte, stand Mr. Sakamoto erbost auf.
„Einspruch euer Ehren. Dies ist eine böswillige Unterstellung!"
„Ich stimme dem zu. Die Jury wird dies nicht beachten.", gab Richter Goldsteen bekannt und blickte Bors Anwalt warnend an. „Mässigen Sie sich Mr. Frey."
Mr. Frey nickte, doch Anna konnte sein hinterlistiges Lächeln erkennen und sie erkannte, dass Mr. Frey dies mit Absicht gesagt hatte. Es spielte keine Rolle was der Richter gesagt hatte, die Jury hatte es gehört und dies war was zählte. Auch wenn alle Jurys, Recht und Ordnung studiert hatten, dazu vom Volk auch ausgewählt, sie hatten es gehört und dies beeinflusste die Meinung eines Menschen. Eine ungeheure Wut packte sie und verdrängte die Angst. Dieser Mann hatte bereits die Aussagen von Adrian und ihren Freundinnen so verdreht, dass die Jury mehr an Bors Version glaubte, doch nicht mit ihr! Das liess sie nicht mit sich machen. Sie würde Bors hinter Gitter bringen, für alles was er ihr und den anderen angetan hatte.
Und wenn es das letzte ist was ich tue, dachte sich Anna wütend, ich lasse euch nicht gewinnen!
„Miss Turner, als Sie zum dritten Mal einen Fluchtversuch wagten, sagten Sie, dass in der Regenjacke ein Handy vorfanden, welches Sie erst bemerkten, als es vibrierte.", fing Mr. Frey an und betonte das Wort Fluchtversuch so, dass man deutlich hören konnte, dass er nicht daran glaubte. „Ist dies richtig?"
„Ja, dies ist richtig."
„Wie kommt es, dass Sie keine Hilfe gerufen haben? Sie hätten Problemlos die Polizei anrufen können."
„Das wollte ich auch.", gab Anna sicher an und wurde dann ein wenig leiser, weil sie sich dafür schämte. „Ich kannte aber die Notrufnummer von Hiyokuna nicht."
„Sie wissen aber schon, dass Ihr Anruf weitergeleitet worden wäre? Sie hätten auch die hundertzehn anrufen können, was in vielen Länder die Notrufnummer ist.", meinte Mr. Frey spöttisch und sah sie dementsprechend auch an. Anna hätte beinahe wütend geschnaubt, konnte sich aber gerade noch halten.
„Ja Mr. Frey, jetzt ist es mir dies durchaus bewusst. Aber ich war sechzehn, hatte selbst nie ein Handy besessen und war noch nie in einer Situation gewesen, wo ich die Notrufnummer hätte wählen müssen. Nicht einmal in der Schweiz."
„Sie hätten alle dreistelligen Nummer ausprobieren können."
Auf diese Behauptung konnte Anna ihr entrüstetes Schnauben nicht verhindern.
„Natürlich...", erwiderte Anna verächtlich und blickte auf ihre Hände, dachte kurz nach, ob dies überhaupt möglich gewesen wäre. Erinnerte sich zurück und wusste, es wäre niemals möglich gewesen.
„Stellen Sie sich vor, Sie stehen mitten im Nirgendwo, in einem fremden Land und brauchen Hilfe.", begann Anna leise, dennoch so, dass man Sie hören konnte. Sie blickte weiterhin auf ihre Hände, als hätte sie das Handy in der Hand, während sie all ihre Gefühle hervorrief, welche sie gespürt hatte und sie erinnerte sich gut daran. Zu gut.
„Sie haben dieses Handy in der Hand, kennen die Notrufnummer nicht. Sie wissen nicht wie man Hilfe holt, weil Sie es noch nie zuvorgetan haben und während Sie ihre Optionen durchgehen, ruft Ihr Peiniger immer und immer wieder an. Blanke Panik durchströmt Ihren Körper, schürt Ihre Angst wieder geschnappt zu werden. Je mehr Sie seinen Namen auf den Display sehen, desto weniger können Sie überlegen, weil die Angst und Panik welcher Ihr Körper durchflutet Ihnen beinahe die Luft zum Atmen raubt. Und wenn Sie glauben, dass Sie noch Zeit hätten, kommt eine Nachricht von ihm, dass er Ihre Freundinnen töten würde, sollten Sie nicht abnehmen. Also tun Sie es, weil Sie wissen, dass er nicht scherzt. Während Sie jemand holen kommt, bleiben Sie mit Ihrem Peiniger am Telefon, wohlwissend, dass Sie sich keinen Fehler erlauben dürfen, da es ansonsten einen Menschenleben kosten würde. Also beugen Sie sich jeder Anordnung, während in Ihrem ganzen Körper nur Angst herrscht, bis Ihnen das Handy aus der Hand genommen wird und jegliche Hoffnung auf Rettung verloren ist, obwohl Sie so kurz davor waren sich und die anderen zu retten. So kurz davor."
Anna hob ihren Blick und sah Mr. Frey an, welcher bereits jetzt schon aussah, als hätte er in einem sauren Apfel gebissen, dabei war Anna noch nicht einmal fertig.
„Also nein Mr. Frey, ich hätte nicht jede dreistellige Nummer eingeben können und darauf hoffen, dass ich in einer Notrufzentrale lande oder verbunden werde."
„Wieso haben Sie dann nie beim Viscount oder gar beim Kaiser höchstpersönlich nach Hilfe gefragt?"
„Ja, wieso eigentlich nicht? Ich glaube, diese Frage stellt sich ziemlich jeder, nicht wahr?", sagte Anna schon beinahe spöttisch. „Sie stellen sich alles so einfach vor Mr. Frey, doch nichts war einfach. Glauben Sie etwa, ich hätte nie daran gedacht? Glauben Sie, ich hätte nicht den einfacheren Weg genommen, wenn dies möglich gewesen wäre? Glauben Sie etwa, Bors hätte mich mit in die Öffentlichkeit genommen, ohne sich abzusichern? Ein falsches Wort von mir, ein Zeichen oder nur eine falsche Mimik und Bors hätte Adrian getötet. Ein Anruf an einer seiner Männer und Adrian wäre schneller tot gewesen, als ich den Fehler hätte machen können. Und seien wir ehrlich, keiner hätte mir geglaubt."
„Natürlich nicht Miss Turner, denn nichts davon ist so passiert, wie Sie erzählt haben. Der Duke of Shioko ist ein ehrbaren Mann und hätte dies alles nie getan!", erwiderte Bors Anwalt und machte weiter. „Die Aussage der Baroness untermauert diese Version! Oder behaupten auch Sie hier etwas anderes?"
Wütend biss Anna die Zähne zusammen, natürlich kam der Anwalt damit, diese Aussage war ihr grösster Trumpf. Sie konnte sich nicht einmal wünschen, dass sie nie so reagiert hätte. Vieles wäre ansonsten anders gelaufen.
„Nein, was Lady Evans sagte, ist wahr.", antwortete Anna ehrlich. „Doch sie wusste, dass ich lüge und das ich den Duke nicht liebe. Darum ging es in unserem Streit. Sie war die einzige welche bemerkt hatte, das ich schauspielere."
„Und wieder verdrehen Sie die Tatsachen nach Ihren Wünschen Miss Turner!", entgegnete Mr. Frey energisch und sah sie mit gespielter Entrüstung an. Hinter ihm konnte Anna Bors siegessichere Lächeln erkennen, etwas das nur ihren Zorn schürte, statt das sie verzweifelt wurde, wie wahrscheinlich von seinem Anwalt vorgehsehen.
„Geben Sie es doch einfach zu, dass Sie den Duke lieben und ihn bestrafen wollen!", wetterte Mr. Frey weiter. „Geben Sie zu, dass Sie alles freiwillig getan haben. Sie haben mit ihm geschlafen! Ihn geküsst! Sie wollten ihn heiraten!"
„Nein!", erwiderte Anna vehement und starrte den Anwalt zornig an. „Nein Mr. Frey! Ich liebe Bors nicht und ich habe ihn nie geliebt! Wie könnte ich auch? Dieser Mann hat mich entführt, geschlagen, missbraucht und vergewaltigt! Vieles davon mehrmals!"
Annas Stimme begann zu zittern, dennoch sah sie hasserfüllt zu Bors, weil er sie dazu gebracht hatte, all diese Dinge zu tun und dafür hasste sie ihn mehr, als alles andere.
„Ich gebe zu, dass ab dem Moment, als ich beschloss, sein Vertrauen zu erlangen und so seine Partnerin wurde, dass Bors mich zu nichts mehr gezwungen hatte. Ich habe getan, was getan werde musste, um die Flucht zu erlangen. Und ich habe jede einzelne Sekunde davon gehasst! Habe es gehasst, dass er mich dazu brachte, mit ihm zu schlafen, ohne dass er mich schlagen oder bedrohen musste. Habe es gehasst, dass ich so weit gehen musste, um die Freiheit zu erlangen!"
Anna konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme weiterhin zitterte, aus Wut und aus Scham, es laut Aussagen zu müssen, dass sie freiwillig mit Bors im Bett war. Sie wagte es nicht, einen Blick auf Kenshin zu werfen, wollte seinen enttäuschten Blick nicht sehen, also sah sie auf ihre Hände und schloss kurz schwermütig die Augen.
„Wenn Ihre Version war wäre, Miss Turner, dann müssten Sie seelisch so zerstört sein, dass Sie nicht einmal aussagen könnten!"
„Was wollen Sie hören Mr. Frey?", wollte Anna angesäuert wissen und schluckte kurz leer. „Das ich nicht schlafen kann? Das ich Alpträume habe? Das ich Angst habe, ohne mein Bodyguard das Haus zu verlassen? Das ich keine Berührungen ertrage? Geschweige Sex haben kann? Ja Mr. Frey, ja zu alldem! Ist es das was Sie hören wollten? Dass ich psychisch kaputt bin? Und auch deshalb zuerst nicht aussagen konnte?"
Obwohl Anna in sich Wut spürte, kam bei diesen Worten, welche die volle Wahrheit entsprachen, die Verzweiflung in ihr hoch, sowie auch Tränen. Verärgert wischte sie diese weg und sah Bors direkt an.
„Aber ich habe erkannt, dass mich dies nicht hindern darf! Habe erkannt, dass ich zeigen muss, dass mein Leben weitergeht. Nur weil ich Angst habe, darf es mich nicht aufhalten. Nicht nach allem was ich ertragen musste. Nichts darf mich aufhalten! Denn ich gehöre nur mir allein!"
Obwohl Anna wusste, welche Reaktionen ihre Worte bei Bors auslösen könnten, und sie sah, wie er immer wütender wurde, zuckte sie merklich zusammen, als er in einem Wutanfall ausbrach.
„DU GEHÖRST MIR ANNA!", schrie Bors unbeherrscht, die Zornesröte war ihm deutlich im Gesicht geschrieben. Bors stand voller Wut auf, dass sein Stuhl nach hinten krachte, während er weiter brüllte.
„MIR ALLEIN GEHÖRST DU! VERGISS NICHT WO DEIN PLATZ IST!"
Er ging auf sie zu und im Gerichtssaal brach Chaos aus. Inmitten des Durcheinanders konnte Anna nur voller Panik auf Bors blicken, während Rick und Kenshin schnell reagierten. Rick rannte so schnell er konnte zu ihr, um sie zu schützen, dabei hechtete er über die Gerichtssitzbänke. Dennoch schaffte Rick es nicht, vor Bors bei ihr zu sein. Anna war vor Angst völlig erstarrt und sah bereits Bors Faust auf sich zukommen. Doch in letzter Sekunde wurde Bors Faust abgefangen. Kenshin trat dazwischen, lenkte Bors Schlag mit seinem Jiu-Jitsu ab und versetzte ihm einen starken Schlag in die Brust mit der flachen Hand, sodass er zurücktaumelte. Dies gab Kenshins Leibwächter und den Staatsbeamten Zeit, um sich auf Bors zu stürzen und diesen in ihrer Gewalt zu bringen, sowie auch Rick Zeit hatte, sich vor ihr zu stellen, sollte Bors dennoch die Möglichkeit haben, sich zu befreien. Im Gerichtssaal herrschte tumultartige Unruhe, und Anna hatte längst aufgegeben, alles zu verstehen. Bors schrie weiter und kämpfte gegen Kenshins Leibwächter an, während Richter Goldsteen versuchte, alle Anwesenden zur Ruhe zu bringen. Anna nahm kaum noch etwas wahr, sie war immer noch erstarrt und konnte sich nicht davon lösen.
„Miss Turner?", hörte sie jemand rufen. „Miss Turner?"
„Anna?", vernahm sie Kenshins sanfte, beruhigende Stimme und holte sie aus ihrer Schockstarre heraus. Erst jetzt bemerkte sie, dass sich der Gerichtssaal sich räumte, beinahe schon leer war. Bis auf Rick, Kenshin, die Anwälte, die Jurys, sowie der Richter und sie, war der Saal bereits leer. Bors war längst aus dem Saal gebracht worden.
„Miss Turner, geht es Ihnen gut?", fragte Richter Goldsteen besorgt und Anna sah zu seinem Platz auf den Podest hoch. Es schien, als hätte der Richter diese Frage bereits mehrmals gestellt und sie nicht in der Lage war zu antworten.
„Ja.", flüsterte Anna, zu mehr war sie noch nicht imstande, denn ihr ganzer Körper zitterte. Jeder Anwesende konnte dies sehen und man warf ihr schon mitleidige Blicke zu.
„Bitte verzeiht, dies sollte eigentlich nicht passieren.", entschuldigte sich Richter Goldsteen und seufzte schwer. „So etwas ist mir in meinen fünfunddreissig Jahren als Richter nicht passiert. Im Nachhinein denke ich, dass wir damit hätten rechnen müssen."
Anna antwortete nicht, während Rick beschützend einen Arm um sie legte, etwas was ihr half, sich ein wenig zu beruhigen. Sie hörte wie Richter Goldsteen nochmals schwer seufzte.
„Eine Frage hätte ich an Sie Miss Turner, bevor ich auch Sie entlasse. Was ist in der Damentoilette vor einigen Tagen geschehen?"
Sie blickte noch einmal zum Richter hoch, bevor sie mit brüchiger Stimme erzählte, was Bors ihr vor wenigen Tagen angetan hatte, dann durfte sie den Gerichtssaal endlich verlassen. Rick und Kenshin gingen mit ihr hinaus.
Vor dem Saal standen alle Zuhörer, welche hofften, dass die Verhandlungen bald weitergehen würden, doch auch schockierte Gesichter waren darunter. Schockiert über Bors Wutanfall. Kenshin und Rick führten Anna an allen vorbei, brachten sie in einem kleinen Raum. Was es für einer war, wusste Anna nicht, sie war immer noch neben der Spur. Kaum wurde die Tür verschlossen, ging Kenshin auf sie zu und nahm sie in seinen Armen. Diese Umarmung löste bei Anna endgültig die Taubheit und gab ihr alles Nötige. Sie erwiderte die Umarmung so fest sie konnte, er war ihr Anker.
„Es ist alle gut Koibito.", flüsterte Kenshin beruhigend auf sie ein. „Du hast es geschafft. Es ist vorbei!"

Gefangen im Schatten der Angst - Wieso er?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt