1 Jahr später
Das Auto kam zum Stehen, und bevor ich richtig reagieren konnte, war Andreas schon ausgestiegen und riss die Tür auf. „Bereit für die Show?" fragte er, seine Stimme so neutral, dass es fast geschäftlich wirkte.
Aber da war dieser Hauch von Sorge, versteckt zwischen den Worten, den nur ich hören konnte. Er wusste, wie entscheidend dieses Interview war. Ein Jahr war vergangen, ein verdammtes Jahr, in dem sich alles um 180 Grad gedreht hatte.
Mein Herz raste, als ich die Stufen zum Eingang von Deutschrap Ideal hochstieg. Die kühle Berliner Luft brannte in meiner Kehle, doch ich ließ es mir nicht anmerken. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
„Du siehst gut aus." Andreas öffnete beiläufig die Studiotür, sein Versuch, mich ohne großes Tamtam zu beruhigen.
Diese Interviews hasste ich abgrundtief, aber diesmal musste ich da durch. Meine Fans hatten lange nichts mehr von mir gehört – außer meiner Musik, die ich immerhin konstantrausgebracht hatte.
Drinnen angekommen, hingen Poster an den Wänden, Gesichter von Künstlern, die entweder auf dem Weg nach oben oder kurz davor waren, alles zu verlieren.
Zur welcher Kategorie ich wohl mittlerweile hingehöre?
Meine Augen blieben kurz an zwei Bildern von O.G. hängen. Ein kurzer Stich, dann ging es weiter.
Simon, der allzu bekannte Moderator, stand bereits im Studio, ein breites Grinsen im Gesicht, als er uns sah. „Nova! Schön, dich wiederzusehen." Er streckte mir die Hand entgegen, und ich erwiderte den Druck fest.
„Danke, dass ihr mich eingeladen habt." Meine Stimme war ruhiger, als ich es erwartet hatte. Andreas trat einen Schritt zurück, behielt jedoch alles im Blick.
Kurz wurde ich hinter die Kamera gerufen, wo man mich verkabelte und mein Make-up auffrischte.
Simon wies mir dann den Weg zu den Sesseln, hin wo ich schnell hinsetze. Ich wollte das ganze so schnell wie möglich hinter mich bringen.
„Es kann losgehen," rief der Techniker, und Simon nickte, bevor er sich zu mir wandte. „So, wir haben heute die Queen, Nova, bei uns. Wie geht's dir?"
„Ja, gut. Und dir?", antwortete ich, als würde mein Herz nicht immer noch gegen meine Brust schlagen wie ein Gefangener, der nach Freiheit schreit.
„Alles super bei mir. Wir fangen einfach mal an. Du warst 2022 schon mal hier, am Anfang deiner Karriere. Wie ist es dir seitdem ergangen?"
Ich atmete tief durch. „Ja, ein bisschen Zeit ist vergangen. Damals hatte ich noch rote Haare, die ich jetzt wieder braun hab. Die roten sind mir einfach zu Kopf gestiegen." Ein schwaches Lächeln huschte über mein Gesicht, bevor ich fortfuhr. „Aber ehrlich gesagt läuft alles gut. Ich hab das Gefühl, dass sich die Dinge endlich in die richtige Richtung bewegen. Es war ein harter Weg, aber wir sind da."
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Ein Junge von der Straße | O.G.
RomanceNova, eine leidenschaftliche Künstlerin, die widerwillig zu einem Feature gezwungen wird, das ihr zutiefst widerstrebt. Der andere Künstler, ein mysteriöser hübscher Mann mit markanten Gesichtszügen, weckt in ihr gleichermaßen Angst und Faszination...