Persönliche Freiheit

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POV Seth

Ich packe Inéz eiskalte Hand und stürme durch die in sich einstürzende Halle. Sie will nichts als rennen, sich retten und ich will nichts als sie gerettet zu wissen.

Innerhalb dieser grauen Mauern, fahlen Emotionen und totvergilbten Herzen,
ist sie die zuletzt übriggebliebene Röte. Die letzte Hoffnung vor dem Verwelken. Meine Mohnblume.

Ich werde sie beschützen vor jedem da draußen, das schwor ich mir, nur weiß ich nicht, ob ich sie vor mir selbst beschützen kann.

Wie sehr ich sie will, dass wird keiner jemals verstehen. Der menschliche Verstand kann nicht diese tief gehende Obsession begreifen.

Sie tun es als Krankheit ab.
Als psychotisches, neurotisches Verhalten, das  seinen Ursprung in einer traumatischen Kindheit hat. Ein psychisch zerstörter Mann, der seine Komplexe mit Stalking, Manipulation und toxischem Verhalten kompensiert, Beziehungen eingeht, die von Beginn an zum Scheitern verurteilt sind.

Doch so bin ich nicht, nicht immer jedenfalls...
Das ist alles bloß eine expandierte Version von Leidenschaft, das ist mehr Gefühl, als normale Langweiler je verstehen werden.

Inéz, du bist mein Atem am Ende des toten Ganges.

Wenn es Seile gäbe, die dich immer und bedingungslos an mich ketten könnten, würde ich dich immer bei mir tragen wie ein lebensnotwendiges Organ. Wann immer du drohen würdest aufzugeben, würde ich dich an eine dieser sündhaft teuren Überlebens Maschinen anschließen, denn wenn es um dich geht, bin ich verfickt nochmal nicht bei klarem Verstand und verfickt nochmal egoistisch. Keiner kann und keiner sollte dich mir je wieder entreißen.

Mit dir hier wegzurennen, zu wissen, dass du nur an meine Hand geheftet bist und keinen anderen Menschen auf dieser Welt als mich berührst, stellt Unfassbares mit mir an. Es ist eine extrem starke Energie, die uns verbindet.

Mein Mädchen muss Schreckliches erlebt haben in der langen Zeit, als ich nicht fähig war meinen Job zu erledigen. Als ich im Schlaf gefoltert wurde. Als ich mich im Koma befand, ein derartig beängstigender Zustand, in dem man nicht einmal mehr weiß, wo man ist, wer man ist, aber ganz tief spürt, was man braucht. Und das warst du meine Kleine.

Ich war tot, aber mein Verlangen nach ihr pochte durch diesen kalten Tod hindurch.

Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sogar behaupten, dass mein Willen sie zurückzubekommen, meine Organe mit ausreichend Energie versorgt hat.

Im Tod, sowie im Leben lasse ich dich nicht gehen Little.

Unvorstellbar groß ist die Reue, die mich seit jenem bekifften Tag auf dem Feld in meinen Alpträumen verfolgt. Die was-wäre-wenn-Fragen muss ich mir seither streng verbieten. Sie würden mein Gewissen zerreißen und ich erinner mich nicht daran, dass ich jemals wegen einer anderen Person solche Schuldgefühle empfunden habe.

Inéz. Ich empfinde Scham, denn ich wäre bei klarem Bewusstsein in der Lage gewesen, dein unschuldiges Leben vor diesen Monstern zu bewahren. Doch am Ende ließ ich mich zu sehr gehen, du zogst mich in deinen Bann, die Drogen machten uns unvorsichtig und das einzige Monster bin letztendlich ich.

Ich bin Schuld, denn du hättest es nicht besser wissen können.

Ich hätte an diesem Tag besser auf dich Acht geben sollen, ich war egoistisch. Wollte auf das Gute in der Welt vertrauen und darauf, nur ein einziges Mal in Frieden und ohne dunkle Vorahnungen auf einem beschissenen Feld in deinen braunen Augen versinken.

Wie muss sich also ein allmächtiger Mann fühlen, wenn er nicht die Macht hat sein Wertvollstes zu beschützen?

So ein Mann begreift entweder, dass er in Wahrheit viel schwächer ist, als er immer geglaubt hat oder er versucht alles in seiner Macht stehende zu tun, um sich dieser alt vertrauten Macht wieder Schritt für Schritt anzunehmen.

Diese Schritte lassen uns gerade durch die Halle rennen. Abgetrieben durch den Überlebenswillen sprintet sie neben mir her, und mich treibt dabei nur der Wille an, sie keine weitere Sekunde mehr zu verpassen. Die letzten Monate waren ein unverzeihlicher Fehltritt, und um nichts in der Welt werde ich das wiederholen.

~

Ein Blick auf die schockierten Gesichter seiner Bodyguards, beweist mir, dass das hier kein von Ares geplanter Attentat war. Er wollte seine sadistische Zeremonie plangemäß abhalten, doch jemand funkte dazwischen, so viel ist mir bewusst.

Keiner hier hätte diese Wendung erwartet, aber jeder geht völlig anders mit ihr um. Manche denken sie seien stärker als Tonnen an Zement und finden hier schnell ihren verdienten Tod, aber ich werde nicht noch einmal so hirnverklemmt sein und Inéz in Gefahr bringen.

Mein Egoismus wollte stehen bleiben, kämpfen. Alle dort umbringen, bevor die Mauern es tun, einfach nur um zu wissen, dass ICH es vollbracht hab. Dass ICH mein Mädchen gerächt habe, ICH deren Leben ein Ende gesetzt habe, doch mein Herz, dass noch immer voller Reue schmerzt, musste Inéz packen und fortrennen.

Manchmal tut ein wenig Schwäche gut.
Manchmal sollte man seinen falschen Stolz und tief verankerten Egoismus herunterschlucken. Das ist, was ich hier gerade tue.

„Seth?! Seth ich glaube wir sind draußen!! Wir sind endlich frei!!" Schreit Inéz und obwohl ich weiß, dass sie sich irrt, und man in dieser ungelösten Staubwolke kaum Tageslicht erkennen kann, spiele ich meine Freude vor. Ihre Nerven sind am Ende.
Doch es muss weiter gehen.

Ich werde uns hieraus führen, ich muss nur auf meine Instinkte vertrauen. Sie werden von der Freiheit magisch angezogen, vielleicht folge ich darum meiner Mohnblume überall hin.

Sie ist meine persönliche Freiheit.




// was sagt ihr zum Kapitel?

Entschuldigt, dass lange nichts kam, aber es muss eben auch gut werden 😻

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