24.- Dublin und Schmetterlinge

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Ich wusste nicht wie ich es geschafft hatte, aber irgendwann zwischen Mitternacht und vier Uhr musste ich wohl eingeschlafen sein. Die Stunden kamen mir so endlos vor und ich war wirklich müde gewesen, doch ich konnte einfach nicht einschlafen. Als würde ich unter Drogen stehen. Tat ich ja auch...so irgendwie.
Dennoch war ich so froh wie schon lang nicht mehr, früh aufzuwachen. Es war halb sechs, die Sonne ging grade auf und warf ihre Strahlen durch die geschlossenen Vorhänge. Im Krankenhaus war es noch total still und ich lag einfach im Bett und starrte mit einem Lächeln an die Decke.

Heute konnte ich diesen verdammten Ort verlassen. Alles hinter mir lassen. Und abschließen.
Es war seltsam. Sehr seltsam.
Denn ich war trotz allem glücklich. Ich meine, ich würde jedem den ich kenne sehr wahrscheinlich das Herz brechen mit meinem dramatischen Abgang in vier Monaten (wofür ich mich an diesen Tagen ja selbst hasste), aber ich hatte vier Monate. Das war ja auch schon mal was.
Okay, ich redete mir das ein. Ich war nicht unbedingt glücklich und eigentlich hätte ich heulend mit Selbstmordgedanken hier liegen müssen. Aber ich tat es nicht. Ich wusste, dass ich kämpfen würde. Und ich wusste, dass es noch Hoffnung gab. Es war noch nicht alles gesagt.
Für mich selbst war es besser, einfach so lange weiter zu machen, bis es nicht mehr ging. Bis es vorbei wäre. Und das hatte ich mir fest vorgenommen: Bis zum Ende durchzuhalten.

Irgendwann hatte ich dann genug Decke gesehen und schwang mich aus dem Bett, um ins Bad zu gehen und mich fertig zu machen. Später kam Schwester Jade mit dem Frühstück rein, doch das hätte sie sich auch gut und gerne sparen können. Das trockene Brot hätte noch nicht einmal einem Pferd geschmeckt. So saß ich auf dem Bett und wartete. Wartete auf Aidan, der mich eigentlich abholen kommen wollte. Aber er kam nicht.

Ein Blick auf mein Handy: Halb neun. Okay jetzt reicht's., dachte ich, stand auf, schnappte mir meine Tasche und ging aus dem Zimmer. Mit einem lauten Knall schloss sich die Tür und ich lief zur Rezeption, wo mich Jade etwas erstaunt ansah. "Ich will mich abmelden." Ich wollte einfach nicht noch länger hier bleiben. "Eh...dürfen Sie das denn überhaupt?", fragte sie und schob sich ihre Brille zurecht.
"Natürlich. Ich darf mich abmelden, wann immer ich will und ich werde heute sowieso entlassen. Schauen Sie doch in die Akte, wenn Sie wollen."
Jade griff unter den Tisch und überprüfte meine Akte. "Tatsächlich.", meinte sie kleinlaut.
"Ja. Hab ich doch gesagt.", antwortete ich.

Wenig später stand ich mit meiner Tasche etwas hilf- und orientierungslos vor dem Krankenhaus. Ich machte den Reißverschluss meiner Jacke bis oben zu und öffnete Google Maps. "Wollen wir doch mal sehen...", meinte ich und ging einfach die Straße runter, in der Hoffnung sie würde mich irgendwo hinführen, wo ich mich auskannte.
Nur mein kleines Problem war: ich wusste überhaupt nicht, wo ich hinwollte. Ich kannte den Stadtteil, indem Aidans Eltern wohnten nicht. Irgendwann steckte ich mein Handy doch wieder in die Tasche. Also irrte ich durch die vielen kleinen, unbekannten Gassen und fand mich irgendwann mitten auf einer Kreuzung wieder. Die Ampel hatte schon auf Rot geschaltet, als ich noch auf der Straße stand und beinahe hätte mich ein Auto umgefahren, das mit 100 Sachen um die Ecke bog und hupend vor mir zum Stehen kam. Erschrocken stützte ich meine Hände auf der roten Motorhaube ab, als ich den Fahrer erkannte.
"Aidan?", fragte ich. Er stieg aus dem Mini aus und kam auf mich zu. "Scar? Was machst du denn hier?"
"Ich bin schon gegangen. Du hast so lange gebraucht und ich wollte einfach nur weg.", erklärte ich. Aidan begann zu lachen. "Und ich hätte dich beinahe noch überfahren. Aber wieso bist du denn schon gegangen? Wusstest du überhaupt, wo du hinwollest?" Ich schüttelte mit dem Kopf und musste ebenfalls lachen.
"Naja, jetzt hab ich dich ja gefunden." Aidan nahm mir die Tasche ab und wir stiegen wieder ein.
"Entschuldige, dass ich so lange gebraucht hab. Aber meine Eltern wollten mein Zimmer fast noch umbauen. Sie meinen, dass ich dich da ja nicht so wohnen lassen könnte. Das wäre ja eine Zumutung."
"Was? Wieso das denn?"
"Ja. So haben sie es gesagt. Aidan, Junge. So lässt du doch nicht dein Mädchen bei dir wohnen. Das ist eine Zumutung. Stell dir vor sie verletzt sich noch an deiner dämlichen Schlafecke da oben.", ahmte Aidan seinen Vater mit der tiefen Stimme nach. "Ich konnte sie gerade noch so davon abhalten."
"Dann ist gut. Deine dämliche Schlafecke ist nämlich die Beste.", antwortete ich und grinste.
Als wir bei den Turners vor der Tür anhielten, musste ich zwei mal hinsehen. Denn vor der großen Haustür hing eine Girlande mit der Aufschrift Welcome back. Ella und Pearce winkten uns bereits freudig zu. "Und davon konnest du sie nicht abhalten?", fragte ich. "Nein, das war ja auch meine Idee.", sagte Aidan und gab mir schnell einen Kuss.
"Scarlett!", rief Ella und kam auf mich zugelaufen, um mich in eine herzliche Umarmung zu ziehen.  "Es ist so schön, dass du wieder hier bist. Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt"
"Ich mir auch, um ehrlich zu sein.", antwortete ich und rackerte mir ein Lächeln ab.
"Komm, gib das her Aidan. Man meint du brichst uns hier gleich zusammen mit der Tasche.", sagte Pearce zu seinem Sohn und nahm ihm meine Tasche ab. "Nein, Das. Das...das. Geht. Schon." Aidan versuchte ihm die Tasche wieder abzunehmen, doch sein Vater lief unbekümmert weiter.

in my heaven... (Aidan Turner ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt