Kapitel 27

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Hallo meine Lieben, :))
Letzte Woche habe ich Kapitel 26 veröffentlicht, aber die Benachrichtigung ist von Wattpad wohl untergegangen. 
😏Also, wenn ihr Kapitel 26 noch nicht gelesen habt, hüpft zurück und viel Spass beim Lesen. :))

Mehrere Tagen waren vergangen seit Anna den Palast dem Rücken gekehrt hatte. Die ersten Tage verbrachte sie ihre Zeit in der Suite, die Steven, ihr und Rick zur Verfügung stellte. Ihre Gedanken waren stets bei Kenshin. Hatte sie wieder die richtige Entscheidung gefällt? Ihr Kopf sagte ja, ihr Herz sagte nein. Die anderen Gedanken waren natürlich, was sie jetzt tun sollte, etwas was sie genau so beschäftigte wie Kenshin. Rick sah ihr missbilligend zu, wie sie in die Leere starrte, doch wie immer sagte er nichts.
Irgendwann kam ihr wieder etwas in den Sinn, etwas was sie einmal gedacht hatte. Wenn sie jemals aus Bors Fängen befreit werden kann, sollte sie ihr Glück als Schauspielerin versuchen. Ein alberner Gedanke, gedacht in einer Zeit, in welcher sie ihre Zukunft nicht kannte. Und doch liess sie dieser Gedanke nicht mehr los, und so hatte sie sich bei der Schauspielschule angemeldet, das Einzige, was sie glaubte überhaupt zu können. Aus Interesse meldete sie sich auch an der kaiserlichen Universität Fujiwara an. Es war nicht nur aus Interesse, sondern auch eine Art Beschäftigungstherapie. Je mehr sie zu tun hatte, desto weniger Zeit blieb ihr, um über Kenshin nachzudenken. Zumindest redete sie sich das ein.
Da sie die Schauspielschule an erster Stelle setzte, hatte sie bei der Uni Kurse besetzt, welche sich nicht mit den Schauspielkurse überschnitten. Die Auswahlmöglichkeiten waren begrenzt, also entschied sie sich für Wirtschaft und Historik. Das schien ihr besser als Kunst oder Politik zu sein. Steven half ihr bei der Anmeldung und dank ihm durfte sie sogar mitten im Semester beginnen. Rick meinte zwar, dass es nicht besonders sinnvoll sei, einfach ins laufende Semester einzusteigen, aber Anna war das egal. Hauptsache, sie hatte etwas zu tun.
Anna blieb zurückhaltend und in sich gekehrt, schaffte es aber dennoch sich an der Schule ein paar Freunde zu machen. Besonders ein junger Mann mit blonden Locken, hellbraune gütige Augen und normaler Statur, ein wenig schlaksig, hatte sich Anna angenommen. Er hatte sich gleich am ersten Tag der Schauspielschule neben ihr gesetzt, nachdem er kurz den Blick im Vorlesungsraum geschweift hatte. Er hatte sie angesehen, kurz gelächelt und sich dann einen Weg zu ihr gebannt.
„Hallo, mein Name ist Edmund.", stellte er sich lächelnd vor, als er sich setzte. „Aber meine Freunde nennen mich Ed."
Ed wurde schnell ein enger Freund und hatte sich zur Aufgabe gemacht, Anna zum Lachen zu bringen oder wenigstens Freude am Leben zu haben. Er wusste wer sie war, was sie erlebt hatte. So wie alle anderen es wussten. Ihr Name war nicht unbekannt.
„Ich wusste es. In diesem Moment, wo ich dich das erste Mal sah, wusste ich, was dir geschehen war. Auch wenn ich nicht wusste, wer du bist. Meine Schwester hatte denselben Blick wie du.", gab Ed an, als er Annas vollständigen Namen erfuhr.
„Deine Schwester wurde entführt?", hatte Anna darauf fassungslos geflüstert. Ed hatte nur gequält gelächelt, bevor er antwortete.
„Nein, sie wurde vergewaltigt."
Anna hatte nur leer geschluckt, wusste nicht was sie sagen sollte.
„Wie kommt sie damit klar?", hatte sie leise gefragt und Ed hatte traurig ein Lächeln zustande gebracht.
„Sie kam damit nicht klar und hat sich das Leben genommen."
Danach war Anna so schockiert, dass sie Ed nie wieder nach seiner Schwester fragte. Dennoch fragte sie sich, wie schlimm es gewesen sein musste, dass Eds Schwester Selbstmord begangen hatte. Sie selbst hatte auch Schreckliches erlebt und ja, sie hatte sich oft den Tod gewünscht, weil sie nicht mehr konnte. Aber an Selbstmord hatte sie nie gedacht. Sie hatte eher gehofft, dass ihr Herz einfach aufhören würde zu schlagen, weil es aufgab. Manchmal hoffte sie immer noch darauf.
„Wenn du nicht mehr kannst, sprich mit mir.", hatte Ed noch gemeint. „Es gibt immer eine Lösung."
Anna verstand Ed und wusste, warum er ihre Freundschaft suchte. Obwohl er seiner Schwester nicht helfen konnte, wollte er zumindest versuchen, ihr zu helfen. Ed war trotz seines Verlustes ein fröhlicher Mensch. Er strahlte eine ruhige Aura aus und war immer positiv gestimmt. In gewisser Weise erinnerte er Anna an Kenshin.
Dann war da noch Lorelei, eine äusserst extrovertierte junge Frau mit riesigem Selbstbewusstsein, etwas wovon sich Anna, ihrer Meinung nach, nicht nur eine, sondern gleich mehrere Scheiben abschneiden konnte. Mit ihren pinken Haaren, blauen Augen und ihrer zierlichen Statur, wirkte sie oft wie eine Lolita. Sie sprühte vor Lebensfreude und passte perfekt zu Ed. Sie nahm gerne an Eds Mission teil, Anna zu neuem Lebensmut zu verhelfen.
Wie besprochen, telefonierte Anna jede Woche einmal mit ihren Freundinnen und irgendwann fingen sie an zu skypen, sodass sie sich wenigstens sehen konnten. Selbst Adrian nahm daran teil und Anna war froh, seine Freundschaft nicht verloren zu haben, auch wenn es ein wenig weh tat ihn zu sehen. Auch mit ihren Eltern telefonierte Anna regelmässig, sowie mit ihrer Schwester.
Anna blieb weiterhin in der Suite von Stevens Hotel wohnen, da Steven und Rick behaupteten keine Wohnung im Stadtzentrum finden zu können. Obwohl Anna mehrmals betonte, dass eine Wohnung im Zentrum nicht notwendig sei, bestanden beide darauf. Steven und Rick argumentierten immer wieder, dass die Nähe zur Universität und zum Schauspielhaus wichtig sei. Anna musste zugeben, dass die Nähe praktisch war, aber nicht unbedingt erforderlich. Oft hatte sie das Gefühl, dass Steven und Rick Zeit schinden wollten, als ob sie versuchten, das Ganze hinauszuzögern. Doch sie verwarf solche Gedanken sofort, denn welche Gründe gab es, die Wohnungssuche hinauszuzögern?
Der einzige Punkt, bei dem Anna Steven überzeugen konnte, war ein Job zu haben. Sie hatten lange darüber gestritten, weil Anna dazu beitragen wollte, die Suite zu bezahlen, während Steven den Sinn dahinter nicht sah. Für ihn hatte Geld eine andere Bedeutung als für Anna, und er wollte lieber, dass sie sich auf ihr Studium und die Schauspielschule konzentrierte, anstatt arbeiten zu müssen. Dennoch konnte Anna ihn schließlich überzeugen, einen Job anzunehmen, wenn auch nur knapp, und auch nur, weil ihr Job in Stevens Firma war. Genauer gesagt, bei ihm. Sie half ihm im Büro und fungierte als eine Art Assistentin für ihn. Es war ein Kompromiss.
So vergingen die Wochen, die Uni und die Schauspielschule machte Anna mehr Spass, als sie gedacht hatte und lenkte sie wunderbar ab. Auch der Job bei Steven, bei dem sie zweimal pro Woche half, bereitete ihr Freude. Doch trotz all dem, war es nicht genug. Sobald ihr Kopf nicht beschäftigt war, dachte sie an Kenshin. Was er wohl trieb? Dachte er an sie, so wie sie an ihm? Vermisste er sie, so wie sie ihn? Alles, was mit ihm zu tun hatte, verschlang sie begierig. Jeden Zeitungsausschnitt, sogar die Klatschzeitungen, las sie, sobald es um den jungen Kaiser ging. Dabei fühlte sie sich fast wie eine Fanatikerin, konnte aber nicht anders, als den Hals zu verrenken, wenn sie seinen Namen in einer Zeitung entdeckte. Sie hoffte nur, dass Rick es nicht zu sehr bemerkte. Eine Hoffnung welche sie aber begraben musste, als sie am Kiosk Zigaretten kaufen wollte und kurz in eine Klatschzeitung blätterte.
„Es steht in dieser Ausgabe nichts über Kenshin.", gab Rick wissend an, welcher sie wie immer überall begleitete.
„Ich suche nur den Wirtschaftsteil.", meinte Anna und blätterte weiter, dabei versuchte sie nicht rot zu werden.
„In einer Klatschzeitung?"
„Es ist für eine Analyse. Für die Uni.", erwiderte Anna, nachdem sie kurz in ihrer Bewegung gestockt hatte. Eine lahme Ausrede, dass wusste Anna und ihre Wangen färbten sich leicht rosa.
„Natürlich.", schmunzelte Rick, wohlwissend, dass sie log.
Weitere Wochen vergingen und Annas Sehnsucht nach Kenshin wurde immer stärker. Sie hatte ihn nun fast drei Monate lang nicht mehr gesehen. Immer öfter fragte sie Steven nach Kenshins Wohlbefinden und ärgerte sich über sich selbst dafür. Steven antwortete jedes Mal mit einem Lächeln auf ihre Frage und schlug gleichzeitig vor, dass sie doch mal wieder in den Palast kommen sollte. Doch Anna lehnte immer wieder ab. Sie durfte nicht in den Palast zurückkehren. Der Abschied von Kenshin würde nur noch schwerer werden. Es musste genügen, ihn aus der Ferne anzuhimmeln. Außerdem hatte sie Kenshin unmissverständlich klargemacht, dass sie nicht zu ihm gehörte, und es war besser so. Sie würde ihn nur wieder verletzen.
Eines Tages betraten Anna und Rick, mit Ed, gerade ihre Suite im Hotel, um zusammen zu lernen. Am Fenster stand ein Mann mit dem Rücken zu ihnen. Anna erkannte sofort seine Statur und Haltung, konnte aber nicht glauben, dass er hier war. Sie zweifelte an ihrer Wahrnehmung. Doch als die Person sich umdrehte und sie sein Gesicht sah, waren alle Zweifel verschwunden. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, während sie wie erstarrt stehen blieb.

Gefangen im Schatten der Angst - Wieso er?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt