Anna spürte einfach nur Schmerzen, in jedem Muskel, den sie besass, sie wollte sich bewegen, doch keiner ihrer Körperteile gehorchte ihr. Auch ihre Augen zu öffnen, blieb erfolglos. Stimmen drangen an ihre Ohren, doch sie konnte nicht sagen wer sprach. Sie versuchte sich an die letzten wachen Momente zu erinnern und ihr fiel die Werkstatt wieder ein, in dem sie von Bors gefoltert wurde. Bors war unglaublich wütend gewesen und sie nochmals mit diesem Stab berührt, dann war alles weg gewesen.
Wieso noch einmal war er wütend gewesen? Sie durchforstete ihre letzten Erinnerungen und dann kam es ihr wieder in den Sinn. Sie hatte ihm alles gebeichtet. Ja, deswegen war er so wütend gewesen. Was würde jetzt geschehen? Was wird Bors mit ihr tun, jetzt da er weiss, dass alles nur gelogen war? Sie wollte sich wieder bewegen, doch ihr Körper reagierte immer noch nicht auf ihre Befehle. Die Stimmen wurden deutlicher und sie lauschte.
„Bevor du dich für mich entscheidest Fabio, solltest du wissen, dass ich die Polizei informiere so bald Bors weg ist. Das bedeutet, dass wir alle ins Gefängnis gehen, denn Rick und ich werden für unsere Taten geradestehen."
Das war Stevens Stimme und so wie immer, war Anna erleichtert seine Stimme zu hören. Ihn bei ihr zu wissen, beschwichtigte sie, doch wieso sprach er vom Gefängnis?
„Das ist mir bewusst Steven, solange ich danach zurückkommen und für dich arbeiten darf, werde auch ich mich stellen."
„Du wirst länger als Rick und ich im Gefängnis sein, du warst bei der Entführung von Anna und den anderen Mädchen dabei. Rick und ich nicht."
„Ich weiss, trotzdem würde ich mich stellen, um danach für dich zu arbeiten."
„Also gut, du hast mein Wort, dass du zurückkommen kannst, aber ich weiss nicht was für ein Leben wir haben werden, wenn wir aus dem Gefängnis raus sind."
Anna verstand nicht, wieso Steven ins Gefängnis musste. Wieder versuchte sie sich zu bewegen, versuchte mit aller Kraft ihre Muskeln zu bewegen, doch die Dunkelheit umschloss sie.
„Was tun wir, wenn sie nicht mehr aufwacht?"
Anna kannte diese ruhige sanfte Stimme, konnte sie aber nicht zuordnen.
„Sie wird wieder aufwachen Rick. Sie muss einfach!"
Diese Stimme erkannte Anna sofort, es war Stevens besorgte Stimme. Sie wollte nicht, dass er sich Sorgen machte und sie versuchte ihre Augen zu öffnen, doch sie schaffte es nicht. Es verursachte ihr nur mehr Schmerzen. Sie hörte ein Klopfen und andere Geräusche und dann eine neue Stimme, die sich für immer in Annas Gehirn eingebrannt hat.
„Steven können wir nochmals reden?", fragte Bors leise.
„Wenn du Fragen willst, ob ich meine Entscheidung geändert habe, muss ich dich leider enttäuschen!", antwortete Steven. Konnte Anna Zorn in seiner Stimme hören?
„Das habe ich mir schon gedacht, dass du deine Meinung nicht änderst, deswegensind Rej, Ma- Long und Jack bereits auf dem Weg zum Treffpunkt mit den anderenMänner, welche noch fliehen konnten. Ich würde gerne bleiben, bis Anna wieder wach ist und ich mich von ihr verabschieden kann."
„Nein! Ich sagte dir bereits, du wirst ihr nicht mehr nähern!", hörte Anna Stevens wütende Stimme sagen.
„Bitte, ich will mich doch nur von ihr verabschieden und dann bin ich weg!", flehte Bors Steven an, dann war ein Moment der Stille.
„Wenn Anna damit einverstanden ist, von mir aus!", gab Steven wutschnaubend nach.
„Nein! Bors wird sich Anna nicht nähern!", ertönte Ricks wütende Stimme. „Ich habe lange zugesehen und ich werde nicht zulassen, dass er sich ihr noch einmal nähert!"
Anna hörte verwirrt dem Gespräch zu, ein wütender Rick der sie beschützte, ein Steven, der sich gegen seinen Vater auflehnte und ein flehender Bors? Was war hier los?
„Es wird Annas Entscheidung sein.", erwiderte Steven mit einer etwas ruhigeren Stimme. „Sobald sie wach ist und jetzt verschwinde aus diesem Zimmer Bors!"
Anna versuchte sich zu bewegen, doch nur noch mehr Schmerz durchflutete sie und die Dunkelheit ergriff sie erneut.
Als Anna das nächste Mal zu sich kam, war der Schmerz in ihrem Körper erträglicher geworden und sie spürte, wie jemand ihr Haar streichelte.
„Wach auf Kleines!", flüsterte Stevens wehmütige Stimme. „Wach endlich auf und komm zu mir zurück!"
Stevens wehmütige Stimme versetzte Annas Herz einen Stich, sie wollte nicht, dass er wegen ihr litt.
„Ich bin wach.", flüsterte Anna kaum hörbar und unter Schmerzen. Hatte sie jetzt genügend Kraft ihre Augen zu öffnen?
„Anna?", flüsterte Steven hoffnungsvoll.
„Ich bin wach.", flüsterte sie erneut, doch diesmal lauter und öffnete ihre Augen. Sie blickte in Steven überglückliches Gesicht, das leicht erschöpft wirkte.
„Oh mein Gott Anna, du bist wach!", rief er erleichtert aus.
„Ja.", krächzte Anna, ihr Hals fühlte sich staubtrocken an. „Hast du Wasser?"
„Natürlich!", antwortete er schnell, stand auf und verschwand aus ihrem Blickfeld. Wieso hatte er überhaupt auf den Boden gesessen? Sie hörte wie Steven nach Rick rief und danach war er mit einer Flasche Wasser wieder bei ihr. Anna versuchte sich aufzurichten, da aber das Bett, in dem sie lag, keine Kopflehne hatte und sie selbst nicht genügend Kraft hatte, musste Steven ihr helfen. Er setzte sich hinter ihr, damit sie sich an ihm anlehnen konnte. Langsam trank sie das Wasser, es tat ihr gut, aber es bereitete ihr auch Schmerzen. Die Schiebetüre wurde geöffnet und Rick trat ein, als er sie sah, konnte Anna seine Freude und Erleichterung in seinem Gesicht erkennen.
„Anna du bist wach! Wie wunderbar!", rief er freudig aus und blieb vor dem Bett stehen.
„Ja, ich bin wach!", sagte Anna leise, zu mehr war ihre Stimme gar nicht imstande und holte tief Luft, was ihr Schmerzen in der Brust bereitete.
„Wie fühlst du dich?", wollte Steven wissen und war in seinem Arztmodus.
„Ein wenig schwach und ich habe Schmerzen.", antwortete sie ihm leise und Steven gab Rick ein Zeichen. Dieser ging zu einer Tasche und holte daraus eine Schachtel Schmerztablette. Er gab Anna eine und sie schluckte diese mit dem Wasser hinunter. Wieder bemerkte sie die Schmerzen in der Brust. Lag es an ihrer verletzten Schulter? Sie tastete zu ihrer rechten Schulter, welche nun eingebunden war und ihr nur noch wenig Schmerzen bereitete.
„Tut dir deine Schulter sehr weh?", fragte Steven besorgt.
„Es geht schon, aber meine Brust...", erwiderte Anna leise. „Wieso habe ich Schmerzen in der Brust?"
Ein unbehagliches Schweigen setzte sich ein, was Anna irritierte.
„Liegt vielleicht daran, dass Steven dich reanimieren musste.", brach Rick das Schweigen und Anna blickte noch verwirrter drein.
„Wieso?"
„Weil du tot warst Anna.", flüsterte Steven und wurde ein wenig bleich. „Du warst kurz tot. Könnte sein, dass ich dir eine Rippe gebrochen habe."
„Ich...ich war tot?", flüsterte Anna entsetzt und verwirrt. „Aber wie?"
„Die Folterung durch den Elektrostab hat wahrscheinlich den Herzstillstand ausgelöst.", liess Steven sie wissen. „Elektrowaffen sind in der Regel nicht- tödliche Waffen, deswegen hatte es Bors ausgesucht, aber dein Körper war bereits sehr erschöpft und die Folterung war zu viel für dich."
Anna versuchte zu verstehen, sie sollte eigentlich tot sein und das Kämpfen wäre vorbei. Doch sie war immer noch hier und sie wird Bors früher oder später wieder ausgeliefert sein. Bei diesem Gedanken packte sie die Furcht.
„Keine Angst, es wird dir jetzt nie mehr wieder jemand etwas zu leide tun!", versicherte ihr Rick, der ihre Angst erkannt hatte.
„Bors?!", flüsterte sie ängstlich.
„Nein, auch nicht er! Nicht, solange ich es verhindern kann! Versprochen!", versprach Rick sanft, aber bestimmend.
„Bors geht fort und er wird nicht mehr zurückkommen, dafür werde ich Sorgen!", erklärte Steven mit leichter zorniger Stimme und setzte dann sanfter fort. „Er will sich nur noch von dir verabschieden, aber nur wenn du das willst."
Sie hatte also die Wahl? Ja, sie erinnerte sich dieses Gespräch gehört zu haben. Wollte sie ihn noch einmal sehen? Wird er wirklich fortgehen? Sie musste sich vergewissern, also nickte sie.
„Ja, er soll sich verabschieden.", entschied sie, sie sah wie Rick grimmig seinen Kiefer anspannte und bemerkte das Steven sich versteifte.
„Okay, leg dich wieder hin und ich werde ihn holen.", meinte Steven steif. Anna legte sich mit schmerverzerrtem Gesicht wieder hin, Steven half ihr ein wenig, dann deckte er sie zu. Er verliess das Zimmer, um nach wenigen Augenblicken, mit Bors im Schlepptau, zurückzukehren. Bors wollte gleich zu ihr hasten, doch Rick versperrte ihm, mit verschränkten Armen den Weg.
„Du hast dein Wille wieder gekriegt Duke, aber du wirst sie nicht anfassen und Steven und ich bleiben im Zimmer, ganz egal was Anna sagt! Verstanden?!", knurrte Rick ihn an.
„Vielen Dank Rick. Ist angekommen!", entgegnete Bors kühl und ging an ihm vorbei. Sofort hellte sich sein Gesicht auf, als er sie erblickte und Anna sah, dass er ein blaues Auge hatte. Sie fragte sich, wer wohl genügend Mut hätte diesem Mann zu schlagen. Er setzte sich auf das niedrige Bett und lächelte sie hoffnungsvoll an.
„Anna ich bin so froh dich wach zu sehen.", sagte er leise, so dass nur sie ihn verstehen konnte und blickte dann schuldbewusst zu Boden. „Es tut mir so unendlich leid was passiert ist, ich wollte nie das so weit kommt, dass musst du mir glauben! Ich bin an allem Schuld und ich sehe es ein."
Bors machte eine Pause und Anna hörte einfach nur zu.
„Du hast mich verraten und belogen.", fuhr Bors mit schwermütiger leiser Stimme fort und blickte in ihre rehbraunen Augen. „Trotzdem liebe ich dich immer noch, ich werde dich immer lieben. Ich hoffe du kannst mir eines Tages alle Fehler verzeihen, aber ich muss jetzt fort. Du kannst mit mir kommen, wenn du willst, aber vielleicht ist es besser, wenn wir eine Weile getrennt sind. Ich verspreche dir, dass ich mich in dieser Zeit ändern werde, damit wir wieder ein glückliches Paar sein können."
Bors blickte sie an und hoffte eine Reaktion von ihr, die sie ihm gab. Sie sprach genauso leise, so dass weder Rick oder Steven es verstehen konnten.
„Verschwinde einfach und wenn du das nächste Mal versuchst mich zu töten, dann gib dir mehr Mühe und beende es endgültig!"
Bors blickte sie entsetzt an und liess dann den Blick schwermütig senken.
„Auf Wiedersehen Geliebte.", verabschiedete sich Bors und stand auf. „Ich liebe dich!"
Anna sah zu wie er aus dem Zimmer ging, Steven folgte ihm. Sie blickte zur Decke des Zimmers, dann schloss sie erleichtert ihre Augen. Bors war weg. War sie jetzt endlich frei?
Hallo meine Lieben :))
So wie es aussieht geht Bors wirklich, wird er aber Anna loslassen können? Endet Annas Alptraum hier?
Da es eher ein kurzes Kapitel ist und ausserdem bald Weihnachten, kommt das nächste Update statt nächsten Freitag, bereits am Sonntag. :D
Votes und Kommentare willkommen. :)))Eure D.F. Saillants
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Gefangen im Schatten der Angst - Wieso er?
Misterio / SuspensoDer Weg von Anna, einer sechzehnjährigen jungen Frau, ist von schrecklichem Missbrauch und Vergewaltigung geprägt. Trotz der schmerzhaften Erfahrungen, denen sie ausgesetzt ist, stellt sie sich mutig dieser Tortur, um ihre Freunde vor ihrem Entführe...