36.- Einen Helden

428 39 24
                                    

"Beruhigen sie sich, MissMcClary. Schön atmen.", sprach die Schwester ruhig und bedacht, während die andere die blutbefüllte Petrischale wegstellte. "Durch die Nase ein und den Mund aus." Ich versuchte wirklich ihre Anweisungen zu befolgen, aber es ging so schwer. Ich wälzte mich wie verrückt von einer Seite auf die andere, hämmerte auf meinen Brustkorb, in der Hoffnung das Feuer, das dort loderte zu ersticken, doch es brachte nichts. Es wütete nur weiter und machte alles nieder. Meine Sicht war verschwommen und mich überkam mal wieder der Wunsch, nicht mehr zu leben. Die Schwester namens Sarah hielt mich mittlerweile fest, sodass ich nicht noch aus dem Bett fiel. "Pssst, es wird alles gut. Gleich geht es Ihnen besser." Ich glaubte ihr nicht.
"Darf ich mal?", fragte Dean und sah Sarah fragend an. Sie nickte und macht ihm Platz. Dean setzte sich ganz nah neben mich und strich mir durch die verschwitzten Haare. Er lächelte leicht, wandte seinen nicht von mir ab. Ich sah ihm tief in die blauen Augen und hörte auf mich gegen den Griff der Schwester zu wehren, nahm die Hand von meiner Brust und atmete erst langsam durch die Nase ein und den Mund aus. "So ist gut Scar, so ist gut.", flüsterte Dean und seine Stimme beruhigte meinen Herzschlag. Das Feuer in meinem Körper schien nun langsam zu erlöschen und es blieb nur noch ein stechender Schmerz übrig.

Mein Bett wurde neu bezogen, der Boden gereinigt, Dean summte leise vor sich hin. Meine Lider wurden immer schwerer. Kleine Schneeflocken legten sich über meine Augen und ich glitt in einen tiefen Schlaf. Kleine Schneeflocken, die Dean zu mir geschickt hatte. Schneeflocken, die den Schmerz betäubten. Schneeflocken, die das Blut weegwuschen. Schneeflocken, die mich warm hielten, obwohl sie kalt waren. Und das, alles obwohl er selbst noch keinen richtigen Schnee erlebt hatte. Das waren seine Augen.

"Miss McClary, Miss McClary, was machen sie nur für Sachen. Tztztz.", murmelte Dr Adams am nächsten Morgen, als er mit einem vierköpfigen Team von Ärzten vor mir stand. Er blätterte fast schon bedächtig in meiner frisch angelegten Krankenakte herum und schob sich andauernd die Brille zurück auf die Nase. Das letzte Mal war er mir sympathischer gewesen. Dann schlug er die blaue Mappe plötzlich zu und überreichte sie einer anwesenden Ärztin.

"Wenn ich fragen darf, wie ist das eigentlich passiert? In so einer ominösen Gegend von London."
Ich seufzte und Dean zog eine Augenbraue hoch. "Ich wüsste jetzt echt nicht ,was sie das angeht.", knurrte er und sah den Arzt wütend an.
"Ist schon gut, Dean." ,meinte ich. "Dr Adams erfährt gerne die ganze Wahrheit, nicht wahr?"
Ich lächelte ihn zuckersüß an und Adams erkannte sofort, dass es ironisch meinerseits gemeint war. "Tut mir leid." ,sagte er und setzte sich auf die hohe Bettkante. "So, wie Sie ja bereits schon wissen", begann er, "Ich lege die Karten offen auf den Tisch."
Ich nickte. Dean schien nun etwas nervös und rutschte hin und her.

"Durch ihren Zusammenbruch und die starke Gehirnerschütterung hat sich ihr Zustand noch einmal drastisch verschlechtert."
"Ach ne." ,stöhnte ich. "Ich komme mir hier leicht dämlich vor, Dr Adams. Sagen Sie mir mal etwas, dass ich noch nicht weiß."
Er zuckte leicht zusammen und die Ärztin, welche eben die Akte angenommen hatte, legte eine Hand auf Adams Schulter.
"Das Problem ist, Miss McClary, dass wir Sie erstmal hier behalten müssen. Dr Adams meint es nicht so, wie er es eben gesagt hat. Er hat uns erzählt, dass Sie genau das nicht wollten; hier im Krankenhaus zu bleiben. Aber es geht nicht anders. Wir können Sie nicht nach hause lassen. Nicht in diesem Zustand. Und nach dem Vorfall letzte Nacht erst recht nicht. Sie brauchen unbedingt ambulante Hilfe, wenn so etwas noch einmal eintreten sollte. Und das wird es. Ganz bestimmt. Es tut mir aufrichtig leid."
Ein dicker Klos bildete sich in meinem Hals, der langsam meinen Rachen hinunter rutschte und auf meinem Herzen liegen blieb. Eine Last, so schwer wir ein Kleinwagen. Ich räusperte mich. "Also muss ich die ganze Zeit hier bleiben?"
Sie nickte und ihre blonden Locken hüpften bei der Kopfbewegung. Dr Adams seufzte.

in my heaven... (Aidan Turner ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt