Ich wache auf, und sofort schlägt der Schmerz zu. Mein Körper fühlt sich an wie gelähmt. Ich atme noch, zumindest denke ich das. Jedes Heben und Senken meiner Brust fühlt sich an wie kleine Nadelstiche. Mein Kopf tut höllisch weh, als würde es mir den Verstand rauben wollen. Wo bin ich? Meine Augenlider fühlen sich bleischwer an, zu schwer, um auch nur daran zu denken, sie zu öffnen. Ich atme gleichmäßig, während ich in meinen Gedanken nach Antworten suche. Der Kampf gegen S.H.I.E.L.D. spielt sich vor meinem inneren Auge ab – die Helicarrier, der Winter Soldier... Bucky. In diesem Moment weiß ich, dass ich noch am Leben bin. Die Träume, es sind alles Erinnerungen. Ich war Buckys Ehefrau. Ich war eine Agentin von Hydra... schon bevor ich zu S.H.I.E.L.D. kam. Ich bin für all die Tode verantwortlich, welche 1944 passierten. Es war meine Kraft, die die Welt hätte zerstören können. Ich wurde vom Winter Soldier ausgebildet... deshalb war mir sein Kampfstil so vertraut gewesen. Neben mir vernehme ich ein konstantes Piepen – meines Wissens nach wohl ein Pulsmesser. Bin ich wieder in einem Krankenhaus? Haben wir es geschafft? Haben wir Hydra besiegt? Wo sind die anderen? Nat? Steve? Sam?... Bucky? In meinen Erinnerungen finde ich nur noch Fetzen von dem Moment, als die Helicarrier anfingen, sich gegenseitig zu zerstören, wie sie vom Himmel fielen, überall Flammen. Haben die anderen es geschafft? Der Gedanke versetzt mir einen Stich in die Brust. Das darf nicht sein. Sie müssen leben.
»Sie hätte es verdient, die Wahrheit zu erfahren!«, höre ich plötzlich Nats Stimme ganz in meiner Nähe. Sie klingt aufgebracht. Mit wem redet sie? Sind Sam und Steve auch hier? »Ich wusste einfach nicht, wie. Ich hielt es für das Beste, ihr die Schmerzen zu ersparen. Du hast sie damals nicht gesehen, Natasha, du hast keine Ahnung, was das damals mit ihr gemacht hat!«, ertönt eine tiefere Stimme, irgendwo am anderen Ende des Raumes. Auch er klingt gereizt. Kurz herrscht Stille im Raum, und ich höre jemanden seufzen. »Denkst du wirklich, dass ich ihr nicht sofort alles erzählen wollte? Sie daran erinnern wollte, wer sie wirklich ist? Nachdem wir auf Bucky getroffen sind, wollte ich nichts mehr.« Er hat mich angelogen und hintergangen. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass er das alles so lange vor mir verschwiegen hat. Die ganze Zeit wusste er, wer ich bin, woher ich komme, wie mein früheres Leben war, und er hat es all die Zeit für sich behalten. Wenn ich daran zurückdenke, was damals passiert ist, verstehe ich ihn vielleicht sogar ein wenig, doch er wusste von meinen Träumen. Er wusste, dass mein Unterbewusstsein die Wahrheit kannte, wie sehr ich mich damit quälte, und er hat es einfach geschehen lassen.
»Sie wird dir das ziemlich übel nehmen, das ist dir hoffentlich bewusst, oder?« Mir fällt ein Stein vom Herzen, als ich Sams Stimme höre. Er ist auch hier. Er lebt. Sie leben alle. Da es nicht so scheint, als wären sie Gefangene, haben wir den Kampf wohl gewonnen. Bei dem Gedanken vergesse ich einen Moment sogar jeden Schmerz, der in meinem Körper tobt. Wir haben sie zerstört, wir haben mehrere Millionen Menschen gerettet. Wieder fluten Bilder von Bucky meine Gedanken. Ist er auch hier? Ich fühle mich so viel leichter, nachdem ich die Wahrheit erfahren habe und endlich Antworten auf all die Fragen bekommen habe, die so schwer auf meinen Schultern lasteten, doch gleichzeitig erdrückt es mich. Zu wissen, wie mein Leben hätte sein können, wie Hydra mir alles genommen hat und mich dem Menschen entrissen hat, den ich mehr liebte als alles andere. Ich hatte eine liebende Familie, einen hingebungsvollen Ehemann, enge Freunde, einen Hund namens Carlos, ein Kätzchen namens Alpine, ein wunderschönes Haus – so, wie ich es immer wollte. Ich war Krankenschwester im Camp Leigh, ich hatte eine Aufgabe. All das interessierte sie nicht, denn sie wollten mich nur zu ihren Gunsten benutzen, behandelt wie ein wildes Tier.
»Sie wird mich dafür hassen, und dazu hat sie auch jedes Recht.« Steves Stimme klingt nun leiser, bedrückter. Dort ist keine Spur mehr von der Gereiztheit, er ist nicht mehr aufgebracht, sondern wirkt... verletzt. Dennoch würde ich ihm gerade am liebsten eine Ohrfeige verpassen für all den Verrat. Ich nehme einen tiefen Atemzug und versuche langsam, meine Augen zu öffnen. Ich liege tatsächlich in einem Krankenhaus – welch Ironie. Neben mir stehen einige Maschinen, mit denen ich verkabelt bin. Mein linker Arm steckt in einem Gips. Sonnenlicht scheint durch ein großes Fenster in das Zimmer hinein.
»Du sahst auch schon mal besser aus, Eli«, höre ich Nats Stimme, die wohl als Erste bemerkt hat, dass ich wach bin. Das ist das erste Mal, dass sie mich mit einem Spitznamen anspricht, doch er gefällt mir. Wenn ich mich recht erinnere, hat Peggy mich immer so genannt. Wie lange habe ich geschlafen? Ich lasse meinen Blick weiter durch den Raum gleiten. Steve sitzt rechts neben meinem Bett, und als ich den Blick auf ihn richte, liegt da so viel Bedauern, wie ein Mensch wohl fähig ist zu empfinden. Sam entdecke ich an der Wand gegenüber von meinem Bett. Er schenkt mir ein herzliches Lächeln, als ich ihn ansehe. Bucky ist nirgends zu sehen, und ich weiß, dass er nicht hier ist.
»Wo ist er?«, lautet meine erste Frage, während ich versuche, mich vorsichtig aufzurichten – was ohne Steves Hilfe leider nicht ganz klappt. Ich sehe jeden einzelnen von ihnen erwartungsvoll an, doch sie sehen sich nur betroffen gegenseitig an. »Wir wissen es nicht. Es tut mir so unglaublich leid, Elora«, antwortet Steve mir nach einer Weile, und mit dieser Bestätigung bricht meine Welt erneut zusammen. Bucky ist nicht hier, und wir haben keine Ahnung, wo er ist. Er war so nahe, und jetzt ist er wieder unerreichbar. Ein Geist. Was, wenn er zu Hydra zurückgegangen ist? Hat er sich erinnert? Ich versuche, mir die Decke vom Körper zu streifen – ich muss nach ihm suchen, sofort! Doch Steve packt mich vorsichtig an den Schultern und hält mich fest. Meine Verletzungen machen es mir immer noch kaum möglich, mich zu wehren. »Elora, du lagst einen Monat im Koma. Du bist gerade noch nicht imstande, dich neuen Gefahren auszusetzen. Wir haben bereits nach ihm gesucht, jedoch erfolglos.« Steves Worte fühlen sich an, wie von einem Hieb eines Schwertes getroffen zu werden. Ich war einen ganzen Monat im Koma – Bucky könnte nun sonst wo sein.
Tränen laufen mir die Wangen hinunter, als ich realisiere, dass wir zwar den Kampf gegen Hydra gewonnen haben, doch im Kampf um Bucky versagt haben. Nat ist sofort an meiner Seite und schließt mich in ihre Arme, während mir die Tränen jegliche Sicht versperren. »Er hat uns aus dem Fluss geholt, Elora. Er hat sich erinnert. Ich hätte dir die ganze Wahrheit schon viel früher sagen sollen. Das war nicht fair. Ich hätte diese Entscheidung nicht für dich übernehmen sollen, ich dachte nur...« Noch bevor Steve seinen Satz beenden kann, verpasse ich ihm eine Ohrfeige, die seinen Kopf zur Seite schnellen lässt. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hält er sich den Kiefer. »Was habe ich dir vorher gesagt?« Ich sehe zu Sam rüber, der ein triumphierendes Grinsen auf den Lippen trägt und mir zuzwinkert. »Ja, das habe ich wohl verdient«, sagt Steve, der immer noch aussieht, als müsste er sich gerade den Kiefer neu einrenken. Oh, würde mein Körper es zulassen, hätte er noch weit mehr verdient.
»Wie viel wusstet ihr?«, frage ich skeptisch an Sam und Nat gerichtet. Ich will gleich wissen, wer mich alles verraten hat. Natasha erzählt mir, dass sie Steve von meinen Träumen erzählt hat, nachdem er unseren Besuch im Museum erwähnt hatte. Er hatte ihr gegenüber nichts Tiefgründigeres erwähnt, doch sie hatte bereits Vermutungen, dass mehr dahintersteckt. Sam versichert mir, dass er erst davon erfahren hat, als Steve nach dem Kampf wieder zu Bewusstsein kam und die ganze Wahrheit erzählt hat. Auch wenn es mir zum jetzigen Zeitpunkt noch schwerfällt, so glaube ich ihnen. Wir haben einiges aufzuarbeiten.
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Willkommen zurück im hier und jetzt meine Lieben<3 Die letzten Tage kamen ein paar Erinnerungskapitel, welche die Kurzfassung von Eloras und Buckys ohnehin schon kurzer gemeinsamer Zeit sind. Ich fand es einfach besser die Zeit, während sie im Koma liegt, so zu überbrücken, als einfach einen Zeitsprung einzulegen.
Es kommen jetzt noch 1-2 Kapitel, bevor wir zum Film Civil war übergehen und damit kommen wir der Zusammenführung der beiden auch langsam näher. Als ich diese Geschichte angefangen habe, war mir nicht bewusst, wie weit ich das ganze führen würde oder wie viel ich wirklich schreiben werde, doch ich liebe jeden einzelnen Moment, in dem ich in diese Welt eintauchen kann;)
Bis morgen <3
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Who the hell am I (german version)
FanficUPDATES GIBT ES JEDEN TAG UM 17 UHR! Sie erinnert sich an nichts. Woher kommt sie? Was ist passiert? Wie kam sie hier her? Wo ist ihre Familie? Kurz gesagt: sie weiß es nicht. Seit zwei Jahren streift Elora umher, ohne je lange an einem Ort zu bleib...