(Jenna POV)
Langsam schwand früh am nächsten Morgen der tiefe Schlaf, der mich fest in seinem traumlosen, eisernen Griff gehalten hatte und ich driftete in den Halbschlaf, der sich immer vor dem Erwachen einstellte. Der Traum verblasste und meine Gefühle und Gedanken kehrten zurück. Doch mit den Gedanken kamen auch die Erinnerungen an den letzten Tag und was damit auf mich zukommen würde, zurück und schlugen auf mich ein, wie Kugeln.
Mit einem langem Atemzug, versuchte ich mich selbst zur Ruhe zu zwingen.Das ist alles nur ein schlechter Traum! Ein sehr schlechter Traum.
Redete ich mir ein und doch lastete das schwere Leinenhemd noch immer auf meiner Brust. Es war alles kein Traum! Es war die Realität, die Wirklichkeit.
Der laue Frühlingswind strich um meine nackten Knöchel und umspielte meine Arme, sodass sich eine leichte Gänsehaut darauf bildete. Vögel trällerten im nahen Geäst ihre Morgenlieder und würde heute nicht meine Zwangsvermählung mit dem Königssohn sein, dann wäre es ein wahrlich schöner Tag geworden. Doch die Vorstellung vor dem, was mir blühte, trübte meine Laune. Ich fühlte mich hilflos und allein gelassen, niemand stand auf meiner Seite und hatte mir zugestimmt, dass es unwürdig sei, einen Menschen gegen dessen Willen zu verheiraten. Als wenn hier die Menschenrechte nicht gelten würden! Als wenn ich in einer Stadt gelandet wäre, in der Emanzipation und Gleichberechtigung nur Begriffe der Fantasie waren! Als wenn ich nur eine Marionette in einem noch größeren Spiel sei, eine Puppe, deren Führung mir selbst nicht oblag.
Für eine Weile lauschte ich dem nahen Rauschen eines kleinen Baches und ließ es zu, dass der Wind mit meinen roten Locken spielte. Es musste schön aussehen, wenn sie durch die Luft tanzten wie kleine Feuerkringel. Gedankenverloren strich ich mit den Fingerkuppen über das weiche Moos, das unter mir sachte nachgab. Ich lächelte verträumt, wenn Bilder in meinen Kopf schossen. Ein junges Mädchen jagte vergnügt einigen Schmetterlingen nach. Ihr Haar stand in Flammen, schwebte in der Luft und wie ihr Haar so feurig rot, glitzerten ihre Augen so grün.
Ich sah mich selbst, grünes Gras kitzelte meine jungen Füße und auch wenn diese Wiesen mit den sanften Hügeln und den hohen Bergkämmen im Hintergrund so fremd für mich waren, kamen sie mir doch so eigenartig vertraut vor.Warte Mal! Moos? Wie kommt Moos unter meine Finger?
Ich riss die Augen auf, vergass die schönen Bilder und starrte in den Himmel. Im Wind wiegten die grünen Blätter, die Äste, die sie hielten, schwangen sanft hin und her. Von Zeit zu Zeit blitzte der azurblaue Himmel hindurch, der noch von dunkelroten Streifen durchsetzt war. Die Sonne war noch nicht zu sehen, noch hüllte eine Dämmerung die umliegende Bäume und Büsche ein und ein paar Nebelschwaden hielten sich wacker.
Wo bin ich? Wie bin ich hierher gekommen? Was ist hier eigentlich los? Bin ich doch frei? Träume ich? Oder ist das hier doch nur der Schwarzwald? Das wird es sein! Ich bin gestürzt, habe mir den Kopf angeschlagen und geträumt. Und ich dachte schon ich sei verrückt geworden und in einer anderen Welt gestrandet.
Mein leises Lachen unterbrach den Gesang der Vögel, doch so schnell erstarb es auch schon wieder, als ich mich aufgerichtet hatte und mich genauer umsah. Ich befand mich nicht alleine in diesem Wald, nicht einmal auf der kleinen Lichtung war ich es. Blickte ich über das Glimmen eines längst verloschenen Lagerfeuers hinweg, erblickten meine hellgrünen Augen den jungen Mann, der sich dort niedergelassen hatte.
Er hatte sich einen bemoosten Stein als Sitz erkoren und schien noch nicht bemerkt zu haben, dass ich erwacht war. Wenn ich mich nicht irrte, dann trug er Kleidung im elbischen Stil. Seine enge Hose war moosgrün und hob sich somit von den braunen Lederstiefeln ab, die er an den Füßen hatte. Über einem blattgrünem Hemd, auf das ich nur einen kurzen Blick erhaschen konnte, da ein langer Mantel in der Farbe eines alten Eichenstammes, seinen Oberkörper bedeckte, hatte er sich zum Schutz Protektoren aus festem dunklem Leder um die Unterarme gebunden. Auch an seiner Schulter befanden sich zwei. Seine Konzentration war voll und ganz auf den langen Speer in seinen Händen gerichtet, dessen Spitze er mit wenigen geübten Handgriffen schärfte. Hielt er diesen Sperr nicht in der Hand, so befestigte er ihn sicherlich irgendwie an den ledernen Riemen, die sich quer über seine Brust wanden und auch den Rücken entlanglaufen mussten. Ich verstand reichlich wenig von Speeren und der Kunst mit solch einer langen Waffe zu kämpfen, mein Spezialgebiet blieben einfach meine Doppelklingen, denen ich weit aus mehr Freiraum zusprach als diesem Stock, obgleich er mir zum jetzigen Zeitpunkt sehr gefährlich und tödlich vorkam.
Der Speer wies bei genauerer Betrachtung einige sehr filigrane Verzierungen in Form von Schnitzereien auf, die mir erst gar nicht aufgefallen waren. Ich erkannte Blätter und Zweige, aber auch etwas, das auf magische Runen oder Ähnlichem deuten könnte. Dafür bräuchte ich einen genaueren Blick und bisher hatte ich noch nicht vor dem Fremden näher zu kommen. Skeptisch schob ich die Augenbraue hoch.
Was macht so jemand im Schwarzwald?
Für einen Mann hatte er erstaunlich langes Haar, selbst länger als die pechschwarze Mähne von Kathrins Bruder und bei ihm hatte ich mich schon gewundert. Nicht, dass es mir nicht gefallen würde, doch war es für die heutige Zeit nicht mehr üblich als Mann das Haar lang zu tragen. Doch nicht die Länge seines Haares ließ mich vor Staunen erstarren, sondern die Farbe. War mein Haar so feurig rot wie die untergehende Sonne, so war seines so kalt und rein wie frischer Schnee im Winter, auch wenn es längst nicht so wirkte. Luftig leicht segelten einige Strähnen in der Luft und umspielten seine spitzen Ohren, die durch den Zopf am Hinterkopf frei lagen. Nur zwei Strähnen hingen ihm nach vorne, der Rest der weißen Pracht, der nicht im Zopf Platz gefunden hatte, musste auf seinem Rücken liegen.
Ich löste den Blick von seinem Haar und betrachtete sein längliches, schmales, beinahe etwas feminin wirkendes Gesicht. Dennoch wurde das schmale Kinn von den markanten Kieferknochen und den deutlich zu erkennenden Wangenknochen kompensiert. Auch seine formstarken Augenbrauen, die im Gegensatz zum Haar dunkel waren, verrieten noch, dass er ein Mann war.
Er hatte die schmalen, blassen Lippen konzentriert zu einer Maske werden lassen, die weder Freude noch Missmut zeigte und auch seine Augen, die er auf seine Arbeit gerichtet hatte, verrieten mir nicht seine Stimmung. Eine kleine Falte ließ sich von hier nur so auf seiner Stirn erahnen, doch als ich blinzelte und noch einmal hin sah, war sie verschwunden.
Er muss ein Krieger oder so etwas in der Art sein! Warum sonst die Waffe und die Narbe.
Einmal quer über seine spitze Nase zog sich eine Narbe, von seiner linken Wange bis zur anderen Seite seiner Nase. Sie verblasste bereits und doch würde die Erinnerung an eine Verletzung immer mit ihr bei dem jungen Mann verweilen.
Noch immer starrte ich wie gebannt auf die Narbe und fragte mich, welch schreckliches Schicksal sich hinter ihr verbergen mochte, da erwiderten plötzlich zwei stechend eisblaue Augen meinen Blick.
Erschrocken zuckte ich zurück und wand ertappt den Blick ab.
Erst nach einigen Sekunden wagte ich es wieder einen Blick zu riskieren, er war erneut in seine Arbeit vertieft, als sei nichts geschehen.„Wer sind Sie?“, fragte ich leise, meine Stimme klang mir selbst vom Weinen letzte Nacht noch ganz fremd.
Hey :)
Euch allen ein Frohes Neues Jahr, 2018 ist da und ich bin wirklich mal gespannt was es uns bringen wird ^^
Ich starte das neue Jahr mit einem neuen Charakter, dem Jenna auf ihrer langen Reise begegnet und der noch eine große Rolle spielen wird ;)
Sonst hätte ich mir nicht die Mühe gemacht ihn so gut zu beschreiben xDWas meint ihr? Gefällt er euch bisher? :)
Laura
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Who you truly are
FanfictionJenna ist eine junge Frau von gerade einmal 19 Jahren. Sie lebt in einem kleinen Dorf in der Nähe von Karlsruhe. Mitten in den Bergen liegt ihr Zuhause, wo sie mit ihrer Mutter lebt. "Jenna, du bist nicht unsere leibliche Tochter!" Der Satz, der ih...