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Eine Gruppe von werdenden Ärzten betrachteten Lars wie ein Tier im Zoo und hörten Dr. Maulbart genau zu, was er zu Lars seinem Krankheitsbild zu sagen hatte. Anscheinend war das, was Dr. Maulbart zu sagen hatte, äußerst interessant, denn die jungen Frauen und Männer waren höchstaufmerksam bei der Sache. Immer wieder richteten sie ihren Blick auf Lars und lächelten ihn abwechselnd freundlich an. Lars fand die Situation keineswegs unangenehm oder störend, nein, endlich sah er mal andere Menschen und das nicht nur im Fernsehen. Dr. Maulbart hatte Lars erklärt, dass die werdenden Ärzte alle ein wenig mehr Erfahrung sammeln wollten und echte Krankheitsbilder kennenlernen wollten. In diesem Moment sagte der Oberarzt zu ihm, er solle doch mal seine Fingernägel zeigen. Daraufhin spreizte Lars seine Finger und drückte sie an die Scheibe. Die jungen Ärzte traten ein wenig näher zu ihm heran und betracheten eingehend seine Nägel. "Lars ist der erste hier in Ulm, der dieses besondere Krankheitsbild aufweist, die Krankheit ist nur gering verbreitet und kommt in ganz Deutschland nur um die dreihundert mal vor.", eröffnete er ihnen und lächelte Lars zu, als wäre er ein ganz außergewöhhnliches Kind. Lars lächelte zurück und wurde sogar ein klein wenig rot, weil er so viel Aufmerksamkeit bekam. Dr. Maulbart schien jedoch bereits mit seinem kleinen Vortrag fertig zu sein und im Begriff sich von ihm zu verabschieden. Ein wenig Enttäuschung keimte in Lars auf - schon wieder würde er allein sein. Auch wenn sein Vater oder je nach dem seine Mutter fast immer bei ihm waren, fühlte sich Lars doch oft genug einsam und ausgegrenzt. Besonders nachts, wenn er im Bett lag und nicht schlafen konnte, vermisste er sein Zuhause und seine gewohnte Umgebung. Zudem waren dort keine Geräusche von nervigen Geräten, die wohl dachten, sie müssten im Minutentakt piepsen oder sich anderweitig bemerkbar machen. Tagsüber, wenn ständig irgendwelche wichtigen Flüssigkeiten in ihn hineinliefen, beschwerte sich das außen angebrachte Gerät, wenn Lars versehentlich das Kabel abknickte und so den laufenden Strom behinderte. An einem Tag war Lars beinahe ausgerastet und in Tränen ausgebrochen, weil das Gerät einfach keine Ruhe geben wollte und Lars alles falsch zu machen schien. Er hatte nämlich aus der Gewohnheit heraus ein Blatt vom Boden aufgehoben, das ihm beim Basteln heruntergefallen war und hatte dafür mächtigen Ärger kassiert. Obwohl ihm klar war, dass die Krankenschwester es nur gut mit ihm meinten und Angst um ihn hatten, hatte er sich angegriffen und verletzt gefühlt und sich gewunschen, er würde wieder tun und lassen können, was er wollte. Nicht mal seine Hände waschen konnte er hier. Nach jedem Klogang musste er seine Hände desinfizieren mit der Flüssigkeit, die in einem Behälter neben seinem Bett angebracht war. Der Geruch war stechend und verursachte bei Lars immer häufiger Kopfschmerzen, sodass er es am Liebsten nicht mehr verwenden wollte.

"Probier gleich mal die Aufgabe sechs, vielleicht bekommst du sie ja auch ohne meine Hilfe hin.", ermutigte Frau Zech ihn und widmete sich seinen vorherigen Aufgaben auf dem karierten Blatt. Lars machte sich motiviert an die Arbeit und freute sich, dass sie ihm zutraute, dass neue Thema auch ohne ihre Hilfe zu verstehen. Und tatsächlich - wenig später hatte er alle Aufgaben erledigt und blickte stolz drein. "Sag bloß, du bist schon fertig?", fragte die Lehrerin erstaunt und machte große Augen. "Ja, war ganz einfach.", meinte Lars und lächelte bescheiden. "Na dann wollen wir mal sehen, wie einfach das war.", sagte sie herausfordern und überprüfte seine Lösungen. Lars sah, wie sie hinter jede Aufgabe einen Haken setzte. Die Überraschung über sein Können war ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. Bei der allerletzten Teilaufgabe jedoch hielt sie inne. "Schau dir die Letzte nochmal an, ich glaube du hast noch was vergessen.", erklärte sie und gab ihm sein Blatt zurück. Lars ging die Aufgabe erneut durch und erkannte dann aber sehr schnell seinen Fehler. Er strich die falsche Zahl durch und schrieb die richtige darüber. "Und jetzt?", fragte Lars. "Super, wie's aussieht hast du das Prinzip verstanden. Dann können wir gleich ein wenig weitergehen.", teilte sie mit und blätterte im Mathebuch auf die nächste Seite.

Sandra kam in Lars' Zimmer. Lars Vater saß auf dem Stuhl und vor ihm lag seine allesgeliebte Zeitschrift, mit der er sich stundenlang beschäftigen konnte. Er blickte jedoch, als sie hereinkam und setzte sich ein wenig gerader hin. "Blutabnahme.", verkündete sie im freudigen Ton, wie so oft. Lars war mittlerweile heilfroh, dass er seinen Katheter hatte, wenn er bedachte, wie oft er sonst schon hätte gepiekst werden müssen. Die regelmäßigen Blutabnahmen waren wichtig, um stets über seine aktuellen Blutwerte im Stande zu sein und so wurden auch heute wieder ein paar Ampullen abgezapft. Lars schob sein T-Shirt nach oben und löste die Schläuche, die mit Hilfe von Klebeband an seine Brust festgemacht worden sind. Sie einfach herunterhängen zu lassen wäre viel zu gefährlich, da es schon vorgekommen sei, dass sich Kinder den Katheter herausrissen und daran verbluteten. Dadurch, dass der Katheter sozusagen an der Halschlager angeschlossen war, wäre das natürlich zu vermeiden. Selbstverständlich würden der etwas dickere Schlauch, der sich in zwei Dünnere aufspaltete und in der Mitte seiner Brust herausführte, aber auch äußerst behinderlich und nervig sein. "Wie bei einem Wasserhahn, nur viel kleiner, drehte Sandra ein Ventil auf, das den kleinen Schlauch öffnete und einen Blutfluss ermöglichte. Manchmal konnte das etwas länger dauern, aber bisher war immer etwas herausgekommen. Heute schoss das Blut sogar in wenigen Sekunden in den Schlauch, weshalb die Prozedur in Kürze erledigt war. Lars Vater schaute immer wieder gespannt zu und tauschte manchmal auch seine typischen Vaterblicke mit seinem Sohn aus. Natürlich so, dass die Krankenschwestern es nicht sehen konnten. "So, das lief ja heute wie geschmiert.", lachte Sandra und fuhr dann fort. "Die Blutwerte bekommen wir dann morgen vom Labor. Dann sehen wir mal, ob sich die Blutwerte weiterhin so gut verbessern.", sprach sie aus. "Das wäre wirklich wunderbar.", seufzte der Vater mit nach oben zeigenden Mundwinkeln und nickte Sandra dann noch zu, als sie aus dem Zimmer ging.


The kids at station 7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt