Hostel

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Ace

Kaya und ich übten das Atmen. Ich schwöre, dass ich Mal sowas dummes sagen würde. Sie lernte das Atmen für ihren Entbindungstermin, ich lernte das Atmen um meine Anxiety in den Griff zu kriegen. Dafür bestand dringender Bedarf. Ich habe angefangen mich selbst zu verletzen, mit allem was mir zur Selbstverletzung zur Verfügung stand. Wenn ich es tat, dann ohne es zu merken. Kratzte mir die Arme auf, sah nach einer Weile hinunter und fragte mich wieso ich blutete.

Könnte sein, das ich deswegen schon festgeschnallt wurde, damit Nero mir buchstäblich die Krallen stutzen kann. Ich glaube so kurze Fingernägel hatte ich nicht mehr seit der Grundschule, wo ich noch Fingernägel gekaut habe. Sie waren so kurz, dass ich an einigen Stellen mein entzündetes Nagelbett sehen konnte. Es tat höllisch weh, doch ich ignorierte die Schmerzen. Viel schlimmer fand ich, dass ich nur noch Plastikgeschirr für Kinder zum Essen bekam und nicht ohne Zwangsjacke schlafen gehen durfte. Dafür, dass ich am Ende vielleicht sowieso die Todesspritze bekomme, haben die echt Schiss, dass ich mich umbringe.

Nero hat im übrigen mein Tagebuch bei der Zimmerkontrolle gefunden und obwohl ich beteuerte, dass das mit Teach und der Schwester abgesprochen war, nahm er mir meine Notizen und den Wachsmalstift weg. Keine Ahnung was ich schlimmer fand. Dass ich jetzt nicht mehr schreiben konnte oder dass er meine Einträge lesen würde. (Ich habe meine Vermutung nieder geschrieben, dass Nero und Brutus ein Paar waren, Brutus aber eine Affäre mit Marc hatte und mit ihm durchgebrannt ist. Da Nero nach Brutus Verschwinden lange einen Krankenschein hatte und danach schlecht gelaunt und verheult auf der Arbeit aufgetaucht ist, habe ich vielleicht gar nicht so unrecht... was nicht heißt, dass er es unbedingt lesen muss.)

Auch aus dem Strickkurs wurde ich kurzerhand genommen, da ähm... Stricknadeln halt spitz sind. Schaffte es gerade noch Oz jr.'s Mütze fertig zu stricken, dann wurde ich auch schon rausgeworfen. Kurz gesagt - Man nahm mir langsam aber sicher alles was mir noch irgendwie spaß machte.

Auch meiner Würde taten meine Aussetzer nicht gut, denn nicht Mal unter die Dusche durfte ich unbeaufsichtig. Ich meine, es ist eine Sammeldusche und mir guckt schon keiner was weg, doch im gegensatz zu "minder schwierigen" Patienten, durfte ich mich nicht selbst abbrausen. Selbst das übernahm ein unterbezahlter Pfleger.

Mein selbstzerstörerisches Verhalten raubte mir selbst so ziemlich die Kraft und alles was ich bisher hatte, um mich in diesem Irrenhaus bei Verstand zu halten. Jetzt drohte alles irgendwie zu kippen. Stimmen der Schuldzusprechung wurden in meinem Kopf lauter, Stimmen die mich verurteilten und sagten es wäre besser, wenn ich sterben würde. Diese Stimmen waren womöglich schuld an meinen Selbstverletzungsausbrüchen und sie waren vorher noch nicht da. Es musste an den Depressionen liegen, die ich in meiner Zeit in Impel Down entwickelt habe, sprach ich mir selbst zu und erhöhte die Dosierung der Antidepressiva. Natürlich nach Absprache mit Teach, der meine Entwicklung mit einem besorgten Stirnrunzeln quittierte.

Atemübungen, hat er gesagt, zusätzlich zu den Medikamenten, und jetzt sitze ich neben Kaya im Behandlungszimmer und höre mir an was die Hebamme über Entspannungstechniken in der Atmumg zu erzählen hat. Was mache ich hier eigentlich? Hätte mir jemand vor einem halben Jahr gesagt, dass ich Mal in einem Entbindungsvorbereitungskurs sitzen und das richtige Atmen durch die Nase lernen würde.
,,Ich fühle mich so bescheuert", murmelte ich, als die Hebamme im Nebenzimmer verschwand, um Kayas Akte zu vervollständigen. Kaya lachte auf und rieb sich um ihren prall gewordenen Bauch.
,,Hey, du machst das großartig. Fühlst du dich nicht gleich entspannter?"
,,So entspannt, ich könnte glatt 'n Kind zur Welt bringen. Ach warte! Ich bin ein Mann!"
,,Ach, Ace, wenn es dir hilft runter zu kommen, ist es doch egal wofür die Atemtechniken eigentlich sind. Sich Hilfe zu suchen ist keine Schande."

Kaya hatte gut reden. Wie konnte es eigentlich sein, dass es ihr noch gut ging? Sie ist fast genauso lange hier wie ich, verwitwet und zu allem übel noch schwanger. Liegt es an mir? Bin ich einfach nur schon vorher so kaputt gewesen, ohne es zu merken? Aber diese Stimmen, die mir konstant zuriefen mir weh zu tun und alles zu beenden, die waren doch ganz klar neu, oder nicht?
Ich habe nicht gemerkt, dass ich zu zittern begonnen hatte, bis Kaya beruhigend eine Hand auf meine Schulter legte.
,,Was ist falsch mit mir?", fragte ich leise.
,,Ich kannte mal jemanden, der mich genau das selbe gefragt hat und ich sage dir jetzt, was ich auch ihm gesagt habe - Solange du noch in den Spiegel schauen kannst und dich selbst erkennst, ist alles in Ordnung."

American Horror Story - One PieceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt