Traumschlacht

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(Jenna POV)

„Wo ist die kleine Maus denn? Wo hat sie sich versteckt? Möglicherweise hinter diesem Vorhang“, grübelnd strich sich der junge Mann über das weiche Kinn, bevor er mir einem Ruck den langen Vorhang zur Seite riss. Ein leises Kichern entwich meinen Lippen, es hallte um mich herum, doch schnell presste ich meine kleinen Hände auf den Mund.
„Nicht hinter dem Vorhang, komisch, ich hätte schwören können sie versteckt sich hinter dem Stoff. Vielleicht ist sie ja auch unter das Bett gekrochen“, er ließ sich auf die Knie sinken und spähte unter das große Doppelbett, das die Fensterseite des Raumes einnahm. Glucksend beobachtete ich den jungen blonden Mann, der sich jetzt nachdenklich am Ohr kratzte, bevor er eine Strähne hinter die Spitze des Ohres geschoben hatte.
„Das ist aber echt schade, dass ich die Kleine nicht finden kann, sie ist zu gut versteckt. Nun“, er zuckte mit den Schultern und wand sich um. Dabei zogen sich seine Lippen zu einem hinterlistigen Grinsen auseinander.
„Dann werde ich ihrer Mutter wohl sagen müssen, dass ich sie verloren habe und nur wir beide können den schmackhaften Kuchen kosten“, seufzte er und legt die Hand auf die Türklinke. Er ist gerade im Begriff das Zimmer zu verlassen, da stoppt ihn die hohe Stimme eines Kindes. Meine Stimme!
„Nein! Ich möchte auch Kuchen“, meckerte ich mit zitternder Stimme und sprang aus meinem sicheren Versteck in meinem Kleiderschrank hervor.
„Nana hat den Kuchen für uns alle gebacken. Ihr dürft den nicht ohne mich essen. Das wäre gemein“, protestierte ich mit fester Stimme und verschränkte die kurzen Arme vor der Brust.
Mein 7-Jähriges Abbild schob den blonden Mann beiseite und schlüpfte eigenständig aus dem Zimmer. Er folgte ihr lachend.
„Der Kleiderschrank war eine großartige Wahl für ein Versteck, mein kleiner gwilwileth“, ich spürte seine große Hand auf meinem Kopf, wie er mir durch das flammende Haar strich.
„Nenn mich nicht so! Ich bin nicht mehr so klein“, meckerte ich trotzig und verzog den Mund zu einem beleidigten Schmollen. Erst der Anblick einer jungen Frau mit blondem Haar, die mit raschen Schritten auf uns zu eilte, erhellte mein Gemüt.
„Nana!“, jubelte ich und war gerade dabei ihr ausführlich zu erzählen was wir beide unternommen hatten, da sah ich ihr Gesicht. Besorgnis spiegelte sie wieder und etwas zu eilig wand sie sich gleich an meinen Spielkameraden.
„Bruder wir werden angegriffen! Auf den Bergen wurden sie gesehen, schwarzer Rauch verdichtet den Horizont“, erklärte sie meinem Onkel, der sofort nickte und vor mich in die Knie ging.
„Hab keine Angst kleiner gwilwileth. Deine Mutter ist jetzt hier“, der Ernst in seiner Stimme bereitete mir Sorgen. Ich ärgerte mich nicht einmal wegen des Namens, den er mir ein weiteres Mal gab. Schreie hallten auf und ich zuckte verängstigt zusammen. Die Freude war wie weggefegt, als das erste ohrenbetäubende Gebrüll die Einwohner der Stadt überrollte.

Mit einem Mal änderte sich die Umgebung. Der Himmel glich einem Inferno, schwarzer Rauch mischte sich mit roten Flammen, die selbst die Sonne zu verschlingen drohten und über all dem hing der Geruch von Verbranntem. Meine Mutter zerrte mich unbarmherzig durch die flüchtende Menge, die sich in Richtung der Berge schob. Ich drückte ein kleines Stofftier an meine Brust, umklammerte es, damit es mir ja nicht in dem Chaos verloren ging.
„Wir müssen uns beeilen“, schrie Mutter mir zu und hob mich hoch. Meine jungen Füße vermochten mich noch nicht so schnell und weit zu tragen. Dazu stolperte ich immer wieder über Gegenstände, die den Boden versperrten. Steinbrocken, tote Körper, fallengelassene Körbe und Lebensmittel.

Wieder verblasste meine Umgebung und als ich weinend neben meiner Mutter hockte, lag sie am Boden und ein Monster, so verstümmelt und abscheulich, wie ich es noch nie in meinem jungen Leben gesehen hatte, stand über uns. Es hob das Schwert von dem das Blut meiner Mutter auf mich herab tropfte. Schluchzend rüttelte ich an ihr, versuchte sie zum Aufstehen zu bewegen, doch sie gab lediglich ein schmerzerfülltes Stöhnen von sich. Ich schloss die Augen, ich wollte nicht zusehen, wie ich ermordet werden würde. Abwartend klammerte ich mich an mein Stofftier, zuckte schrecklich zusammen, als ein gurgelndes Geräusch an meine Ohren drang.
Langsam öffnete ich die Augen einen Spalt breit. Ich sah noch wie der leblose Körper des Monsters von einer silbernen Klinge rutschte und mit einem dumpfen Knall auf dem Boden aufschlug.
„Onkel!“, ich sprang auf und schlang meine Arme um seine Beine. Jammernd vergrub ich mein Gesicht an seiner Rüstung. Blut befleckte das Metall, doch mein Kleid hatte sich bereits mit der roten Flüssigkeit vollgesogen. Mein Onkel schob mich voraus, drückte mich aber stets an sich als er sich zu seiner Schwester kniete.
B-bruder k-kümmere dich...um sie. B-bitte, Mutters Augen flackerten auf. Sie streckte die zitternden Finger aus und berührte so sachte wie der Flügel eines Schmetterlings meine Wange.
„Mein...Liebling. I-ich werde immer bei.... d-dir  bleiben“, hauchte sie, bevor die Kraft sie verließ.
„Ich verspreche es! Es wird ihr gut gehen“, nach den Worten ihres Bruders, zog sich noch ein schwaches Lächeln über die blassen Lippen meiner Mutter, bevor sie für immer von mir ging.
Mein Onkel zögerte nicht lange. Gleich nachdem er ihr liebevoll die Augen geschlossen hatte, hob er mich hoch und rannte los in das Gemetzel, dass diese Stadt für immer vernichten würde.

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