45| Loch

96 6 5
                                    

Vier Tage waren vergangen, seit ich wieder in meinem Apartment in Frankfurt angekommen war

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Vier Tage waren vergangen, seit ich wieder in meinem Apartment in Frankfurt angekommen war. Die meiste Zeit verbrachte ich auf der Couch, vergraben in Kissen, während im Hintergrund unaufhörlich Serien liefen und ich mich mit Essen vollstopfte.

Es fühlte sich an, als wäre ich in ein tiefes Loch gefallen, aus dem es keinen Ausweg gab. Mein Herz war schwer, mein Verstand träge. Selbst als mein Manager vorbeikam und das Chaos in meiner Wohnung und in mir sah, ging er wortlos wieder, ohne ein einziges Wort zu sagen.

Das Einzige, woran ich unentwegt denken konnte, war Ouissem. Ich vermisste ihn – seinen Duft, sein Lachen, die Art, wie er mich ansah. Obwohl ich nur ein paar Tage bei ihm gewesen war, hatte ich mich so sehr an seine Gegenwart gewöhnt, dass mein Apartment nun leer und trostlos wirkte.

Gerade als ich mich in meine Decke gekuschelt hatte, meinen Blick leer auf den Fernseher gerichtet, hörte ich, wie jemand an meine Tür klopfte. Es war nicht das übliche, zaghafte Klopfen, das ich in den letzten Tagen ignoriert hatte – es war energisch, fast fordernd. Zuerst ignorierte ich es, doch das Klopfen hörte nicht auf. Schließlich schleppte ich mich widerwillig zur Tür und öffnete sie.

Vor mir standen Nadija und Louis, beide mit entschlossenen Gesichtern.

Sie sahen mich an, als hätten sie genau gewusst, in welchem Zustand sie mich antreffen würden.

„Das geht so nicht weiter, Mädel," sagte Louis streng, die Hände in die Hüften gestemmt. Ihr Blick glitt über meine zerzausten Haare und meinen ausgeleierten Pullover, und ich konnte den Hauch von Enttäuschung in ihrem Gesicht sehen.

„Wir lassen dich hier nicht alleine verrotten," fügte Nadija hinzu.

Nadija und Louis setzten sich auf das Sofa, nachdem sie ihre Taschen in die Ecke gestellt hatten.

„Also, was ist wirklich los, Schatz?" fragte Louis schließlich, seine Stimme sanft, aber direkt. „So kennen wir dich nicht. Du bist sonst nicht der Typ, der sich einfach so verkriecht."

Ich seufzte und ließ mich schwer in die Kissen sinken. Es war, als ob all die Emotionen, die ich in den letzten Tagen heruntergeschluckt hatte, jetzt hochkommen wollten. Ich wusste, dass ich reden musste, aber wo sollte ich anfangen?

„Es ist ... einfach alles zu viel," begann ich leise, ohne den beiden in die Augen zu sehen. „Ich dachte, ich wäre stark genug, das alles durchzustehen. Die Sache mit Enes ... und dann Ouissem. Aber irgendwie hat mich alles überrollt."

Louis nickte verständnisvoll. „Wir haben uns Sorgen gemacht, als wir nichts von dir gehört haben. Dass du allein nach Hause gefahren bist und dich nicht gemeldet hast ... Das passt einfach nicht zu dir."

„Ich wollte niemandem zur Last fallen," flüsterte ich, die Worte kaum hörbar. „Ich dachte, ich könnte das alleine regeln. Aber ... ich weiß nicht."

Nadija rückte näher und legte eine Hand auf mein Knie. „Du musst das nicht alleine durchstehen. Wir sind hier, okay? Erzähl uns, was passiert ist. Wir können dir nur helfen, wenn du uns lässt."

Ich schluckte schwer und spürte, wie sich meine Kehle zuschnürte. „Ich hab Enes wiedergetroffen. Zwei Mal ..." Beide schnappten bei meiner Offenbarung scharf nach Luft, doch bevor sie etwas sagen konnten, redete ich weiter. „Es geht auch um Ouissem. Ich dachte ... vielleicht entwickelt sich da etwas zwischen uns. Und dann finde ich heraus, dass er etwas Wichtiges vor mir verheimlicht hat." Ich senkte den Kopf und vergrub die Hälfte meines Gesichts in der Kapuze meines Hoodies.

Louis sah Nadija kurz an, bevor er sich wieder zu mir drehte. „Du kennst meine Meinung zu Enes. Er ist ein..."

„Teufel im Körper eines Models," beendete ich den Satz mit einem schwachen Schmunzeln.

Louis und Nadija lachten kurz, aber ihre Besorgnis blieb deutlich spürbar. Nadija drückte noch einmal mein Knie und sah mich mitfühlend an. „Und Ouissem? Was genau hat er vor dir verheimlicht?"

Ich zögerte, bevor ich weitersprach. „Er wusste Dinge über Enes, die ich nicht wusste und für die ich mir selbst die Schuld gegeben habe. Ich habe ihm vertraut. Ich dachte, er wäre ... anders."

Louis nickte langsam. „Es ist schwer, wenn man jemanden in sein Herz lässt und dann merkt, dass diese Person nicht ganz ehrlich zu einem war. Aber vielleicht hatte er seine Gründe? Ich meine, er war mehrere Jahre im Knast. Er sieht die Welt vielleicht anders als wir."

Ich seufzte tief und spürte, wie die Tränen in mir aufstiegen, doch ich drückte sie zurück. „Ich weiß, dass er mich schützen wollte, aber das macht es nicht einfacher. Es tut einfach nur weh. Ich habe mich in ihn verliebt, und jetzt bin ich einfach gegangen und weiß nicht weiter."

Nadija legte ihren Arm um meine Schultern und zog mich sanft zu sich. „Liebe ist kompliziert, und manchmal tut sie weh. Aber du musst herausfinden, was du wirklich willst. Wenn du Ouissem liebst, dann müsst ihr miteinander reden. Ehrlich und offen. Du musst ihm sagen, wie du dich fühlst."

„Und was, wenn er mich wieder enttäuscht oder mich abblitzen lässt?" fragte ich unsicher.

Louis beugte sich vor und sah mich ernst an. „Das Risiko gibt es immer. Aber du darfst nicht weglaufen, nur weil es weh tut. Wenn du wirklich glaubst, dass er dir wichtig ist, dann musst du das klären. Lass ihn nicht einfach aus deinem Leben verschwinden, ohne es zumindest zu versuchen."

Ich schloss die Augen und ließ mich einen Moment in Nadijas Umarmung fallen.

„Und was, wenn Enes zurückkommt?" murmelte ich ängstlich, und allein der Gedanke daran, wieder in seine Fänge zu geraten, jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken.

Nadija lächelte sanft und drückte meine Hand. „Wir sind hier," sagte sie beschützerisch, während Louis im Augenwinkel zustimmend nickte.

„Wir sind hier für dich, egal, was passiert," fügte er mit einem warmen Lächeln hinzu.

Ich nickte langsam. Vielleicht gab es doch noch einen Weg, das Chaos in meinem Leben zu ordnen. Und vielleicht, nur vielleicht, war Ouissem ein Teil dieses Weges.

„AHHH! Nova ist verliebt! Nova ist verliebt!" schrien beide plötzlich laut auf, rissen mich aus meinen Gedanken und fingen an, wie zwei Verrückte im Kreis zu tanzen.

„Ihr habt doch einen Schaden," lachte ich kopfschüttelnd und merkte in diesem Moment, wie froh ich war, die beiden zu haben.

Ich hatte mich also wirklich in diesen Volltrottel verliebt...

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.
Ein Junge von der Straße | O.G.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt