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Solange bis Dr. Maulbart erschien, legte Lars sich wieder auf sein Bett und schaute ein wenig fern. Andrea war noch bei ihm geblieben, um sicher zu sein, dass es ihm wirklich gut ging. "Dr. Maulbart müsste in ein paar Minuten kommen, kommst du alleine klar?", fragte sie  besorgt. "Ja, kein Problem, mir geht es ja auch wieder ganz toll.", log Lars und setzte ein falsches Lächeln auf. "Na gut, du weißt ja, einfach auf den roten Knopf drücken, falls etwas sein sollte.", wies sie ihn an und verschwand dann aus dem Zimmer.

Nach zehn Minuten kam Dr. Maulbart dann und lief zu Lars' Aufenthaltsort. "Na Lars? Was machst du denn bloß für Sachen.", fragte er lächelnd und gleichzeitig etwas müde wirkend. Lars wusste, dass der Oberarzt sehr viel arbeiten musste und ständig benötigt wurde. Dazu kamen die schlimmen Schicksale, mit denen er als Arzt umzugehen hatte. Zudem war er verantwortlich für seine Entscheidungen, was medizinsche Maßnahmen betraf. Sogesehen lastete Einiges an ihm und nun gab es bei dem eigentlich schon fast gesund geglaubten Lars Schwierigkeiten...

Lars hatte geglaubt er würde nun von oben bis unten untersucht und unter die Lupe genommen werden, doch tatsächlich nahm Dr. Maulbart nur ein paar Routineuntersuchungen vor. Keiner wusste, dass ihn noch immer Bauchschmerzen plagten, wenn auch nicht mehr so schlimme wie vor seinem Klogang. Dr. Maulbart konnte anhand seiner Untersuchungen nichts Auffälliges feststellen, ordnete jedoch an einen Ultraschall von seinem Darm zu machen. Anscheinend konnte eine Darmentzündung ein Auslöser für einen Kreislaufzusammenbruch sein und Dr. Maulbart wollte mit Gewissheit alle Risiken ausschließen.

Da Lars nicht aus seinem Zimmer heraus durfte, wurde ein mobiles Ultraschallgerät in sein Zimmer geschoben und Lars betete und hoffte, dass mit seinem Darm alles in Ordnung war. Nadja, die ihre Haare zu seinem Zopf zurüchgebunden hatte, bereitete alles vor und der Oberarzt fing dann an, mit einem Gerät, das einem Kassenscanner gleichkam, seinen Bauch zu untersuchen. Sein Blick war starr auf den Monitor vor ihm  gerichtet. Noch prägte Ausdruckslosigkeit sein Gesicht, doch dann runzelte er die Stirn und kniff mit bedauerndem Blick die Augen zusammen. Lars wusste, dass dies nichts Gutes bedeuten konnte.

Obwohl Lars geradeeben mit der schlechten Nachricht einer verspäteten Heimfahrt vertraut gemacht worden war, überkam ihn beinahe Erleichterung. Es stand nämlich fest, dass Lars eine bereits fortgeschrittene Darmentzündung hatte, die in seinem Fall sehr böse hätte enden können, wenn man sie nicht medikamentös behandelte. Warum hatte er nur sein Leben aufs Spiel gesetzt? "Du bist dir sicher, dass du keine Bauchschmerzen hattest?", wurde er nun von Dr. Maulbart gefragt, da dies anscheinend bei einer Darmentzündung sehr untypisch sei. "Äh na ja, ein bisschen vielleicht, aber ich dachte, das ginge schon wieder vorbei.", sprach Lars die Halbwahrheit aus und hoffte, man würde ihm glauben. Selbstverständlich meldete sich sofort sein schlechtes Gewissen und Lars fiel auf, dass er in letzter Zeit sehr viel gelogen hatte. "Hm, dann hattest du wohl wirklich Glück. Sei froh, normalerweise sind das schreckliche Krämpfe, die sich oft eine Weile ziehen.", erklärte der Oberarzt und Lars wusste genau wovon dieser redete.

Solange die Darmentzündung noch nicht abheilt war, durfte Lars nicht nach Hause. Er bekam nun ein entzündungshemmdes Medikament, das helfen sollte, jedoch gleichzeitig starke Antriebslosigkeit mit sich brachte. Vor wenigen Minuten war sein Vater gekommen und hatte bereits alles, was geschehen war von Dr. Maulbart erfahren. Natürlich war ihm eine gewisse Enttäuschung anzusehen, auch er hatte sich auf die baldige Heimfahrt gefreut. "Tut mir Leid Lars, das ich es nicht mehr zu dir geschafft habe, aber ich denke ich wäre sowieso zu nichts brauchbar gewesen.", entschuldigte er sich. "Macht nichts.", sagte Lars leise und gähnte. Lars war heilfroh, dass die Medizin scheinbar gleichzeitig seine Bauchschmerzen linderte und er fast schmerzfrei daliegen konnte. Nun war sein Vater da und doch wollte er am liebsten nur schlafen. Lars tat es Leid, oftmals ohne jeglichen Grund so schlecht drauf zu sein und keine Lust auf irgendetwas zu haben, doch er nahm sich fest vor, all das nachzuholen, wenn er erst gesund war.

Dr. Maulbart kam später nocheinmal herein und erklärte grob, wie der weitere Verlauf aussehen würde. "Soweit ich das sehe, muss Lars mindestens noch eine weitere Woche dableiben. Dadurch, dass die Entzündung erst relativ spät entdeckt wurde, weil Lars keine richtigen Symptome aufwies, ist die Darmentzündung schon relativ weit fortgeschritten und wir können froh sein, sie noch rechtzeitig entdeckt zu haben. In schweren Fällen kann diese sogar zum Tod führen." Lars erschrak und eine Gänsehaut überkam seinen ganzen Körper, wenn er sich vorstellte, er wäre vielleicht beinahe ums Leben gekommen. Auch sein Vater machte einen sehr ernsten und erschrockenen Eindruck und nickte nur hin und wieder. "Nun, wie gesagt, Lars bekommt jetzt dreimal sein Medikament und wenn alles gut läuft, kann er dann nächste Woche entlassen werden. Eine Woche, dachte Lars. Wieder eine Zeit, indem ihn das Heimweh plagte und er nicht wusste, was er tun sollte. Wieder musste er geduld haben und musste warten, bis es seinem Körper wieder besser ging. Ja, in letzter Zeit hatte seine Seele sehr auf seinen Körper Rücksicht nehmen müssen, wenn man das so sagen konnte. Vielleicht war die Darmentzündung aber auch eine Strafe für seine vielen Lügen, wer wusste das schon? Nach geraumer Zeit fragte er sich nun wieder, ob es wirklich einen Gott gäbe und wenn ja, ob dieser auch seine erschaffenen Menschen strafte, wenn sie sich falsch verhielten. War womöglich sein ganzer Aufenthalt in diesem Krankenhaus eine Strafe für etwas, das er zuvor begangen hatte? Lars dachte angestrengt nach, konnte aber keine derart große Missetat finden, die eine solch große Bürde verdient hätte.

Lars Vater fragte, ob alles in Ordnung sei, obwohl er natürlich wusste, dass es Lars sowohl körperlich als auch physisch nicht gut ging. "In einer Woche...", setzte Lars schläfrig zu einer Antwort an. "...geht es mir gut.", vollendete der Junge seinen Satz und schlief dann erschöpft und ausgelaugt ein.



The kids at station 7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt