Der Fremde

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(Jenna POV)

"Caro bitte lass mein Haar los! Das tut mir weh!", bat ich leise, aber bestimmt und mit freundlichem Klang in meiner hellen Stimme. Ihr Lachen dröhnte an meinen Ohren, schrill und dem einer Hexe ähnlich. Am liebsten hätte ich mir die Hände auf die Ohren gepresst, doch ich versuchte verzweifelt mein Haar aus ihrem Schraubgriff zu befreien.
"Ne, ne, Kleine Singmaus. Hat dir gefallen so bei Herr Müller im Mittelpunkt zu stehen, mit deiner ach so tollen Stimme und der definitiv gefälschten Gitarre! Du kannst rein gar nichts, Ginger!" Die anderen Mitglieder ihrer Gang lachten und jubelten begeistert, als Caro noch ein weiteres Mal an meinem Haar zog und ich laut aufschrie. Jeder wusste wie schmerzhaft es war, wenn einem jemand am Haar zog. Es fühlte sich an als werde mir die Kopfhaut abgerissen.
Bitte Manwë hilf mir doch!
Flehte ich zum König der Valar. Gelegentlich tat ich dies, aber besonders wenn ich mich allein fühlte oder wenn ich um Hilfe für jemanden erbat, selten war diese für mich. Jetzt aber befand ich mich einer Zwickmühle und ich hatte keine Ahnung an wen ich mich sonst wenden könnte. Immer wenn ich zu einem der Valar oder auch einem Maia sprach hatte ich das Gefühl nicht allein zu sein, ich fühlte Geborgenheit tief in mir und eine Mut sprechende Zufriedenheit, als wenn es die Valar wirklich geben würde. Leider wusste ich, dass sie nur der Fantasie von Tolkien entsprungen waren und somit nicht in der realen Welt existierten.
Jetzt in meiner großen Not dachte ich da natürlich nicht dran. Ich wollte einfach nur nach Hause und unter meine Bettdecke kriechen, in meinen Gedanken eintauchen und nie wieder hervorkommen.
"Jetzt hast du keine schlauen Sprüche mehr!", Caros widerliches Lachen riss mich erneut aus meinen Gedanken, in denen ich tief getaucht war. Ich biss mir auf die Lippen, um nicht noch einmal laut aufzuschreien. Wenn ich etwas nicht wollte, dann war es Schwäche zeigen. Caro zeigen, dass sie Erfolg mit ihrer Tortur hatte. Jedoch lösten sich gerade gegen meinen Willen kleine Tränen aus meinen Augenwinkeln und bahnten sich ihren feuchten Weg über meine Wange.
"Caro ich glaube das ist langsam genug", meinte plötzlich eine tiefe Stimme Einhalt geben zu müssen. Caro lachte nur höhnisch und schüttelte den Kopf. Ihr Griff um mein Haar lockerte sich keineswegs, vielmehr zog sie nur noch energischer an ihnen.
"Ach halt doch deinen Mund! Du hast hier gar nichts zu sagen, auch wenn wir zusammen sind", knurrte Caro und grinste ihren Freund an.
Er tut mir echt Leid! Wie kann man nur mit so etwas zusammen sein? Die können doch nie im Leben eine vernünftige Beziehung miteinander führen! 
Er war der Einzige, der sich gegen Caro auflehnte, niemand folgte seinem Beispiel, aber für mich war es schon ein Zeichen des Mitgefühls überhaupt etwas zu sagen, auch wenn es im Endeffekt nichts gebracht hatte.
"Lass die junge Dame gehen!", befahl eine dunkle Stimme. Mein Kopf schoss hoch und auch Caro hielt in ihrer Arbeit inne und schaute hinter sich.
"Das sagt wer?", fragte sie frech grinsend, denn selbst vor Älteren oder gar Erwachsenen hatte sie keine Angst und vor allem kein Respekt! Mich allein brachte schon die tiefe Stimme dazu, alles zu tun was er befahl.
"Das sage ich Mädchen", erwiderte die wohlklingende Stimme ruhig und sanft. Ich mochte ihn sofort. Nicht nur, weil er mich gerade schützen wollte, auch weil seine Stimme für mich so vertraut und beruhigend klang. Ich fühlte mich irgendwie sicher bei ihm. Warum wusste ich auch nicht.
"Wie hast du mich gerade genannt?", kreischte Caro schrill und ich bekam ihre Wut zu spüren! Sie riss einmal an meinen Haaren und jetzt entfuhr mir doch ein schmerzvoller Schrei.
"Ich fordere mehr Respekt und Höflichkeit von dir Mädchen! Ich bin älter und erfahrender als du, als alle hier und Fremden gegenüber ist man allzeit höflich! Hast du das verstanden? Und jetzt lass die junge Frau gehen! Sie hat weder dir noch deinen Freunden etwas getan.", erklärte die Stimme ohne Gesicht. Ich stellte mir vor wie er wohl aussehen könnte, aber mir kam kein Gesicht ins Gedächtnis, das zu dieser prägnanten Stimme passen würde. Sie floss direkt in mein Herz und verankerte sich dort.
"Aber...", wollte Caro beginnen, doch sie wurde unterbrochen.
"Kein Aber!", nie wurde die Stimme des Mannes lauter, dennoch flößte er allen Anwesenden gehörig Respekt ein.
"Na schön, aber sie soll nicht denken, dass sie damit durchkommt!", schrie Caro, aber natürlich wollte sie nicht komplett aufgeben. Ihre Würde durfte ja nicht angekratzt werden!
"Wir sehen uns wieder!", zischte sie mir ins Ohr und schubste mich dann nach vorne. Ich verlor das Gleichgewicht und sah mich schon auf dem harten Schulhofpflaster aufkommen. Doch dem war nicht so! Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich auf ein Paar schwarzer Schuhe und dem Stoff einer dunkelgraue Hose. Die grazilen Männerhände mit den langen Finger halfen mir nun langsam auf, nachdem sie mich aufgefangen hatten. Endlich konnte ich in sein Gesicht schauen, meinem Retter direkt in die Augen blicken und was ich sah, war unglaublich. Ich starrte ihn an, aber das schien er wohl irgendwie gewohnt zu sein.
Er kam mir so bekannt vor, aber das Gefühl hatte ich auch bei seiner Stimme. Schmunzelnd zogen sich seine Mundwinkel nach oben und seine schmalen Lippen wurden noch schmaler. Das lange pechschwarze Haar hatte er nach hinten gebunden und die himmelblauen Augen funkelten leicht in der aufgehenden Sonne.
"Ist alles in Ordnung?", fragte er leise, ich konnte nichts anderes als nicken, nur nicken.
"W-wer seid Ihr?", brachte ich mit zittriger Stimme hervor.
"Kathrin ist meine Schwester. Sie ist krank, aber hat so ein schlechtes Gefühl gehabt, berechtigt. Ich bin statt ihrer hergekommen und gerade noch zur rechten Zeit. Jenna habe ich Recht?", wieder nickte ich nur völlig verblüfft.
Kathrins Bruder? Wow! Der sieht aber heiß aus!
Bei meinen Gedanken wurde ich ganz rot um die Nase, was Kathrins Bruder zum Lachen brachte. Was von ihm wollen würde ich nie, aber sein langes Haar gefiel mir. Trotzdem blieb das Gefühl, dass ich ihn von irgendwo her kannte.
Aber wo?
Mir fiel es nicht mehr ein.
"Danke, dass Ihr mir geholfen habt", bedankte ich mich und senkte den Blick. Ein paar rotbraune Haarsträhnen fielen nach vorne in mein Gesicht, aber der Wind spielte mit ihnen.
"Du kannst mich ruhig duzen Jenna. Kathrin ist meine kleine Schwester, du bist ihre Freundin, also macht mich das zum Fahrer zu Festen", murmelte er und zwinkerte.
"Keine Sorge", lachte ich.
"Ich bin 19 und sowieso bin ich nie feiern. Du musst mich also nicht irgendwo hinfahren. Autos sind mir zudem ein Gräuel. Ich fahre viel lieber mit meinem Fahrrad", erklärte ich und schaue zur Schule, als es dort das erste Mal klingelt.
"Du musst zum Unterricht oder?", fragte er mit seiner freundlich klingenden Stimme und wieder nickte ich.
"Aber danke vielmals nochmals für deine Hilfe. Ich wüsste nicht was ich ohne dich gemacht hätte. Caro ist ein Biest, unhöflich und so gemein und grausam. Das mag ich nicht", meinte ich und seufzte leise.
"Ja Kathrin hat mir bereits von dieser Caro erzählt. Wenn du noch einmal mit ihr Probleme haben solltest, dann klingel Kathrin an und sie schickt mich", lachte der Bruder meiner Freundin und drückte noch einmal kurz meine Schulter.
"Danke nochmal und grüß Kathrin von mir. Sie soll schnell wieder gesund werden", rief ich ihm noch hinterher. Er drehte sich noch einmal um und zeigte mit dem Daumen in die Höhe.
"Alles klar. Das werde ich meiner Schwester ausrichten", verabschiedete er sich und da klang auch schon das zweite Klingeln der Schulglocke.
Noch ein paar Sekunden blickte ich ihm hinterher, dann machte ich kehrt und rannte auf den Schuleingang zu.
Es gibt also doch noch nette Menschen! 
Lächelnd betrat ich das Schulgebäude, als mir etwas einfiel. Etwas, das ich in der Hektik ganz vergessen hatte. Seinen Namen! Ich wusste gar nicht wie Kathrins Bruder hieß!
Ach dann frage ich einfach wenn ich ihn das nächste Mal treffe.
Nahm ich mir vor und dann ging ich auch endlich in den Unterricht.

Jetzt sind schon Ferien und immer noch habe ich kaum Zeit zum Schreiben. Das tut mir unendlich Leid für euch lieben Follower o.O

Was meint ihr wo Jenna Kathrins Bruder vielleicht schonmal gesehen/ getroffen hat? :)

Laura :*

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