(Jenna POV)
Der Fremde, der sich als Kathrins Bruder vorgestellt hatte, ging mir nicht mehr aus dem Kopf! Weder in der Schule, die ich an diesem Tag abgedriftet in meine Gedankenwelt nur mit Ach und Krach überstanden hatte. Selbst nachmittags Zuhause ging er mir nicht mehr aus dem Kopf.
Nicht weil ich auf ihn stand. Er sah gut aus, sehr gut sogar und sein langes Haar gefiel mir wirklich ausgezeichnet. Es war gepflegt und seidig glatt, pechschwarz. Aber das alles sorgte nicht dafür, dass ich mich in ihn verliebte.
Ich hatte mich noch nie verliebt und ich verliebte mich bestimmt auch nicht so schnell wie manch andere.
Caro zum Beispiel. Obwohl ich bezweifle, dass das Liebe ist!
Kathrins Bruder, den ich unbedingt nach seinem Namen fragen musste, war anders. Er hatte etwas an sich. Seine Ausstrahlung, seine Aura. Etwas machte ihn anders als die anderen, mysteriöser und auch geheimnisvoller.
Aber besonders eines war er! Nett und gerecht. Gerecht zu denen, die von den anderen unterdrückt wurden. Gerecht und freundlich zu mir. Selten erlebte ich solch eine Freundlichkeit und nach der Begegnung mit Kathrin hatte ich nicht erwartet noch einmal solch eine Bekanntschaft zu machen.
Liegt bestimmt in der Familie! Ob ihre Eltern auch so nett sind? Kathrin hat noch nie von ihnen erhält. Ich weiß ja gar nicht wie ihre Eltern sind!
Stellte ich erstaunt fest und verzog verwirrt das Gesicht. Falten bildeten sich auf meiner hellen Stirn und ein paar schwache Sommersprossen verschwanden. Eigentlich schmückten mich diese kleinen Hautfleckchen nur im Sommer und da wir uns gerade in einem wunderschönen Sommer befanden, hatte ich meine kleinen Freunde überall auf meiner Stupsnase und um sie herum.
Vor meiner erholsamen Zeit in Neuseeland, weit weg von Deutschland und all den Menschen, wurde ich für meine Sommersprossen häufig gehänselt. Ich liebte sie! Sie waren ein Teil von mir, ein ziemlich süßer und außergewöhnlicher fand ich. Zudem verschwanden sie im Winter oft wieder, nicht komplett, aber sie verblassten.
"Jenna!", riss mich die laute Stimme meiner Mutter aus den Gedanken. Erstaunt fuhr ich hoch und saß aufrecht im Bett. Die ganze Zeit über hatte ich meine Gedanken an meine Sommersprossen und Kathrins Bruder verschwendet. Und dabei hatte ich nicht einmal gemerkt wie spät es geworden war! Gefangen in meiner Gedankenwelt passierte mir das öfters.
"Was ist denn Mom?", schrie ich zurück und fuhr mir durch das wellige, rotbraune Haar, das sich sanft an meine Hüften anschmiegte.
"Hast du nicht etwas vergessen? Heute ist dein erster Trainingstag, Schatz. Um 7 Uhr in Karlsruhe. Schon vergessen? Du willst doch nicht zu spät kommen oder?", fragte sie mit lauter Stimme und schon schlug ich mir an die Stirn und ein helles Lachen erklang.
"Nein natürlich nicht", kicherte ich und schwang mich aus dem Bett. Einmal ausatmend blickte ich mich um.
Wo sind sie denn? Und meine Sportsachen?
"Tasche wäre auch gut", murmelte ich meine Gedanken zuende und lachte erneut leise auf.
"Ah da ist sie ja", rief ich erfreut und zog eine schlichte Stofftasche aus einem der Umzugskartons, die ich immer noch nicht alle ausgepackt waren.
Mach ich noch!
Beruhigte ich mich selbst und kicherte erneut. In Neuseeland hatte ich gelernt, auch mal etwas nach hinten zu schieben, solange es die Seele nicht bedrückte oder zu wichtig für eine Aufschiebung war. Ich liebte das Leben in Neuseeland. Ein Jahr dort hatte mir so gut getan und wie die Ureinwohner betont hatten, deren Bekanntschaft ich genacht hatte, hatte ich mein Ich gefunden. Ich hatte meine Seele bereinigt und so fühlte ich mich auch. Beschwingt!
Auch wenn ich manch einen Rückschlag erlitt.
"Jenna du musst dich jetzt langsam mal beeilen! Sonst kann ich dich nicht mehr mitnehmen und du kommst zu spät", rief meine Mutter von unten. In ihrer Stimme schwang Hektik mit und das ließ mich verwundert den Kopf heben. Meine Mutter war noch nie hektisch gewesen. Noch nie!
Aber da sie mir angeboten hatte mich mitzunehmen, weil sie in Karlsruhe noch einkaufen musste, wollte ich sie nicht unnötig warten lassen.
"Ah da sind sie ja", ein erleichtertes Seufzen entwich meinen vollen rosigen Lippen, als ich es endlich gefunden hatte. Meine zierlichen Finger umgriffen den hölzernen, glatt geschliffenen und polierten Griff und sturmte los, nachdem ich mir auch meine Tasche geschnappt hatte.
"Bin auf dem Weg Mom", rief ich die Treppe nach unten stürmend. Ich würde ein paar Stufen überspringen, aber das machte ich nicht. Nicht in diesem neuen Haus, in dem mir noch alles fremd war. In unserem vorherigem Haus, dort hatte ich immer zwei Stufen auf einmal genommen.
Jetzt sprang ich nur von der zweitletzten Stufe auf den Boden und lief weiter. Über den Holzboden schlitternd umrundete ich die Ecke und riss erstaunt die Augen auf.
Direkt vor mir stand meine Mutter und ich war so überrascht, dass ich aufschrie. Was jedoch schnell in ein Lachen überging. Das Gesicht meiner Mutter in dem Moment war grandios! Ich konnte nicht anders, als lauthals zu lachen.
"Da scheint sich ja jemand köstlich zu amüsieren", schmunzelte sie grinsend und nahm sich ihren Autoschlüssel.
"Jap Mom", meinte ich breit grinsend und schulterte die Tasche mit der Sportkleidung.
Sie erwiderte nichts darauf, schüttelte lachend den Kopf und verschwand nach draußen, um unser Auto zu holen. Die Augen verdrehend folgte ich ihr gemächlich und ließ mich auf dem Beifahrersitz in das Polster sinken. Meine Mom startete das Auto, während ich gedankenverloren nach draußen schaute.
Der dichte Wald rauschte an uns vorbei, Baum um Baum. Kein Geräusch störte meine Gedankengänge. Unser Auto fuhr leise über die Straße und auch kein Abgas folgte uns. Meine Mutter hatte lange gespart, um sich ein Elektroauto zu gönnen. Die Naturverbundenheit hatte ich definitiv von ihr geerbt.
Wir beide hatten uns schon jetzt in unser neues Haus verliebt, dass sich mitten im Wald an den sanften Hängen des Schwarzwaldes befand. Ich hatte das Gefühl endlich angekommen zu sein und ein neues Zuhause war nun dieses gemütliche, kleine Holzhaus.
Ein sanftes Lächeln stahl sich auf meine vollen, rosanen Lippen und das bekam ich auch erstmal nicht mehr wieder weg.
Vorher hatten wir in einer anderen Wohnung gelebt. Zusammen mit meinem Vater, aber als er dann zu seiner ach so tollen und jungen Modepuppe zog und mit ihr glücklich wurde, da wurde die Miete für meine Mutter zu hoch, um sie alleine zu tilgen. Auch mein geringer Lohn von der Arbeit in einem Tierheim half uns nicht. So zogen wir es vor umzuziehen. Und wir fanden dass beste Haus überhaupt!
Ob Dad manchmal noch an mich dachte? Oder besser an uns! Sein letztes Geburtstagsgeschenk hab ich zu meinem 17ten bekommen und ich bin ja schon 19.
„Erde an Jenna!", meine Mutter fuchtelte vor meinem Gesicht, sodass ich erschrocken zusammenzuckte. Fragend blickte ich in ihr seufzendes Gesicht.
„Was?"
„Ich habe dich etwas gefragt Schatz", lachte sie.
„Wir sind gerade an einem Tierheim vorbeigefahren. Am Straßenrand stand ein Schild, dass sie zur Zeit eine Aushilfe für das Wochenende suchen. Wäre das nicht etwas? Du liebst Tiere doch so sehr und die Arbeit in dem anderen Tierheim hat dir doch auch immer so gut gefallen" , meinte und fragte sie lächelnd. Ich nickte erfreut.
Natürlich würde ich in dem Tierheim arbeiten! So sehr wie ich die Natur liebte, liebte ich auch all ihre Geschöpfe, ob klein oder groß, hässlich oder hübsch. Wobei hässlich relativ war.Wenige Minuten später setzte mich meine Mutter vor dem Trainingscenter ab und wünschte mir ein tolles Erstes Training. Ich wunk ihr, dann betrat ich das kleine, schlichte Gebäude.
„Jenna Breuker?, fragte plötzlich eine tiefe, aber sanfte Stimme links von mir und ließ mich erstaunt herumfahren. Ein junger Mann mit kurzen blonden Haaren und freundlich breitem Grinsen kam auf mich zu. Ich schätze ihn auf etwa 24, mehr nicht.
„Ja die bin ich", ich drehte mich zu ihm und erwiderte das Lächeln.
Das ist dann wohl mein Lehrer.
Stellte ich fest, als ich seine Hand auf dem Knauf des Schwertes bemerkte, das sich an seiner Hüfte befand. Aus seinem schmalen Gesicht stach mir das Grinsen entgegen.
„Sebastian Arends, aber meine Freunde nennen mich Basti", stellte er sich vor, löste die Hand und schüttelte meine. Sein Griff war fest und bestimmt, seine Hand trocken und nicht schwitzig.
„Und wir lernen jetzt ein wenig den Schwertkampf. Dort drüben sind die Umkleidekabinen, dort die Trainingshalle. Komm einfach rein, wenn du dich umgezogen hast. Und nimm deine Doppelschwerter natürlich mit", er zwinkerte mir zu und verschwand im. Trainingsraum. Mich ließ er verwundert zurück.
Wow!
War das Einzige, das ich zustande brachte, dann ging ich zu den Umkleidekabinen. Ich schälte mich aus meiner Alltagskleidung und schlüpfte in meine Trainingssachen. Erst dann machte ich mich mit meinen Doppelschwertern auf den Weg in die Halle, wo mich Sebastian bereits geduldig erwartete. Immer noch lag auf seinen Lippen ein breites, freundliches Lächeln, das mich förmlich dazu einlud ebenfalls zu lächeln.
Mit einer Handbewegung bedeutete er mir mich zu setzen und das tat ich. Die schmalen Scheiden der Schwerter legte ich neben mich, in denen die grazilen Klingen mit den ebenfalls schmalen Griffen waren. (Bild)
„Also zuerst einmal das Formelle. Die Schwerter wirst du natürlich nicht gegen mich wenden oder die zweite Schülerin, die nächste Woche zu uns stößt. Aber ich nehme an, dass du damit bereits vertraut bist", er lachte leise und ich nickte.
Wie wohl diese andere Schülerin ist? Ich bin mal gespannt!
„Ich rede dann nicht noch weiter um den heißen Brei herum. Lass uns anfangen", ich stimmte erneut mit einem Nicken zu und erhob mich.
Es wurde ein interessantes erstes Training. Sebastian war ein spezieller Trainer, ganz anders als mein Vorheriger. Aber nicht minder gut. Ich mochte ihn von der ersten Sekunde an und wir lachten viel in der Stunde.
Mit einem breiten Grinsen verließ ich das Haus und freute mich auf das nächste Treffen, das mir eine riesige Überraschung bieten würde.Ja ich habe es auch endlich mal wieder vollbracht und ein neues Kapitel fertig :)
Danke vielmals für die über 1k Reads *-* das ist echt so unglaublich und nochmal tausend Dank, dass ihr alle so geduldig gewartet habt :D
Laura :*
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Who you truly are
FanfictionJenna ist eine junge Frau von gerade einmal 19 Jahren. Sie lebt in einem kleinen Dorf in der Nähe von Karlsruhe. Mitten in den Bergen liegt ihr Zuhause, wo sie mit ihrer Mutter lebt. "Jenna, du bist nicht unsere leibliche Tochter!" Der Satz, der ih...