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Die meisten großen Taten, die meisten großen Gedanken haben einen belächelnswerten Anfang.

-Albert Camus

"Und wie hast du dir das bitte vorgestellt!?", fragt mich Charlet mit einem äußerst hysterischem Unterton in der Stimme. Warum muss ich denn über alles dreimal nachdenken?! Ich habe ihr gerade offenbart, dass ich nach Amerika auswandern werde. Besser gesagt, Oklahoma. Dort ist ja das Ferienhaus, welches ich von meinen Eltern geerbt hab. Das war halt der Plan.. Ich such mir dort ne Uni, wo ich meine letzten Semester absolvieren kann und dann wird das schon. "Das hab ich doch schon erklärt! Kohle hab ich auch mehr als genug. Ich werde schon nicht sterben, Charlet!",meine ich und hoffe sie so für meinen Plan zu begeistern, doch aufzugehen scheint das nicht.. "Das ist komplett verrückt!! Nur du kannst auf sowas kommen!!! Ich glaub es nicht!!!! Wieso rennst du weg?! Du läufst immer weg!!! Ich verstehe ja, dass dein Leben gerade echt scheiße ist.. ABER RENN JETZT NICHT WEG!!! Denkst du, mir würde es perfekt gehen?! Mit nichten!! Es geht mir miserabel!!! Meine Tochter hasst mich, Kate!!! Verstehst du das?! Sie hasst mich!!! Deswegen kann ich aber nicht auf einen anderen Kontinent reisen!! Ich versuche es zu ändern! Ich versuche das beste zu machen und nicht aufzugeben!!! Wieso kannst du das nicht auch?!",fragt sie mich aufgebracht und die ersten Tränen verlassen ihre Augen. Sie ist kaputt. Charlet sieht alt aus, älter als sie ist. Sie hat tiefe Augenringe, auf ihrer Stirn zeichnen sich die tiefen Sorgenfalten ab und ihre Haare sind ungepflegt. Sie sieht schlichtweg scheiße aus. Ich sollte mich öfters um sie kümmern.. Ich bin wohl echt eine schlimme Freundin. Feige offensichtlich auch. Ach man, ich bin ja klasse.. Nicht.

Ich kann nicht anders, als sie erstmal in den Arm zu nehmen. Ihr geht es nicht gut. Sie leidet und daran bin ich schuld. Wieso verdammt?! Was ist falsch mit mir? Alle die mir was bedeuten, belaste ich. Ich mache sie fertig, kaputt und raube ihnen den letzten Nerv. Ich bin wohl echt ne Plage. Umso wichtiger, dass ich nun erstmal hier weggehe. Weg von allen. Weg von denjenigen, denen ich weh tue. Denen ich schade. Bloß weg hier! Raus aus London. Raus aus Europa! "Versteh mich, bitte.",flüstere ich ihr ins Ohr woraufhin sie ein letztes Mal aufschluchzt und kaum merklich nickt. Ich löse mich von ihr und schaue sie ein letztes Mal prüfend an. "Wehe du meldest dich nicht!", droht sie mir heulend und lachend zugleich. Wie grotesk diese Situation ist. Ich nicke und schenke ihr noch ein Lächeln, bevor ich noch meine:"Vergiss mich nicht. Vermiss mich nicht.". Mit einem letzten Augenzwinkern schnappe ich mir meine Koffer und schleppe sie zu dem Taxi, welches mich zu meinem Haus bringt.

Erst als ich jetzt hier auf dem Flughafen stehe mit all meinem Kram, realisiere ich etwas und das sorgt dafür, dass ich leichenblass werde und mir sofort die Tränen in die Augen steigen. Ich werde Charlet nie wieder sehen.

Around the Stars (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt