42.- Ein letztes Wort

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Wenig später standen die engsten Verwandten und Freunde vor dem offenen Grab auf dem Friedhof. Es schüttete immer noch wie aus Eimern und Dean hielt schützend einen Regenschirm über uns, so wie es die anderen Anwesenden auch taten. Die bunten Schirme waren die einzigen Farbkleckse, die die Umgebung aufhellten. Der Sarg war bereits in die Grube gelassen worden. Der Pfarrer nahm eine Hand Erde und warf sie hinunter, sodass sich alle aufstellten um ebenfalls eine Hand hinunter zu geben.
Schweren Schrittes ging ich nach vorne. Die nasse Erde beschmutze meine Fingernägel und als sich mein Blick hinunter auf das Loch und den Sarg wandte, bildeten sich salzige Tränen in meinen Augen die brennend meine Wange hinunter liefen. Verkrampft öffnete ich meine Finger und dumpf kam die Erde auf dem Holz auf.

Das war es also. Das Ende. Es würde nicht mehr übrig sein, als diese letzte Ruhestätte von ihr. Nur noch dieses winzige Grab. Was irgendwann auch niemand mehr besuchen würde.
Ich trat wieder zurück und beobachtete die anderen Gäste.

"Willst du noch mit mir nach Hause kommen? Ich nehme dich gerne mit.", fragte Caroline später, doch ich schüttelte mit dem Kopf. "Nein geht schon. Ich wo" Doch da wurde ich von einer bekannten Stimme unterbrochen: "Ach Aidan, mein Schatz.", sagte meine Mutter leise. "Hi, Mom.", meinte ich.
"Wie geht es dir?", wollte sie schließlich wissen. "Geht so.", antworte ich monoton, als sie sich an Caroline wandte."Sie müssen MissMcClary sein, richtig?"
Sie nickte.
"Mein herzlichtes Beileid.", sprach meine Mutter weiter. "Wir konnten ihre Tochter leider nur ein paar Tage kennen lernen, doch schon in dieser kurzen Zeit hat sie uns total in ihren Bann gezogen. Sie war ein bezauberndes Mädchen." Caroline nickte. "Das war sie."

"Hmh, ich möchte Sie nicht länger in ihrer Trauer stören. Ich wünsche Ihnen trotzdem noch viel Glück.", meinte Mom und reichte Caroline eine zitternde Hand. Sie kämpfte selbst mit den Tränen. "Komm Aidan. Wir sollten auch gehen." Damit drehten wir uns um und Caroline ging zu ihrem Wagen.
"Von wem habt ihr überhaupt erfahren, dass sie... gestorben ist?", fragte ich mit gebrochener Stimme und lehnte mich etwas an sie, als müsste sie mich stützen. Mein letzter Halt.
"Der Dean hat uns doch Montagmorgen angerufen. Er macht sich wirklich Sorgen um dich, dass du depressiv wirst. "
"Vielleicht bin ich das ja schon. Depressiv.", antwortete ich schulterzuckend. "Also Aidan. Ich weiß, dass du trauerst. Es ist für jeden hier schlimm. Denk doch nur mal an ihre arme Mutter. Sie ist nun ganz alleine."
Ich blieb stehen und sah sie entgeistert an. "Das bin ich auch!", erwiderte ich wütend.
"Aidan, so war das ja auch gar nicht gemeint!"
"Ich weiß, wie es gemeint war.", sagte ich und machte auf dem Absatz kehrt um weg zu laufen. "Aidan!", rief meine Mutter, doch ich hörte nicht mehr.
Meine Schritte wurden immer größer und schneller, bis ich schließlich rannte. Durch die vollen Straßen von London, durchnässt von oben bis unten und mit Tränen im Gesicht.
Manche Passanten wichen schnell einen Schritt zur Seite, doch ich wollte nicht anhalten. Ich lief weiter, als würden mich meine Füße wie von selbst tragen.
Da war Wut in mir. Wut, dass ich anscheinend der Einzige war, der nicht traurig sein durfte. Wut, dass sie nicht mehr bei mir war, um mich zu beruhigen. Wut, dass ich auch alleine war. Und der Schmerz. Denn Schmerz macht egoistisch.
Und das war ich.

Dicke Tropfen fielen von den Bäumen im Hydepark auf meinen Kopf, als ich immer noch weiter über den Kiesweg lief. In der Ferne erkannte ich schon die kleine Bank und mein Tempo steigerte sich von Schritt zu Schritt. Perplex blieb ich vor der Bank stehen und sah sie mir einfach nur an. Für eine Millisekunde hörte ich Batman im Hintergrund Bellen und Xenias Lachen. Ich roch ihren zarten Duft und die braunen Haare, die leicht vom Herbstwind verweht wurden.
Doch das war nicht real.
Real war, dass ich alleine im Regen vor dieser verdammten Bank stand und weinte. Zerstört ließ ich mich auf sie sinken und zog die Beine an meinen Brustkorb. Langsam wippte ich nach vorne und nach hinten wie ein kleines Kind in seiner Wiege. Die Regentropfen vermischten sich mit meinen Tränen und mein Kopf sank auf meine Knie. Mir war kalt. Ich war allein. Und ich war alles, aber kein Held.
Ich war schwach, zerbrechlich und ohne Hoffnung.
Wie in Zeitlupe schloss ich meine Augen und öffnete sie nicht mehr, bis ich in einen traumlosen Schlaf geglitten war.

in my heaven... (Aidan Turner ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt