(Jenna POV)
Diese Träume, die mich des Nachts quälten, wurden mit jedem Mal schlimmer und intensiver. Ich sah diese Stadt, die in den Flammen vernichtet wurde, hörte die Schreie der Sterbenden und immer wieder kehrte ich in den Körper einer kindlichen Version von mir zurück. Selbst die junge Frau, die ich stets mit Mutter ansprach und ihren Bruder, offensichtlich mein Onkel, traf ich in vielen Träumen. Manche Sequenzen hatten sich bereits wiederholt, aber oftmals zeigten mir die Träume nur Geschehen in dem Leben des Kindes. Manchmal war es nur, dass die Frau eine Geschichte las und das Kind zu Bett brachte, dann wieder spielte sie mit ihrem Onkel.
Ich konnte das doch gar nicht sein! Warum sollte ich mich in meinen Träumen an ein Leben erinnern, das ich niemals geführt hatte. Bei meinen Eltern war ich aufgewachsen, seitdem ich ein Säugling war. Von meinen biologischen Eltern wusste ich nichts!Wahrscheinlich spielt mir mein Gehirn einen Streich. Träume sind immer so wirr und konfus.
Ich widmete mich dem kleinen Fluss. Hier überdacht von den Blättern der Bäume, floss er langsam und träge dahin. Seine Ufer waren weit auseinander, doch durch die geringe Fließgeschwindigkeit stellte er keinerlei Gefahr dar. Hastig vergewisserte ich mich, dass niemand mich beobachtete. Mein mysteriöser Retter tat es nicht. Mittlerweile hatte ich begriffen, dass er mir nichts antun würde, denn dazu hatten sich ihm schon viele Möglichkeiten angeboten. Er blieb stets distanziert, höflich und in sein Schweigen gehüllt. Die Schutzmauer, die er sich um sich selbst gezogen hatte, vermochte selbst ich nicht zu brechen. Mit der Zeit hatte ich die Lust daran verloren und so ließ ich mich einfach von ihm führen. Wohin? Ich wusste es nicht, aber es erschien mir sinnvoller, als alleine durch die Wildnis zu streifen.
Seufzend genoss ich das kühle Wasser, als es den Schmutz und den Schweiß von meiner Haut wusch. Es tat gut sich endlich nach Tagen wieder waschen und das Fett aus meinen Haaren entfernen zu können. In der Ferne trällerte ein Vogel sein Morgenlied, der Nebel hing noch in wenigen Fetzen zwischen den Büschen, doch sollte bald schon verblassen.
Gemächlich umspülte das kühle Nass meine Oberschenkel, meinen Bauch und meine Handgelenke. Ich saß auf einem Stein, der sich unter der Oberfläche befand, schöpfte Wasser und ließ es mir über die Haut laufen. Kleine Rinnsale aus Dreck und Schlamm trieben den Fluss hinab, fort von mir.
Ich genoss die Ruhe, die mich umgab und ließ mich noch tiefer in das Wasser sinken, bis es meinen Oberkörper bedeckte. Andächtig schlossen sich wie von selbst meine Augen.Das erste, was mir auffiel, war der unerträgliche Gestank. Es roch nach Verwesung, Schlamm und verrotteten Fisch. Angewidert verzog ich die Nase und wollte gerade die Augen öffnen, um nachzusehen, was diesen unappetitlichen Geruch verursachte, da umgriffen bereits dicke, wulstige Finger meine Oberarme.
Instinktiv schrie ich auf, panisch und verzweifelt. Mein Begleiter hatte keine solchen Finger, seine waren lang und grazil, gut gepflegt und elegant. Grob schob sich eine Hand über meine zitternden Lippen, während ich rücksichtslos aus dem Fluss gezogen wurde.
Entsetzt wimmerte ich auf, als mein Rücken eine scharfe Kante der Ufersteine zu spüren bekam. Ich sah mich ihm direkt gegenüber. Einem älteren Mann, dichtes braunes Haar bedeckte sein Haupt und umschloss sein Gesicht. Grimmig blickte er drein und musterte mich abwertend, wie ich vor ihm in eine stehende Position gezwungen wurde.
Mit einem Wink seiner Hand kamen zwei weitere Gestalten aus dem Gebüsch. Ihr Körpergeruch eilte ihnen voraus, penetrierte meine Nase und Übelkeit keimte in mir auf. Krumme Nasen, schiefe Zähne, frisches Blut und Eiter, der aus ihren Mündern tropfte. Dazu saugten ihre schlangengelben Augen alles auf, was sie sahen. Grunzend kamen sie auf mich zu.
Ich wand mich in den Griff des Mannes, der mich festhielt und versuchte mich zu befreien.
Der Gestank benebelte meinen Verstand. Sie waren so abscheulich wie die Kreatur in meinen Träumen, entstellt und unnatürlich. Wie eine Kreuzung aus Mensch und Tier, verunstaltet, bis ihr einstmaliges Aussehen keine Rolle mehr spielte.
„Was sollen wir mit ihr machen? Nur ein Weibsbild!“, grollte die tiefe Stimme hinter. Wieder einmal war ich an eine Gruppe frauenfeindlicher, unzivilisierter Männer geraten.
„Nein. Zu hübsch und elegant für ein Weib. Vielmehr eine Elbenmaid“, er kam auf mich zu, seine matschbraunen Augen leuchteten auf, als er die Hand hob und mein nasses Haar zur Seite schob, um meine Ohren zu enthüllen.
Seine Hände fuhren fort, er tastete meinen Kiefer ab, sah mir in die Augen und zwang mich den Mund zu öffnen. Meine sauberen weißen Zähne schienen ihn zu erfreuen. Die Untersuchung stoppte nicht.
„Dafür wird ein guter Preis bezahlt. Nehmt sie mit!“, ordnete er an, als seine Finger grob meinen Körper abgetastet hatten.
„Feste Brüste, breite Hüfte und kräftige Beine. Ein wunderschön zartes Hautbild, weich und glatt. Finger schlank und lang, keine Makel, bis auf die Narben am Rücken, aber das lässt sich vertuschen.“
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Who you truly are
FanfictionJenna ist eine junge Frau von gerade einmal 19 Jahren. Sie lebt in einem kleinen Dorf in der Nähe von Karlsruhe. Mitten in den Bergen liegt ihr Zuhause, wo sie mit ihrer Mutter lebt. "Jenna, du bist nicht unsere leibliche Tochter!" Der Satz, der ih...