29. Kapitel

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Als er mich verblüfft ansah, machte ich einen Schritt auf ihn zu

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Als er mich verblüfft ansah, machte ich einen Schritt auf ihn zu. >> Ich finde schwul sein okay. <<

Ich finde schwul sein okay, dachte ich und schlug mir innerlich gegen die Stirn. Wie bescheuert dieser Satz klang. Langsam verstand ich wieso ich in Ricks und Janus Augen immer etwas homophob gewirkt hatte. Es ist OKAY, dass er schwul ist…

Erst, als mein Vater mit drohendem Finger auf mich zeigte, wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. >> Du weißt nicht was du da sagst. Ruben, das ist abartig. Stell dir mal vor der begrabscht dich. Das ist doch krank. Diese Menschen sind krank. Und ich verbiete dir so etwas zu sagen. Ich verbiete dir so zu denken. <<

Entgeistert wand er sich meiner Mutter zu. >> Schatz sag doch etwas. <<

Doch sie sah mich aus ernsten Augen an. Schweigend, den Kopf ein wenig zur Seite geneigt.

>> Ruben, wir haben dich besser erzogen <<, warnte er mich jetzt, als sie nichts sagte. >> Das ist abnormal. <<

>> Papa <<, sagte ich erneut und er sah mich nicht an.

>> Chichi. << Wütend stand er auf und wand sich mir zu. Und ich hatte wirklich Herzklopfen und ich spürte den Schweiß auf meinem Rücken. >> Ich… <<, begann ich und brach ab. Mir war übel. Mir war unfassbar übel. Langsam stieß ich den Atem aus und als ich aufsah, schüttelte mein Vater den Kopf.

>> Sprich es nicht aus. Wehe. Du bist jetzt ruhig Ruben <<, drohte er mir und ich verschränkte meine Arme vor der Brust. Meine Hände zitterten so sehr. Weil ihm gerade klar wurde, worauf ich hinauswollte. Und in seinen Augen war wirklich ehrliche Panik zu sehen. Panik davor, dass ich „abnormal“ war. „Krank“, wie die Menschen, die er so verabscheute.

>> Chichi <<, sagte ich und er hielt sich die Ohren zu. >> Ich stehe nicht auf Frauen <<, keuchte ich und ich wusste, dass er mich nicht hörte. Aber er sah mich an und die Augen waren erschrocken aufgerissen und meine Mutter griff um ihn herum. Streckte die Hand nach mir aus.

Ich kam ihr nicht entgegen. Dafür war ich gerade zu durcheinander. Ich hatte meinen Eltern gesagt, dass ich auf Männer stand. Ich hatte es wirklich ausgesprochen. Ich hatte es noch nicht einmal laut vor mir selbst sagen können. Geschweige denn vor Lasse. Dem Menschen, dem ich es dringend sagen musste.

Aber ich sagte es meinem Vater.

Meine Brust schnürte sich langsam zu, als er mich ansah, als hätte er Angst vor mir. Er schüttelte den Kopf. Langsam ließ er die Arme sinken und meine Mutter war jetzt bei mir und schlang die Arme um mich. Über ihren Kopf hinweg sah ich weiter meinen Vater an.

>> Papa, ich habe Gefühle für Lasse. Ich stehe nicht auf Frauen. Habe ich nie. Chichi? Papa, hörst du was ich sage? <<

>> Wie kannst du mit dir Leben? <<, fragte er und der Hass in seiner Stimme war so groß. Und mir so schlecht.

>> Genug, sei ruhig <<, rief meine Mutter in dem Augenblick und er sah sie an. >> Sei ruhig. Du hast es doch selbst gewusst. Ruben war elf als du das erste Mal befürchtet hast, dass er auf Männer stehen könnte. Als du ihn mit Lasse zusammen vom Basketballtraining abgeholt hast und sie gemeinsam auf der Rückbank gesessen haben. <<

Mein Vater sah seine Frau an und er war so blass. Als würde sein Körper sich wirklich so sehr davor ekeln, dass er sich schlapp fühlte.

>> Du bist zu mir gekommen und hast gesagt, dass du nicht willst, dass Lasse weiter zu Besuch kommt. Und als ich dich gefragt habe, wieso, hast du gesagt, dass er Ruben schwul macht. <<

Sprachlos starrte ich vor mir auf die Fließen. Meine Arme hingen einfach neben meinem Körper, obwohl meine Mutter mich weiter umarmte und dabei über ihre Schulter meinen Vater anschrie.

>> Er ist dein Sohn. Er ist schwul. Er wurde so geboren. Und du solltest dich schämen <<, brüllte sie und er schüttelte den Kopf. Ignorierte ihre Worte und sah mich fest an.

>> Was auch immer du denkst zu fühlen, hör auf damit. Hör auf mit der kranken Scheiße und werde wieder normal, sonst kannst du gehen. Ich meine es ernst Ruben. Du gehst. Und betrittst dieses Haus nie wieder. <<

>> Das kannst du nicht entscheiden <<, verteidtigte mich meine Mutter und ließ mich los. Stand vor mir und sah zu ihrem Mann hoch. >> Das ist auch mein Haus und Ruben ist immer willkommen. Wenn du damit nicht einverstanden bist, dann bist du es, der verschwinden muss. <<

>> Mama <<, sagte ich entsetzt und ich wusste nicht, wie ich weitersprechen sollte. Was ich sagen sollte. Sie war bereit meinen Vater rauszuwerfen.

Mein Vater wollte mich aus dem Haus schmeißen. Und sie wollte sich für mich von ihm trennen.

Und ich war doch gerade erst die Treppe runtergekommen und hatte zu Lasse fahren wollen. Und auf einmal stand ich in der Küche und mein Vater verabscheute mich. Lasse, dachte ich.

>> Du willst mich rauswerfen? Deinen Mann? Liebst du mich denn nicht? <<, fragte mein Vater ruhig und seine Aufmerksamkeit galt jetzt nur noch seiner Frau. Weil er sie liebte. Weil sie ihm noch wichtig war. Weil er sie bei sich behalten wollte. Mich nicht. Jetzt nicht mehr.

>> Natürlich liebe ich dich <<, schrie meine Mutter und stieß ihm vor die Brust. >> Aber niemanden liebe ich mehr als meine Kinder. Und du bist sein Vater. Das wäre auch dein Job. Dein Job ist es ihn mehr zu lieben als jeden anderen auf dieser Welt. Mehr als dich und mich. Und wenn du das nicht kannst, weil er versucht er selbst zu sein, dann will ich dich in diesem Haus nicht mehr sehen. <<

Mein Vater schwieg und ich fragte mich, ob sie nicht sah, dass es Aussichtslos war. Es brachte nichts. Dieser Hass gegenüber homosexueller Menschen war so in ihm verankert. Sie konnte ihn nicht zur Vernunft bringen.

>> Ruben ist zwanzig Jahre alt. Zwanzig und erzählt uns das erst jetzt. Weil er sich deinetwegen nicht sicher damit gefühlt hat er selbst zu sein, verstehst du das denn nicht? <<, fragte sie und er schüttelte nur den Kopf.

Fand seine Sprache wieder. >> Ich will dich hier nicht mehr sehen Ruben <<, verlangte er und mied es mich dabei anzuschauen. Meine Finger zitterten so sehr und ich spürte die Tränen aufsteigen.

>> Hast du mich ni- <<, begann meine wundervolle Mutter, aber ich schüttelte den Kopf. Ich unterbrach sie.

>> Ich kann damit aufhören <<, presste ich hervor und meine Mutter versuchte mir den Mund zuzuhalten. Ich drehte den Kopf weg und sah meinen Vater an. >> Ich höre damit auf. Ich hör auf. Versprochen. Es ist nicht… <<

Es ist nicht was, dachte ich taub und endlich sah er mich an. Es ist nicht echt? War das, was ich hatte sagen wollen? Die Gefühle für Lasse sind nicht echt?

Dabei waren sie so real, dass mir der bloße Gedanke an diesen Jungen in dem Moment den Atem raubte.

>> Du hörst damit auf? <<

Und ich fragte mich, wie er sich das vorstellte. Wie er sich vorstellte, wie ich damit aufhörte, auf Männer zu stehen. Auf Lasse. Selbst, wenn Lasse zu Muriel nach Bayern zog, würde ich dadurch nicht damit anfangen auf Frauen zu stehen. Ich war nicht bi wie Lasse. Oder Pan. Ich stand allein auf Männer.

>> Ich kann damit aufhören <<, wiederholte ich.

Zumindest bis ich ausgezogen war. Damit meine Mutter meinen Vater nicht rausschmiss. Damit meine Schwester nicht noch Jahre bei geschiedenen Eltern aufwachsen musste. Mir war so kotzübel.

>> Ich höre auf. <<

Lasse und Ruben - boy×boy - bestfriendstoloversWo Geschichten leben. Entdecke jetzt