Das Erwachen

178 14 13
                                    

(Jenna POV)

Pochend machte sich mein Kopf deutlich bemerkbar, kaum, dass ich die hellgrünen Augen aufgeschlagen hatte. Das helle, grelle Licht brannte in ihnen, sodass ich schnell den dröhnenden Kopf abwand und die Augen schloss.

Warum ich? Warum immer ich? Konnte mir das einmal jemand verraten? Konnte mir jemand die Fragen beantworten, die in mir wüteten? Ich kann in diese Schule nicht mehr zurück! Ich kann es einfach nicht. Nicht nachdem mich jeder der Schüler nackt gesehen hatte! Aber was sollte Mom denken, wenn ich schon wieder nicht auf eine Schule gehen konnte? So kurz vor dem Abitur?

Meinen Abschluss würde ich, wenn alles gut lief, in einem halben Jahr machen und dann Ende des Schuljahres in den Händen halten.

Warum solltest du dir das von dieser Caro vermiesen lassen? Warum lässt du dir deine Zukunft von ihr zerstören. Nach dem Abitur müsstest du sie nie wieder sehen!

Erinnerte mich mein Verstand an einen kleinen positiven Nebeneffekt, wenn ich denn dann das Abitur endlich in den Händen halten würde.

Nein! Das wird mir Caro nicht zerstören! Schlimmer konnte sie es ja nicht mehr machen, als mit der Präsentation meines Körpers. Hässlich bin ich ja auch nicht.

Redete ich mir ein und mit neuem Tatendrang schlug ich die blitzenden Augen wieder auf. Das helle, warme Sonnenlicht ließ das Pochen und Dröhnen in meinem Kopf stärker werden. Doch dieses Mal blieb ich stark!

Warum konnte mich das Verhalten anderer Menschen nur immer so verletzten? Früher war ich doch so ein starkes und selbstbewusstes Kind gewesen, das sich von keinem so schnell etwas sagen ließ! Wo war dieses Kind geblieben?

Ich wusste genau wo es geblieben war. Gepeinigt und verletzt war es tief in mein Innerstes gekrochen und hatte sich verschanzt, um die blutenden Wunden zu versorgen und heilen zu lassen.
Es würde erst wieder zum Vorschein kommen, wenn auch die letzten Narben verblasst waren, doch im Moment gab es immer wieder jemanden, der über die frisch verheilte Haut kratzte und sie von Neuem öffnete und zum Bluten brachte.

Aber von nun an nicht mehr!

Als ich mich langsam aufrappelte, nahm ich mir fest vor mich nicht mehr von solchen Menschen unterkriegen zu lassen! Das hatte ich doch auch in Neuseeland gelernt.

Du bist einzigartig und toll, so wie du bist und das kann dir niemand nehmen!

Um meinen Kopf nicht noch mehr zu quälen, richtete ich mich nur langsam auf und fasste mir an den Hinterkopf. Man sah es nicht in meinem Haar, doch als ich die feuchte Hand wieder hervorzog, sah ich die rote Flüssigkeit, wie sie langsam über meine Haut rann. Tapfer biss ich die Zähne aufeinander und blickte mich um.
Ich wollte einfach nur nach Hause, um dann möglicherweise einen Arzt aufzusuchen.

Doch dafür musste ich den Weg nach Hause finden und irgendwie kam mir in diesem Moment alles so fremd vor. Als wenn ich nie hier gewesen war!
Lichtflecken tanzten über den von Blättern bedeckten Boden, in dem vereinzelt ein paar Grasflecken und kleinere Pflanzen um ihr Überleben fochten. Die Sonne stand hoch am Himmel, aber nur ein paar Lichtstrahlen erreichten den Waldboden

Ich sah mich weiter um, erblickte aber nur weitere Baumstämme und Büsche, die mir allesamt aber fremd waren.

Ach, wenn ich einfach in irgendeine Richtung gehe, dann werde ich schon bald auf eine Straße treffen.

Redete ich mir ein, obwohl sich bereits ein ungutes Gefühl in meinem Magen breit gemacht hatte. Wie ein lähmendes Gift zog es sich durch meine Adern und ließ mich hellhörig werden. Der Kloß, der sich nach und nach in meinem Hals bildete, ließ sich nicht hinunterschlucken. Meine Hände waren klamm von meinem eigenen Schweiß.

Who you truly areWo Geschichten leben. Entdecke jetzt