Überraschender Gast

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(Jenna POV)

Kinderlachen erfüllte die warme Sommerluft, gefolgt vom Lachen eines jungen Mannes. Es war gefüllt von Freude, Freiheit und Sorglosigkeit. Blau war der Himmel und kleine, flauschige Wolken schwebten vorbei. Schmetterlinge flatterten unbeschwert durch die Lüfte und glänzten in den verschiedensten Farben und Formen. Gelbe Zitronenfalter spielten mit Kohlweißlingen und Tagpfauenaugen.
Viele der Tiere zogen ihre Bahn direkt um mich herum und über meinem Kopf. Erneut drang das Lachen eines Kindes an mein Ohr. Erst jetzt realisierte ich, dass ich es war, die da lachte. Zufrieden hüpfte ich über die Wiese, die sich bis zum Horizont auszudehnen schien. Ich fühlte keine Sorgen, keine Angst, nichts, das mich beunruhigen würde. Ich war einfach nur glücklich. Ich war ein Kind. Und als Kind fand ich alles interessant. Jeden Schmetterling wollte ich näher betrachten und ging deshalb der Beschäftigung nach einen zu fangen.
Lachend und kichernd rannte ich einen tiefblauen Schmetterling hinterher und streckte die jungen Hände nach ihm aus.
Erst als ich mich außer Atem in das weiche Gras fallen ließ, gab ich auf.
„Es klappt nicht", schmollte ich und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
„Nun du bist zu ungeduldig", erklärte die sanfte Männerstimme und etwas legte sich neben mich ins Gras. Der Wind strich über unsere Haut und spielte mit unseren Haaren. Wenige blonde Strähnen vermischten sich mit meinen rotbraunen. Gold und Feuer vereinte sich.
„Ich bin nicht ungeduldig", meckerte ich, drehte mich um und setzte mich auf die Brust des Mannes. Sein jugendliches Gesicht zuckte als ich Grashalme darauf verteilte. Mit blitzenden Augen beobachtete er mich bei meiner Arbeit.
„Du bist schwer, Kleine", beschwerte er sich nach einer Weile und ein freches, hinterlistiges Grinsen huschte über seine Lippen. Unbemerkt hob er die Hände, dann begann seine Kitzelattacke. Ich quiekte und wand mich lachend in seinem Griff, bis ich lachend ins Gras purzelte und dort liegen blieb.
„Ich hab dich lieb, Onkel", flüsterte ich und kuschelte mich an seinen muskulösen Oberkörper.
„Ich dich auch meine Kleine", erwiderte er und fuhr mit seinen schlanken Fingern durch mein welliges Haar.

Dieser Traum blieb mir noch lange im Gedächtnis. Es war wie der, der mich vor ein paar Nächten gequält hatte. Nur nicht so brutal und gefüllt von Angst und Trauer. Keine Stadt stand in Flammen, keine Schreie, kein Tod und Leid. Es war das komplette Gegenteil, doch in derselben Intensität! Nach dem Aufwachen hatte ich mich gefragt ob es wirklich ein Traum gewesen ist.
Vielleicht war es doch eine Erinnerung? Aber nein. Das kann nicht sein! Ich habe keinen Onkel. Ich sollte es einfach vergessen!

Zustimmend nickte ich und öffnete die Tür zum Eingangsbereich des Trainingshauses. Ein anderer Gedanke machte sich nun, wo ich die Gerüche des Raumes in mir aufnahm, breit. Nämlich wer mein Trainingspartner war. Heute würde er oder sie auch mit mir trainieren.
Hoffentlich ist er oder sie nett.

„Ah Jenna wie schön. Du kannst dich gleich umziehen gehen", wurde ich von Sebastian, meinem Trainer, lächelnd begrüßt.
„Gut mache ich. Wir sehen uns gleich", grüßte ich freudig zurück und zog meine Tasche enger an mich, bevor ich durch eine weitere Tür in eine der Kabinen verschwand.

Ich hatte es sehr vermisst mit meinen Schwertern aktiv zu werden. Letzte Woche hatte Sebastian nicht viel mit mir trainiert. Er hatte sich erst von meinem bisherigen Können überzeugen wollen.
Ist irgendwie ja auch verständlich. Sonst erwartet er womöglich noch zu viel von mir oder er unterschätzt mich.

Fertig umgezogen in meine Trainingssachen die aus einem engem T-Shirt und einer kurzen Sporthose bestanden, machte ich mich auf den Weg in den Trainingsraum. Mein rotbraunes Haar hatte ich zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.
Lächelns begrüßte ich Sebastian ein weiteres Mal und blickte mich dann um. Der andere Schüler war noch nicht zu sehen.
„Sie ist noch in der Umkleidekabine. Jenna kommst du bitte her", bat Sebastian freundlich, aber in seiner Stimme schwang Ernsthaftigkeit mit. Etwas unsicher kam ich näher und platzierte meine Doppelschwerter auf einer schmalen Holzkommode.
„Bevor sie auch herkommt. Ich habe mich in der letzten Stunde von deinen Fähigkeiten überzeugen wollen und kann nun mit Gewissheit sagen, dass du bereits länger trainierst und ein besseres Können bewiesen hast. Ich bitte dich nur darum Vorsicht ihr gegenüber walten zu lassen", bat Sebastian und legte seine Hand kurz auf meine Schulter.
„Natürlich. Ich will niemanden verletzten oder überfordern", erwiderte ich und senkte kurz den Blick.
„Gut", Sebastian wandte den Blick ab und kurz huschte ein Lächeln über seine Lippen. Er zog die Hand von meiner Schulter und drehte sich zu meiner Mitschülerin um. Neugierig folgte ich seinen Augen und erstarrte.

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