1992
Rouge
Manchmal denke ich an den Unfall zurück und frage mich, was passiert wäre, wenn er nicht in der Nähe gewesen wäre. Wäre ich gestorben? An einem nassen Asphalt gestorben, wie armseelig das gewesen wäre. Ich wusste noch wie ich von der Straße abkam und mein Auto sich überschlug. Der Airbag plusterte sich auf und ab da wusste ich nichts mehr.
Als ich aufwachte, brauchte ich einen Moment um mich zu sammeln. Die Erinnerungen an dem Unfall ließen mich vermuten, dass ich entweder tot war oder im Krankenhaus lag, doch nichts von Beidem war der Fall. Ich setzte mich auf und stellte fest, dass meine Wunden mit Bandagen versorgt worden sind, ich mich aber in einer Hütte befand, die mir gänzlich unbekannt war. Neben mir saß ein Mann mit fettigen, schwarzen Haaren und mehr als die Tatsache alleine mit einem fremden Mann in einer Hütte zu sein beunruhigte mich die Tatsache, dass er mein Manuskript hielt und es mit interessierten Blick las.
,,Ich... das ist schlecht. Bitte lies es nicht", bat ich ihn. Mir fiel auf, dass er ein altmodische Hemd trug, doch ich beschloss seinen Kleidungsstil unkommentiert zu lassen.
,,Schlecht liegt im Auge des Betrachters", antwortete er. Seine Stimme war tiefer als gedacht, ,,Hast du das geschrieben?"
,,Ja, aber ich denke nicht, dass es veröffentlicht wird. Es ist bloß ein dämliches Kinderbuch."
,,Erzähl' das Mal Ace. Du quälst den armen Jungen ja total. Autoren und ihr Gott Komplex."
Ich lachte erheitert auf und schlang meine Arme um mich selbst. Meine Wunden taten so weh, doch über meine Arbeit zu reden lenkte mich davon ab. ,,Ich habe keinen Gott Komplex, aber die Aufmerksamkeitsspanne von Kindern wird immer kürzer. Wenn das Buch nicht gerade das Comic illustrierte Tagebuch eines nie erwachsen werdenen Narzissten ist, dann lesen sie nichts, was die Textzeilen ihrer NPCs in Videospielen überschreitet."
Der Mann blickte auf und sah mich irritiert an. ,,NPC? Comic? Videospiel? Was redest du da?" Ja hoppala, aus welchem Jahrhundert kam der Knilch denn? Ich lachte auf. ,,Ach, vergiss es. Ace war immer mein Lieblingscharakter."
,,Wovon?"
,,Alice im Wunderland, natürlich", antwortete ich wie selbstverständlich, ,,ich fand es sehr poetisch."
,,Was?"
,,Seine Hinrichtung, wegen der rot angemalten Rosen."
,,Er wurde wegen Rosen hingerichtet? Na ja, ich kenne Rosenkriege nur anders."
Mann, stellte der sich bloß so an, oder hat er die letzten Jahrhunderte wirklich unter einem Stein verbracht? Das würde die altmodische Kleidung erklären. Vielleicht ist er ja ein Vampir... Okay, nein, Spaß bei Seite.
,,Jedenfalls handelt die Geschichte von Ace, dem mutigen Kartensoldaten, auf der Flucht vor Ihrer Majestät der Herzkönigin. Es war eine Schnapsidee, ehrlich."
,,Aber Schnapsideen sind doch die Besten. Ich mag die Geschichte. Sie ist mit so viel Herzenswärme erzählt. Deine Kinder müssen ja verwöhnt sein von deiner Gabe Geschichten zu erzählen."
Mein Lächeln fiel und die Anspannung stieg. Ich räusperte mich nervös. Mein Ex Freund und ich haben das Kinderkriegen jahrelang probiert, bis die Ärzte feststellten, dass ich unfruchtbar war. Von da an dauerte es nicht lange, bis er sich von mir getrennt hatte. Das Thema war eine große Belastung für mich.
,,Ich... habe keine Kinder. Deswegen veröffentliche ich meine Geschichten, um sie mit den Söhnen und Töchtern anderer Leute zu teilen. Irgendwer muss sie ja hören."
,,Und warum sollen sie dann nicht das hier hören?", fragte er und wedelte mit dem Manuskript in der Luft herum.
,,Es ist wunderschön geschrieben. Halte den Kindern dieses Abenteuer nicht vor."Er legte das Manuskript auf ein kleines Tischchen und erhob sich langsam. ,,Ruh' dich aus. Ich werde nachher deine Verbände wechseln und dir was zum Essen bringen. Dein Zauberkasten liegt auf dem Nachttisch, falls du jemanden Bescheid geben willst, dass es dir gut geht."
Zauberkasten. Ich blickte auf den Nachttisch und sah mein Nokia Handy dort liegen. Nein, ernsthaft, aus welchem Jahrhundert kommt der Typ?
,,Danke", sagte ich noch, ehe er gehen konnte. Er blieb stehen. ,,Wofür?"
,,Na für die Rettung."
,,Das war Ehrensache. Bedank' dich nicht", antwortete er und verließ die Hütte.
Mein Blick wanderte zu dem Nokia Handy und ich überlegte meine Eltern anzurufen. Nein, was würde das bringen? Sie würden sich nur unnötig Sorgen machen.
Stattdessen zog ich mein Manuskript heran und blätterte durch. Ich konnte die Stellen sehen, an denen seine Daumen das Papier gedrückt haben und musste automatisch lächeln. Was für ein lustiger Kautz.
Am Ende fand ich eine Notiz. Er hatte sich wohl nicht getraut in mein Manuskript zu kritzeln, also hat er die Anmerkung in seiner wunderschönen, schwungvollen Handschrift auf das Löschpapier geschrieben, das ich zwischen den Seiten liegen hatte.
DU LIEST GERADE
American Horror Story - One Piece
Hayran KurguReichtum, Macht, Ruhm Bei der Mordkommission arbeiten kann aufregend sein, besonders wenn 200 Jahre nach dem großen Piratenzeitalter ein Serienkiller beginnt sein Unwesen im Moor von Gol D. Roger zu treiben. Nach seinem ersten Mord an der jungen Sch...