3| Hood

191 8 6
                                    

„Wo ist der ganze Rest vom Gras?" fragte ich wütend den 15-jährigen Jungen vor mir, der mir weniger Geld brachte, als er für das vertickte Zeug hätte haben sollen

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

„Wo ist der ganze Rest vom Gras?" fragte ich wütend den 15-jährigen Jungen vor mir, der mir weniger Geld brachte, als er für das vertickte Zeug hätte haben sollen.

„D-das ist wirklich alles, was ich hab," stotterte er.

Ich drückte ein Auge zu. „Yallah, geh. Und pass auf dich auf," sagte ich ihm noch hinterher. Ich wünschte, ich könnte den Kids hier ein besseres Leben bieten. Was sollen sie auch tun, wenn Deutschland ihnen in diesem Drecksviertel keine Zukunft bietet.

Ich liebe meine Hood. Aber sie kann auch echt abgefuckt sein.

„Mecet!", rief ich meinem Kollegen zu, den ich auf der anderen Straßenseite sah, wie er gerade aus seiner G-Klasse stieg.

„Ewa, mein Bruder," lächelte er und kam joggend auf mich zu.

Ich schlug bei ihm ein und begrüßte ihn herzlich. „Was machst du wieder auf den Straßen, aller?", lachte er dreckig und schlug mir auf die Schulter.

„Ach nichts, mein Bruder. Musste nur was für Khaled abholen. Weißt doch, ich mach den Scheiß nicht mehr," grinste ich vor mich hin. Obwohl ich mich davon fernhalten wollte, von diesen ganzen Drecksgeschäften, erwische ich mich manchmal doch auf diesen Straßen, um genau das zu machen, wofür ich mich selbst verfluche und diese Welt hasse.

„Khaled...," nickte er langsam. Die beiden verstanden sich nach einer kleinen Schlägerei wegen eines Mädchens nicht. „Kommt der gleich, oder wie?", hob er gefährlich eine Augenbraue.

„Jo. Fahr mit dem gleich meinen Bruder besuchen," nickte ich und zündete mir eine Kippe an.

„Dann zisch ich mal schnell, bevor es noch eskaliert," klopfte er mir erneut auf die Schulter. „Bevor ich geh, wie läuft es eigentlich mit der Kleinen von vorgestern?", Ich senkte den Kopf und lächelte siegessicher mit der Zigarette im Mund.

„Hast du wirklich gedacht, dass sie nein sagen würde?", fragte ich ironisch und lachte kurz auf, nachdem ich den Nikotin aus meiner Lunge gepustet hatte.

„Wer weiß. Die ist eine heiße Braut. Dachte, die will sich wichtig geben und hätte erst ja gesagt, wenn ihr die anfleht," zuckte er mit den Schultern und blickte leicht nervös nach hinten, um sicherzustellen, dass Khaled noch nicht da ist.

„Kein Plan, ja. Die ist aber echt geil. Fette Titten, geiler Arsch. Ob die mich mal ranlässt, wenn wir die Songs außerhalb aufnehmen?" lachte ich belustigt. Zwar hatte sie wirklich einen bomben Körper und kein hässliches Gesicht, aber mit einer Künstlerin schlafen... Mezzy würde mich köpfen.

„Wenn du ganz ARTIG und NETT zu ihr bist, sicher," verstellte er die Stimme in einen hochdeutschen Akzent, was mich kurz zum Auflachen brachte.

„Hajde, ich bin weg. Soufian hat mich gerufen," verabschiedete er sich, während ich hinter ihm die Silhouette von Khaled sah.

„Wie geht's Soufian?", rief ich ihm noch dunkel hinterher. „Weiß ja, wie es läuft," zuckte er mit den Schultern und drehte mir anschließend den Rücken zu.

Was ein Scheiß. Der Junge ist erst 17 und steht mit einem Bein schon im Knast. Ich versuche ihm immer so gut wie möglich zu helfen, doch nicht alles klappt, wie man es sich erhofft...

Es gibt kein Entkommen aus der Hood. Es ist wie ein Teufelskreis, in dem man gefangen ist.

„Was geht, Ouisem," begrüßte Khaled, der beste Freund meines älteren Bruders, mich. „Gut... Gut...," murmelte ich und war wieder in Gedanken verloren.

„Wollen wir? Die Besuchszeit ist heute richtig scheiße ausgelegt worden. Diese fuckin' Bullen machen das immer extra," schüttelte er genervt den Kopf.

„Yallah, komm. Einfach nicht aufregen. Mein Bruder wird sich schon freuen, wenn wir da sind. Das zählt," redete ich auf ihn ein und stieg zusammen mit ihm in mein CLE, den ich mir nach meiner Entlassung aus dem Knast vor fast zwei Jahren direkt neu gekauft hatte.

Der Wagen war eine Zielscheibe in der Gegend, doch dank meines Kennzeichens, das O.G. zeigte, wussten die Leute aus Feuerbach, dass der Wagen mir gehörte, weshalb sie sich nicht mal in die Nähe trauten.

„Hast du den neuen Song von Nima gehört?", fragte Khaled und verband sein Handy mit dem Wagen. „Nee, Mann. Hab zurzeit keinen Kontakt zu dem." Nima war einer meiner engsten Freunde, als wir früher in Tiefgaragen gefeiert oder neue Raubüberfälle geplant haben. Doch nachdem er 2016 so durch die Decke ging und ich Jahre später ebenfalls meinen Hype bekam, verloren wir uns aus den Augen und trafen uns nur noch ab und zu für Songs.

Khaled schaltete den neuen Song von Nima an, der wieder mal ein Liebessong war. Ich seufzte, früher haben wir noch über Liebessongs gelacht. Jetzt hat der mittlerweile Goldplatten über die.

„Ist okay," sagte ich und parkte scharf aus der Parklücke aus, während Khaled schon die Adresse vom Knast eingab, in den sie meinen Bruder eingebuchtet hatten.

Ich kannte die Adresse auch ohne Navi. Bin sie oft gefahren. Entweder um Leute zu besuchen oder um selbst dort eingebuchtet zu werden.

Hoffentlich geht es meinem Bruder gut. Sonst macht sich Mama wieder Sorgen und ich muss sie zuhause beruhigen...

 Sonst macht sich Mama wieder Sorgen und ich muss sie zuhause beruhigen

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.
Ein Junge von der Straße | O.G.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt