"Und war's schlimm?", wollte seine Mutter wissen, als die Beiden wieder im Warteraum saßen, weil sie auf die Blutergebnisse warten mussten. "Es ging.", antwortete Lars kurz angebunden und streckte seine Beine nach vorne aus. Inzwischen waren ein paar Leute gegangen und neue hatten Platz genommen. Er erkannte ein Mädchen, das ungefähr in seinem Alter sein musste. Es hatte kurzes blondes Haar und eine Stupsnase, die ihm unheimlich gefiel, zudem war es sehr schmal und trug über einer weiten Jogginghose ein pinkes T-Shirt mit Blumen. Sie saß ruhig und unbeweglich auf ihrem Stuhl und schien den Boden zu betrachten, der jedoch nichts Spannendes zu bieten hatte. An ihren kleinen Füßen trug sie weiße Stoffturnschuhe. Die Haut des Mädchens schien makellos und fast noch blasser als die öde, weiße Krankenhauswand. Lars fand sie besonders und versuchte ihr zuzulächeln, doch sie schien ihn nicht wahrzunehmen.
Man hatte Mutter und Sohn nicht gesagt, wie lange sie auf die Blutergebnisse warten mussten, doch mittlerweile war eine weitere halbe Stunde vergangen und Lars fragte sich was an dieser Untersuchung so lange dauern konnte. Bestimmt hatten sie ihn einfach vergessen. Aus purer Langeweile war er bereits zwei mal auf die Toilette gegangen, obwohl er gar nicht dringend musste. Auch seine Mutter schien langsam ein wenig genervt und tippte unruhig mit ihren Fingern auf ihren Oberschenkel. "Hast du Hunger?", fragte sie ihren Sohn nun und kramte in ihrer Handtasche umher. Natürlich hatte Lars Hunger und selbst wenn nicht, er konnte eigentlich so gut wie immer essen. Sie drückte ihm eine Butterbreze in die Hand und aß selbst ein paar Apfelschnitze. Lars aß genüsslich und stellte plötzlich fest, dass das namenslose Mädchen von vorhin nicht mehr da war. Er hatte überhaupt nicht mitbekommen, wie das zarte Geschöpf und seine Mutter aufgestanden waren. Auch hinter ihm war sie nirgends zu sehen. Bestimmt war sie gerade im Behandlungszimmer und er hatte nicht mitbekommen, dass sie aufgerufen worden war.
Weitere 15 Minuten vergingen. Leute wurden in den Behandlungsraum geholt und wieder entlassen. Immer wieder kamen neue Patienten durch die Eingangstür und suchten sich nach der Anmeldung und extra Räumen einen Sitzplatz. Lars war kein ungeduldiger Junge, doch langsam sank seine Stimmung in die Tiefe. "Mama, was dauert denn da so lang? Bestimmt ist sowieso alles mit meinem Blut in Ordnung und wir warten hier ganz umsonst.", stöhnte er und rieb sich den Kopf, der von dem fielen Nichtstun sehr müde geworden war. "Ich weiß es auch nicht Schatz, aber so ist das nun mal in Krankenhäusern. Sei froh, dass du so gesund bist und nicht so oft einen Arzt brauchst.", gab sie ihm ebenfalls etwas erschöpft zurück und überflog weiter den Text in ihrem Magazin. "Allerdings.", murmelte Lars und widmete sich erneut dem Handy seiner Mutter. Lesen würde er freiwillig nicht. Das tat er schon in der Schule viel zu oft.
Nach gefühlten Ewigkeiten dann endlich - sein Name wurde aufgerufen! Lars sprang beinahe auf und auch seine Mutter erhob sich hastig von ihrem Stuhl und legte das Heft in ihrer Hand unachtsam beiseite. Sie wurden dieses Mal in ein anderes Zimmer geführt und trafen dort auf zwei Ärzte. Der Erste war Dr. Maulbart, doch den Zweiten hatte Lars bisher noch nicht erblickt. Er war um Einiges älter und ein wenig korbulenter, machte jedoch einen äußerts freundlichen Eindruck. Als Mutter und Sohn sich gesetzt hatten, rückten sie dann endlich mit der Sprache heraus.
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The kids at station 7
Short StoryEin ganz normaler Arztterim, dachte er. Schulfrei und eine entspannte Autofahrt nach Ulm, in der er auf dem Handy seiner Mutter ein Spiel spielen durfte. Man würde nur seine Fingernägel genauer unter die Lupe nehmen, mehr nicht. Die gehasste Doppels...