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Lars saß auf dem Sofa und schaute seine Lieblingsserie. Sie handelte von einer Comicfamilie, die ständig etwas neues erleben wollte und so an jedem Tag etwas anderes unternahm. Lars fände es toll so zu leben und sich niemals zu langweilen. In diesen Moment wünschte er sich, er wäre Teil der Familie und könnte aus seinem eigenen Leben verschwinden. Seine Eltern hatten mit ihm geredet und gesagt, es wäre alles gar nicht so schlimm, wie er sich das vorstellte und er würde es bereuen, die Chemotherapie nicht durchzuführen. "Je älter du wirst, desto schwieriger wird das Ganze und deine Erfolgschancen sinken.", hatte seine Mutter ihm gesagt. In diesem Augenblick konnte er womöglich darüber hinwegsehen, aber was würde später sein, wenn er erwachsen war?

Lars versuchte sich auschließlich auf die Folge im Fernsehen zu konzentrieren, aber sein Gewissen plagte ihn. Seine Eltern hatten ja recht. Selbst wenn es eine schlimme Zeit werden würde - auch sie wäre irgendwann vorbei. Vielleicht sollte er sich einfach mit der Situation abfinden und warten, was auf ihn zukommen würde. Dieser Gedanke fühlte sich richtig an, das merkte er und so beschloss er, sich vorerst nicht quer zu stellen. Sowieso war ja auch überhaupt noch nichts beschlossen und er konnte jederzeit etwas einwenden. Mit diesem Beschluss ging er an diesem Abend zufrieden ins Bett und war plötzlich wieder frohen Mutes.

"AUFSTEHEN!", schrie die Stimme seiner kleinen Schwester nach oben in sein Zimmer und Lars schreckte sofort hoch. Obwohl Emilia erst fünf war, hatte sie ein unglaublich lautes Organ. Reflexartig blickte er auf seine Weckeruhr neben seinem Bett und erschrak. Schon kurz nach halb acht! Blitzschnell sprang Lars aus dem Bett und zog sich die Klamotten, die von gestern noch in seinem Zimmer lagen, an. Mit trampelnden Schritten stürmte er nach unten ins Badezimmer, wusch sein Gesicht und seine Zähne und lief dann eilig in die Küche. Dort stand gerade seine Mutter und kochte Kakao. "Na, du Schlafmütze? Auch schon wach?", stichelte ihn seine Mutter. "Du hättest mich ruhig früher wecken können!", rief Lars empört und trank mit großen Schlucken ein Glas Orangensaft, das jedoch ziemlich ekelhaft schmeckte, weil er noch Zahnpastageschmack im Mund hatte. "Tut mir leid, aber ich habe heute leider auch etwas verschlafen und dich dann total vergessen. Zum Glück hast du eine so liebe kleine Schwester.", sagte sie und zwinkerte ihm zu. Seine Mutter arbeitete stundenweise in einem kleinerem Cafe im Ort und musste ebenfalls bald los. "Na toll.", brummte Lars und schnappte sich seine Schultasche, die er unsaft in eine Ecke geworfen hatte. "Hier.", stoppte ihn seine Mutter bevor er aus der Tür ging und drückte ihm sein Pausenbrot und eine Flasche Apfelschorle in die Hand. "Danke.", gab er flüchtig von sich und verstaute die Sachen schnell in seinem Rucksack, bevor er sich endgültig auf den Weg machte.

Lars musste mit seinem Fahrrad zwar nicht länger als zehn Minuten fahren, kam jedoch trotzdem nur noch auf den Gongschlag und setzte sich hektisch auf seinen Platz neben Ole, der ihn lachend begrüßte. "Hey Lars, hast wohl verpennt was?", gab er spottend von sich. "Nerv mich nicht.", knurrte Lars und ließ seine Schultasche neben sich plumpsen. "Das sind wahre Freunde!", dachte Lars jedoch innerlich und musste kurz grinsen. "Ist ja schon gut.", besänftigte ihn Ole und gab ihm einen Klaps auf den Oberarm. "Ruhe bitte!", rief Frau Klimmbach, als sie das Klassenzimmer betrat und klaschte zweimal in die Hände. Langsam aber sicher verstummten alle Gespräche und Lars holte schnell seine Deutschhefte und -bücher hervor.


The kids at station 7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt