Kapitel 19

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L U C I A N A

꧁Humans? Yes.
Humanity? No.꧂

Stumm sitze ich auf dem Boden und schaue mir das Chaos vor mir an.

Keine Tränen.

Keine Schluchzer.

Keine Wut.

Keine Enttäuschung.

Nichts.

Absolut nichts.

Ich spüre, wie Diego sich neben mich hinkniet und beruhigend auf meinen Rücken streicht. Ich nehme das nur halb wahr, denn meine Aufmerksamkeit richtet sich auf das Chaos vor mir.

Ich weiß nicht, was ich fühlen soll.

Soll ich sauer sein?

Soll ich weinen?

Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich weiß nur, dass meine ganze Existenz erloschen wurde. Alle Erinnerungen, alle Gegenstände. Alles.

Warte.

Nein, nein, nein, nein, nein, nein.

Schnell stehe ich auf und renne in mein Zimmer.

Bitte, bitte alles außer das.

Ich öffnete meinen mittlerweile geleerten Schrank und betete, dass die kleine Schatulle noch da ist. Ich weiß nicht wieso, aber mein Schrank hat einen kleinen eingebauten Schrank, den man nur mit einem Schlüssel öffnen kann. Immer habe ich ihn als unnötig empfunden, doch jetzt bin ich mehr als dankbar dafür.

Das Schloss ist locker, und die Angst vermehrt sich. Diego kommt reingestürmt, doch bleibt dann abrupt stehen, als er sieht, was ich mache. Mit zitternden Händen öffnete ich langsam die kleine Tür.

Als ich endlich einen Blick hineinwerfen konnte, atmete ich wieder aus. Ich habe gar nicht bemerkt, dass ich meine Luft angehalten habe.

Die Schatulle ist noch da. Eine riesige Last fällt mir vom Herzen, während ich die Schatulle vom kleinen Schrank heraushole. Ich bin so erleichtert.

Hier in der Wohnung kann man alles erneuern. Ich kann mir eine neue Wohnung suchen und auch neue Möbel. Doch so eine Schatulle, die jemandem gehörte, bevor er verstarb, kann man nicht ersetzen. So etwas ist unbezahlbar.

„Was ist das?"

Oh.

Diego ist ja auch noch da. Ich drehe mich zu ihm um, und sein Blick haftet kritisch an der Schatulle.

„Eh", soll ich ihm die Wahrheit sagen, oder wird er mir die dann wegnehmen?

Ich werde diese Schatulle auf jeden Fall behalten, komme, was wolle.

Abwartend schaut mich Diego an. Wieso kann ein Blick jemanden so nervös machen?

„Das ist eine Schatulle", sagte ich nach langem Schweigen.

ʀᴇᴍᴇᴍʙᴇʀ ᴍᴇWo Geschichten leben. Entdecke jetzt