35.- Die Sache mit den Sternen

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Ein monotones Piepsen dröhnte in meinen Ohren, als ich langsam meine schweren Lider öffnete. Meine Sicht war zuerst verschwommen und undeutlich, bis ich ein paar Sekunden später eine verzerrte Gestalt am Ende des schneeweißen Raumes entdeckte. "Dean?"
Meine Stimme war rau und kratzig, als hätte ich sie seit Tagen nicht benutzt.
Die Person bewegte sich erst gemächlich, doch dann stand sie schnell auf und lief auf mich zu. "Scar, da bist du ja wieder.", flüsterte Dean und nahm meine Hand in seine. Sie war warm, vertraut, und half mir ein bisschen vor der Kälte, die mich wie ein Mantel umgab, zu beschützen. "Was... Was ist passiert?", meinte ich und schloss kurz meine Augen. In meinem Kopf hämmerte es wie in einem Bergwerk und ich war so müde wie schon lange nicht mehr. Dabei hatte ich bestimmt drei Tage geschlafen. "Pssst, ruhe dich aus. Es ist alles gut." , sagte Dean ruhig und ich ließ meinen Kopf wieder auf das flache Kissen sinken. "Ich rufe jetzt erst mal eine Schwester."
Ich atmete ein und fühlte nun erst das Kitzeln in meiner Nase. Überrascht fasste ich an mein Gesicht und tatsächlich hatte ich zwei Schläuche in der Nase stecken, die mit einer großen Maschine verbunden waren. Das graue Teil ratterte und pustete unaufhörlich und ging mir schon nach kurzer Zeit auf die Nerven.

Wenig später kam eine Schwester in mein Zimmer, Dean saß immer noch neben mir auf dem Bett und hielt unaufhörlich meine Hand. Es hatte etwas sehr beruhigendes ihn hier bei mir zu haben.
Die Schwester lächelte mich freundlich an und wechselte die Infusion, die von meinem Handrücken ausging. Vor ein paar Wochen war ich froh gewesen, das alles losgeworden zu sein und nun fing das ganze wieder von vorne an. "So Miss McClary, wie geht es Ihnen?", fragte sie mit einer sanften Stimme und strich sich ihre dunklen Haare hinter die Ohren.
"Ich... Ehm. Keine Ahnung. Eigentlich nicht so gut. Mein Kopf tut 'n bisschen weh.", murmelte ich.
"Das ist ganz normal bei einer Gehirnerschütterung.", antwortete sie zuversichtlich. Etwas ängstlich sah ich Dean an.
"Du bist gestürzt.", erklärte er. "Du warst mit Aidan weg und bist dann auf deinen Kopf gefallen. Wir haben lange gebraucht, bis wir dich gefunden haben, aber da hast du schon bewusstlos auf dem Boden gelegen."

Aidan. Schoss es mir durch den schmerzenden Kopf. Wie konnte ich nur?!
Hätte ich mich nicht so schwach gefühlt, hätte ich mir sehr wahrscheinlich selbst eine Backpfeife verpasst.
"Und... Und Aidan? Wie geht es ihm?", stotterte ich. Dean lächelte.
"Mach dir um ihn keine Sorgen. Er war den ganzen letzten Tag hier und hat Wache an deinem Bett gehalten. Ich hab ihn heute morgen heim geschickt."
"Hat er denn irgendetwas erzählt?", fragte ich unsicher.
"Wie meinst du das?"
"Ach nur so." Ich atmete erleichtert aus. Das hieß er hatte Dean anscheinend noch nicht von dem missglückten Heilungsangebot in Manchester erzählt.
"Er hat nur sehr... deprimiert gewirkt. Aber wer würde das nicht an seiner Stelle?", führte er aus.
"Ja, wer würde das nicht.", murmelte ich.
"Also Miss McClary, der Arzt schaut morgen früh bei Ihnen vorbei. Bis dahin besteht absolute Bettruhe. Wenn Sie etwas brauchen, klingeln sie einfach. Wir sind die ganze Nacht da."
Ich nickte und die Schwester verließ das Zimmer. Dean sah mich mitfühlend an.
"Ich mach es wohl nicht mehr lange, was?", seufzte ich. Dean wandte seinen Blick betrübt auf den Boden. "Das muss dir dein Gefühl sagen.", sagte er.

"Dean? "
"Hm?"
"Ich muss dir was sagen."
"Okay. Ich höre zu."
"Also an dem Abend, vorgestern, da bin ich nicht ohne Sinn weggelaufen. Aidan... Er will, dass ich in so ein Krebszentrum gehe."
"Und das willst du nicht?" Ich schüttelte schnell den Kopf. "Ich kann nicht. Ich kann da nicht hingehen, es fühlt sich nicht richtig an, verstehst du?" Dean nickte. "Ich verstehe sehr gut."
"Dann bist du wohl der Erste. Aidan hat gesagt ich wäre egoistisch und dass ich schon längst aufgehört habe zu kämpfen." Dean schüttelte enttäuscht den Kopf. "Weißt du Scar, ich glaube, dass hat er nicht mit Absicht gesagt. Menschen sagen Sachen, wenn sie verzweifelt sind und keinen Ausweg sehen, die sie gar nicht so meinen. Vielleicht ist das ja unsere Art? Unbedingt eine Lösung finden zu wollen, um die unvermeidbaren Schmerzen klein zu halten?" Ich dachte einen kurzen Moment über seine Worte nach und erinnerte mich an meine Mutter, die im Prinzip genauso wie Aidan reagiert hatte. Sie versuchten sich einzureden, dass es vielleicht eine Alternative für das hier alles gab. Aidan hatte nur etwas verzögert reagiert. Und ich hätte mich doch auch nicht anders verhalten, wenn es ihn getroffen hätte und nicht mich? Er konnte nur nicht sehen, wie sehr ich am kämpfen war. Dass ich mitten im Krieg war, auf dem Schlachtfeld stand, und nicht aufgegeben hatte. Das konnte keiner außer mir sehen.
Tränen sammelten sich erneut in meinen Augen.
"Du musst dir keine Vorwürfe machen, Scar. Du kannst nichts dafür. Es war die richtige Entscheidung, deinen Gefühlen zu folgen."
"Doch. Es war egoistisch.", schluchzte ich und konnte die Tränen nicht länger zurück halten. Dean strich mir sanft über den verbundenen Kopf. "Das was du getan hast, das war keines falls egoistisch. Es war das Selbstloseste, was du tun konntest.", sagte er eindringlich. "Einen sehr mutigen Weg hast du eingeschlagen. Du hast dich für ihn entschieden und gegen dich. Das ist sehr, sehr mutig."
Ich sah ihn an. Er lächelte, seine blauen Augen erinnerten mich an einen winterlichen Dezembermorgen, wenn der Schnee in der aufgehenden Sonne glitzerte. Schmerz und Freude vereint. Er hatte schon viel durch gemacht. Viel Schlimmes erlebt, auch wenn er nach außen hin immer der Sunnyboy war. Der Dean, der Späße machte und immer am Lachen war. So wie gerade auch.

in my heaven... (Aidan Turner ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt